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Eltern und Verwandten halten Fotos der entführten Mädchen in Chibok, Nigeria Eltern und Verwandten halten Fotos der entführten Mädchen in Chibok, Nigeria  (AFP or licensors)

Nigeria: Die vergessenen Mädchen von Chibok

Die Entführung von 276 Schülerinnen in der Nacht zum 15. April 2014 machte den kleinen Ort Chibok im Nordosten Nigerias und die islamistische Terrorgruppe Boko Haram weltbekannt. 10 Jahre später sind immer noch fast 100 Opfer gefangen.

Am 4. April wurde in Lagos, Nigeria, ein Film mit dem Titel „Auch Statuen atmen“ gezeigt. Veranstaltet von der SAB Art Foundation und dem Chibok Parents Association dokumentiert der Film die Schaffung von Terrakotta-Skulpturen, die jede der 108 vermissten Mädchen repräsentieren.

Der Film und die Terrakotta-Skulpturen sind ein Versuch, sich an die nigerianischen Schülerinnen zu erinnern und ihnen zu ehren. Zehn Jahre nach ihrer Entführung durch islamistische Aufständische in Chibok werden ca. 100 immer noch vermisst.

Nachts in Schlafsäle eingedrungen

Die islamistische Terrorgruppe hatte in der Nacht zum 15. April 2014 im Bundesstaat Borno im Nordosten Nigerias anfangs 276 Schülerinnen verschleppt. Dass Bewaffnete nachts in die Schlafsäle der staatlichen weiterführenden Schule eindringen und ohne jegliche Gegenwehr eine Massenentführung durchführen konnten, hatte weltweit Entsetzen ausgelöst. Zugleich wurde die 2002 gegründete Bewegung Boko Haram („Westliche Bildung ist Sünde“), die anfangs gegen politische Eliten und für eine konservative Auslegung des Islams kämpfte, international bekannt.

Teil der Entführten freigelassen

In den ersten Jahren nach der Entführung gelang es der Regierung von Muhammadu Buhari mehrfach, dass ein Teil der Entführten freigelassen wurden. 2017 sollen 82 Chibok-Mädchen gegen fünf Boko-Haram-Mitglieder ausgetauscht worden sein.

Nigerias Norden ist muslimisch geprägt, und in zwölf Bundesstaaten gilt die Scharia. Dennoch gibt es Gegenden, in denen zahlreiche Christen wohnen. Auch die Mädchen von Chibok waren mehrheitlich Christinnen. In ihrer Gefangenschaft wurden sie gezwungen, zum Islam zu konvertieren und zwangsverheiratet. Ein Teil hatte bei der Befreiung Kinder.

Bewegung #BringBackOurGirls

Die Bewegung #BringBackOurGirls sorgte dafür, dass das Schicksal der Chibok-Mädchen weltweit so viel Aufmerksamkeit erhielt. Einen so lauten Protest der Zivilgesellschaft, dem sich Politiker wie Vertreter von Kirchen und Moscheen anschlossen, hatte Nigeria bis dahin noch nie erlebt.

Ihre Wut richtete sich allerdings längst nicht nur gegen den islamistischen Terror, sondern ebenso gegen Nigerias Regierung und ihre Sicherheitskräfte. Ihrer Einschätzung nach hatte diese die Gefahr, die von Boko Haram ausgeht, ignoriert. Tatsächlich befreite die nigerianische Armee ab 2015 tausende Menschen – die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Viele der Entführten waren in den Sambisa-Wald, den Rückzugsort der Gruppe, gebracht worden. Anderen gelang die Flucht allerdings auch eigenständig.

Weitere Schüler verschleppt

Zehn Jahre nach der Massenentführung von Chibok zieht Aktivistin Aisha Yesufu ein ernüchterndes Fazit. In ihrer Videobotschaft betont sie, dass es fast täglich zu Entführungen in Nigeria kommt. Erst Anfang März wurden im Bundesstaat Kaduna mehr als 280 Schüler der staatlichen Grundschule und der weiterführenden Schule verschleppt. Immerhin konnte knapp die Hälfte mittlerweile befreit werden.

Die mutmaßlichen Täter sind heute weniger islamistische Terroristen, sondern vielmehr bewaffnete Gruppierungen, die Lösegeld erpressen. Gleich, welches Motiv dahintersteckt: Das Leid der Familien sei enorm, so die Aktivistin. Doch noch etwas anderes hätten die Opfer gemeinsam: Sie sind arm, leben in schlecht geschützten Gegenden und würden von Verantwortlichen ignoriert. „Ihre Leben sind nichts wert,“ so Aisha Yesufu. Sie fragt: „Wann zählt endlich das Leben der Armen in Nigeria?“

(kna - fc)

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11. April 2024, 12:14