Kolumbien: Friedensabkommen brauchen ständige Begleitung
Das Abkommen von 2016 führte damals zwar zur Entwaffnung und Auflösung der ältesten lateinamerikanischen Guerilla, der FARC, und vor zwei Jahren wurde mit Gustavo Petro erstmals in Kolumbien ein ehemaliger Guerillero zum Staatspräsidenten gewählt.
Doch Frieden und Gerechtigkeit sind immer noch fern. Die erste Linksregierung Kolumbiens hat wenige Erfolge vorzuweisen, merken Beobachter an. Die Friedensverhandlungen mit der größten noch verbliebenen Guerilla ELN laufen schlecht. Der bewaffnete Konflikt in Kolumbien ist massiv vom Drogengeschäft überformt, aber an seinem Grund stehen tiefe soziale Ungerechtigkeiten. Deshalb hat auch ein Friedensabkommen nur begrenzten Wert, wenn nicht rundherum daran gearbeitet wird, dass es funktioniert, sagte uns Liliana Samudio, die stellvertretende Direktorin von Caritas Kolumbien.
„Die politischen Abkommen müssen in zwei Dimensionen begleitet werden. Eine Dimension ist, dass der Staat politisch garantieren muss, dass eine Sache vereinbart wird - und dann muss das Abkommen wirtschaftlich und sozial begleitet werden, in anderen Worten, es muss etwas investiert werden. Das muss sich umsetzen in klare Begleitpolitiken. Wirtschaftliche Entwicklung, staatliche Dienstleistungen. In diesem Bereich hat es aber nur wenig Investitionen gegeben, das heißt, die Programme waren zaghaft. Darüber hinaus ist Kolumbien ein ziemlich komplexes Gebiet mit großen Entfernungen. Das stellt auch Herausforderungen dar, und dabei sollte sich der Staat engagieren. Das ist einer der Gründe, warum diese Vereinbarungen nicht mit Nachdruck umgesetzt wurden.“
Der zweite Aspekt, warum Frieden und Gerechtigkeit noch so weit entfernt sind und die Abkommen nicht wirklich greifen, ist aus Samudios Sicht ein kultureller.
„Es ist ein Thema, dass wir verstehen müssen, was Frieden und Versöhnung überhaupt ist. Wir Kolumbianer müssen auch Bewusstseinsmaßnahmen ergreifen, dass Frieden nicht nur die Unterzeichnung einer politischen Vereinbarung ist, sondern auch ein sozialer Beitrag, ein kultureller Beitrag, bei dem wir als Individuen und als Gesellschaft Interaktionen und eine Realität schaffen müssen, die dieses Thema Frieden begünstigt.“
Kirche kann eigentlich allerhand bewirken
Gerade in diesem Bereich, sagt die Vizedirektorin der kolumbianischen Caritas, kann die Kirche, die im Land immer noch allgegenwärtig ist, vieles beitragen. „Sie kann Mechanismen schaffen, darüber nachzudenken und zu erkennen, was Frieden und Versöhnung ist, und symbolische Handlungen durchführen, aber auch Handlungen, die die soziale Freundschaft konkret werden lassen, die dann den Frieden begünstigen. Und schließlich kann die Kirche auch ein wenig der Regierung helfen, indem sie darauf hinzuweist, dass die Vereinbarungen eingehalten werden müssen. Das heißt, hier gibt es materielle und kulturelle Themen. Wir wollen Frieden, und Frieden wird auch mit Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit erreicht.“
Papst Franziskus hatte Kolumbien kurz nach dem Friedensabkommen mit den FARC-Rebellen 2017 besucht. Bei dem kurzen Treffen im Vatikan vergangenen Mittwoch, das Samudio als sehr geschwisterlich und herzlich bezeichnete, habe er die Kolumbien-Gruppe dazu ermutigt, ihre Aktionen im Zeichen des Friedens fortzusetzen.
(vatican news – gs)
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