Venezuela: Theologe sieht Übergang zu pluralerem Kirchenbild
Die Kirche entwickele sich derzeit von einem sehr zentralistischen Kirchenbild hin zu einer Kirche der Ortskirchen, sagte der Professor an der Katholischen Universität in Caracas in Venezuela im Interview des Portals katholisch.de. Der venezolanische Theologe ist Berater des Generalsekretariats der Weltsynode im Vatikan sowie des lateinamerikanischen Bischofsrats CELAM.
„Wenn der ekklesiologische Übergang vollendet ist, werden die Ortskirchen eine eigene Autorität haben“, so Luciani. „Wir kommen von einem universalistischen Verständnis der Kirche, das in den 80er- und 90er-Jahren während des Pontifikats von Johannes Paul II. verfestigt wurde.“ Benedikt XVI. habe dieses Kirchenbild fortgeführt. „Die Konsequenz war, dass das Verständnis der Kirche als Ortskirche gelitten hat. Der Papst und der Vatikan wurden hingegen zu stark gewichtet.“
Ungleichzeitigkeiten
Papst Franziskus habe die Theologie der Ortskirchen wieder hervorgeholt und vertiefe sie nun. Allerdings habe die Übergangsphase zur Folge, dass „die große Mehrheit der Ortskirchen nicht genau versteht, was das bedeutet“. Es gebe deshalb Ungleichzeitigkeiten mit Blick auf das Verständnis der Ämter, der Lehre, der Bedeutung der Bischofskonferenzen und der Ortskirchen.
Luciani verwies in diesem Zusammenhang auf bereits seit Jahrzehnten bestehende Unterschiede bei der Organisation innerhalb der Weltkirche. In Lateinamerika bestehe schon seit 1955 der Bischofsrat CELAM, in dem Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien eng zusammenarbeiteten. In Europa gebe es zwar mit der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft und dem Rat der europäischen Bischofskonferenzen ähnliche Institutionen, die aber nie ähnlich eng kooperiert hätten. „In Afrika oder im Nahen Osten ist das Konzept der kirchlichen Versammlung, in der die Stimme der Laien der Stimme der Bischöfe gleichberechtigt ist, unbekannt. Deshalb ist die Rezeption dieses Konzepts dort schwierig.“
„Synodaler Weg in Deutschland sehr wichtig“
Die anstehende Weltsynode sei deshalb wichtig, weil sie auf vielen Kontinenten die einzelnen Ortskirchen zum ersten Mal in einer wirklichen Gemeinschaft zusammengeführt habe, unterstrich Luciani. Den Reformprozess des Synodalen Wegs in Deutschland bezeichnete der Theologe als „sehr wichtig, besonders auch die Form, die gewählt wurde, um ihn umzusetzen“. Darin spiegelten sich die Erfahrungen, die die Kirche in Deutschland seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gemacht habe. „Aber nicht in allen Teilen der Welt versteht man Kirche so wie in Deutschland, da muss Erklärungsarbeit geleistet werden.“
(katholisch.de/kna – pr)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.