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Afghaninnen auf einer Straße in Kandahar, 03.09.2024 Afghaninnen auf einer Straße in Kandahar, 03.09.2024  (AFP or licensors)

Lage der Frauen in Afghanistan verschlechtert sich drastisch

Caritas international beobachtet die rechtliche Lage der Afghanninen kritisch und sieht wenig Hoffnung für eine Verbesserung der Situation. Dies liege insbesondere am neuen, von der Taliban veröffentlichten Tugendgesetz, das seit August den Alltag von Frauen stark einschränkt.

In kaum einem Land haben Frauen so wenig Rechte wie in Afghanistan. Die Caritas-Expertin Henrike Bittermann berichtet über neue Schikanen. Viele Frauen hätten die Hoffnung verloren. Die Unterdrückung von Frauen durch die Taliban wird nach Beobachtung von Caritas international immer drastischer - vor allem wegen eines neuen „Tugendgesetzes". 

„Wir dachten schon vorher, schlimmer kann es bei den Einschränkungen für Frauen nicht werden - aber es wurde schlimmer. Frauen müssen sich jetzt am ganzen Körper verschleiern. Frauen sollen in der Öffentlichkeit nicht mehr laut sprechen - manche Tugendwächter könnten das als vollständiges Sprechverbot auslegen", sagte die Caritas-Afghanistan-Referentin Henrike Bittermann am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Sie leitet derzeit das Caritas-Büro in Kabul.

Neues Gesetz seit Ende August

Das neue Gesetz wurde Ende August veröffentlicht. Bittermann sagte, Afghaninnen würden schikaniert und aus der Öffentlichkeit verdrängt. „Der Alltag von Frauen findet zu 95 bis 99 Prozent nur noch im eigenen Haus statt", sagte die Caritas-Referentin.  

Als Hilfsorganisation sei Caritas international der politischen Neutralität verpflichtet. Der Abbruch aller Kontakte mit den Taliban helfe aber kaum weiter, denn eine totale Abschottung von den Machthabern würde dem Land ebenfalls nicht weiterhelfen, so Bittermann.

Chancen für unterdrückte Frauen gesucht

Anzeichen, dass sich die Lage der Afghaninnen bald wieder verbessern könnte, sieht die Expertin nicht. Auch für das Aufkeimen einer Protestbewegung wie im Iran gebe es keine Hinweise. „Die Taliban sind zu stark. Und es gab hier noch nie eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen das Regime."

Die Caritas führe aber so lange wie möglich die eigenen humanitären, psychosozialen und medizinischen Projekte fort - auch mit afghanischen Mitarbeiterinnen. „Wir wollen die noch verbleibenden Chancen suchen, damit Frauen am Leben teilhaben können."

Afghanistan nicht vergessen

Caritas international ruft die Menschen in Deutschland auf, Afghanistan nicht zu vergessen. Es sei wichtig, sich zu informieren, etwa bei Vorträgen durch afghanische Exil-Aktivistinnen. „Sie organisieren auch in Deutschland Gespräche und haben manchmal noch persönliche Kontakte, wie sie Frauen in Afghanistan helfen können".

Regelungen des neuen Tugendgesetztes

Das islamistische Taliban-Regime hat zum dritten Jahrestag seiner Machtübernahme Ende August ein neues „Gesetz zur Förderung der Tugend und zur Verhinderung von Laster" erlassen. Es formuliert vor allem für Frauen drastische Einschränkungen. Die vom Justizministerium veröffentlichten Regeln beauftragen spezielle Tugendwächter mit der Kontrolle. Menschenrechtler beobachten bereits die Unterdrückung von Frauen, die aus der Öffentlichkeit verbannt werden.  

Laut den neuen Regeln müssen Frauen ihren gesamten Körper verhüllen. Ein unverhülltes Gesicht könne soziale Unruhe stiften und zu Sünden führen, heißt es zur Begründung. Männer müssen Kleidung tragen, die mindestens über die Knie reicht. Frauen dürfen laut Gesetz nicht mehr ihre Stimme in der Öffentlichkeit erheben. Männer und Frauen, die sich nicht gut kennen, dürfen sich nach den Taliban-Vorstellungen nicht anschauen.

Öffentliche Verkehrsmittel dürfen keine Frauen mitnehmen, wenn sie nicht von ihrem „Mahram" - einem eng verwandten männlichen Aufpasser oder ihrem Ehemann - begleitet werden. Transportunternehmen müssen ihre Fahrten für Gebetspausen unterbrechen. Als verdammungswürdiges Verhalten sind beispielsweise „Unzucht", lesbische Beziehungen oder Glücksspiel genannt. Die Taliban verbieten jede Form von Fotografie oder Videoaufnahmen von Menschen und Tieren.

Verboten wird das Tragen und Verteilen von christlichen Kreuzen oder Anhängern und weiterer „unislamischer" Symbole. Die Sittenwächter erhalten weitreichende Rechte. So dürfen sie bei Verstößen Personen Geldstrafen verhängen und bis zu drei Tage ins Gefängnis bringen. Beobachter schauen jetzt mit großer Sorge darauf, wie streng die neuen Regeln durchgesetzt werden.

(kna - mo)

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14. September 2024, 11:51