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Jacob Soo ist Exekutivdirektor der Erzdiözesankommission für die Migranten- und Wanderpastoral (ACMI) in Singapur Jacob Soo ist Exekutivdirektor der Erzdiözesankommission für die Migranten- und Wanderpastoral (ACMI) in Singapur 

Singapur: Die Bedeutung von Migranten in der Gesellschaft

Papst Franziskus hat im Kontext der Reise nach Singapur auf die Würde und Rechte von Migranten verwiesen. Jacob Soo, Exekutivdirektor der Erzdiözesankommission für die Migranten- und Wanderpastoral (ACMI) in Singapur, erläutert gegenüber Radio Vatikan die komplexe Migrationssituation in dem südostasiatischen Stadtstaat und beleuchtet die wichtigsten Herausforderungen sowie die Antworten der ACMI.

Claudia Torres und Anne Preckel – Singapur

Anlässlich des Besuchs von Papst Franziskus in Singapur drückte die Vorsitzende des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (JRS) im Land ihre Wertschätzung für die Sorge des Kirchenoberhauptes um Migranten und die „Not der Staatenlosen“ aus. „Viele in Singapur und anderswo betrachten Flüchtlinge als Persona non grata. Wir hoffen, dass der Besuch von Papst Franziskus in unserem Land das Bewusstsein für die Notlage der Staatenlosen schärfen wird“, sagte Caroline Seow, Vorsitzende des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (JRS) in Singapur.

Kardinal Goh, der erste Kardinal Singapurs, hob in seiner Grußadresse am Ende der Messe hervor, wie häufig Papst Franziskus „im Namen der Stimmlosen, der Flüchtlinge und der Opfer von Krieg und Migration gesprochen“ habe. „Wir werden daran erinnert, dass wir berufen sind, eine Kirche der Armen und eine Kirche für die Armen zu sein“, so der Kardinal.

Papstbesuch weckt Hoffnungen 

Jacob Soo, der geschäftsführende Direktor der Erzdiözesankommission für die Seelsorge an Migranten und Wanderarbeitern (ACMI) in Singapur, betont im Interview mit Radio Vatikan den vielfältigen Beitrag, den Migranten in Singapur leisten: „Migranten spielen eine wichtige Rolle in unserer Wirtschaft, indem sie Arbeitskräftelücken schließen, die Produktivität steigern und neue Fähigkeiten und Kenntnisse einbringen. Sie bereichern auch unsere Kulturlandschaft und fördern Vielfalt und Inklusion. Darüber hinaus sind Migranten der Schlüssel zu unseren Bemühungen um eine Umstrukturierung der Erwerbsbevölkerung, da sie uns dabei helfen, die Alterung der Bevölkerung und den technologischen Wandel zu bewältigen und einheimische Arbeitskräfte aufzustocken.“

Herausforderungen

Ausländische Arbeitnehmer sähen sich in Singapur oft mit Sprachbarrieren konfrontiert, wenn sie nicht fließend Englisch sprächen. Es gebe auch kulturelle Unterschiede und Herausforderungen beim Verständnis der lokalen Bräuche und Normen. Weiteres Hindernis sei die soziale Isolation, die es ihnen erschwere, Kontakte zu knüpfen und soziale Netze außerhalb ihres Arbeitsplatzes aufzubauen. „Durch die Entfernung von zu Hause, die Trennung von der Familie oder sogar von ihren eigenen lokalen Unterstützungsnetzen können die Arbeitnehmer von ihren Familien und Unterstützungsnetzen getrennt sein, was zu emotionalen und psychologischen Herausforderungen führt. Ein weiteres Haupthindernis ist das begrenzte Verständnis der lokalen Gesetze und Vorschriften. Manchmal sind sie mit unseren Gesetzen und Vorschriften nicht vertraut, was zu ungewollten Verstößen führen kann.“

Staatliche Maßnahmen

Eine Steuerung der Migration sei entscheidend für das Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum und sozialem Zusammenhalt, formuliert Soo. Die Regierung sei um Integration der Migranten bemüht, auch um eine Verbesserung des Wohnraums und der Infrastruktur, berichtet er. Nach Angaben des Arbeitsministeriums belaufe sich die Gesamtzahl der ausländischen Arbeitskräfte in Singapur im Dezember 2023 auf etwa 1,52 Millionen, das seien etwa 38 Prozent.

„Als offenes und global vernetztes Land ziehen wir ausländische Arbeitskräfte aus verschiedenen Regionen an, darunter Asien, Europa, Amerika und Afrika. Einige Beispiele für Länder, aus denen unsere ausländischen Arbeitskräfte kommen, sind Malaysia, Indonesien, China, Myanmar, die Philippinen, Bangladesch und Indien sowie das Vereinigte Königreich, Deutschland, Italien und Frankreich in Europa und die USA, Südamerika und Afrika. Sie arbeiten in verschiedenen Bereichen, vom Baugewerbe und der verarbeitenden Industrie bis hin zu Hausarbeit, Dienstleistungen, Schifffahrt und Offshore-Industrie, Gesundheitswesen und IT. Sie haben eine Reihe von Positionen inne, von angelernten Arbeitern bis hin zu Facharbeitern und qualifizierten Fachkräften.“

Die Regierung habe etwa Arbeitspässe und ähnliche Maßnahmen eingeführt, berichtet er weiter. Die Dauer des genehmigten Aufenthalts der Arbeiter hänge von den geschäftlichen Bedingungen und auch von persönlichen Vorlieben ab. In der Regel werde jeder Arbeitspass für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgestellt.

Haltung gegenüber Migranten

Die Haltung der Öffentlichkeit gegenüber Migranten in Singapur sei „nuanciert und kontextabhängig“ und spiegele Vorteile wie auch Herausforderungen der Migration wider, informiert der Fachmann weiter. „Die Öffentlichkeit hat in der Tat eine komplexe und vielschichtige Sicht auf Migranten. Zwar werden die wirtschaftlichen Vorteile und die kulturelle Vielfalt, die Migranten mit sich bringen, anerkannt, doch gibt es auch Bedenken hinsichtlich des Wettbewerbs um Arbeitsplätze, der Integration und des sozialen Zusammenhalts. Die Regierung hat diese Bedenken anerkannt und Maßnahmen ergriffen, um sie zu beseitigen.“

Eine Studie des ,Institute of Policy Studies‘ aus dem Jahr 2020 habe ergeben, dass die meisten Einwohner Singapurs eine strenge Begrenzung der ins Land kommenden Ausländer wünschten. Die Studie ergab auch, dass nur wenige Einwohner Einwanderer oder ausländische Arbeitskräfte als Nachbarn haben wollten. Etwa 70 Prozent der Einwohner wünschten sich strenge Beschränkungen für die Einreise von Ausländern.

Viele seien allerdings auch der Ansicht, dass Einwanderer die kulturelle Vielfalt förderten. „Interessanterweise haben jüngere und gebildetere Befragte eine positivere Einstellung zu Einwanderern und Ausländern. Eingebürgerte Bürger und Personen mit ständigem Wohnsitz hatten ebenfalls eine positivere Einstellung zu Einwanderern und Einwanderung. Die Einwohner Singapurs sind im Allgemeinen offen für Vielfalt und erkennen die Vorteile der Einwanderung an“, ergänzt der Migrationsexperte.

Hintergrund

ACMI kümmere sich in Singapur um Migranten, und zwar unabhängig von ihrer Nationalität, Ethnie, Sprache oder Herkunft. „Unser Ziel ist es, Botschafter des Guten Hirten zu sein und alle Migranten in Singapur willkommen zu heißen, zu schützen, zu integrieren und zu bereichern“, erläutert Jacob Soo weiter. Dazu gehörten psycho-emotionale und spirituelle Bildung, Fallmanagement, Beratung und Bildungspartnerschaften. Dabei arbeite man eng mit Kirchengemeinden und kommunalen Partnern zusammen.

 

Interview: Claudia Torres, Vatican News, Singapur

 

(Vatican news – pr)

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13. September 2024, 10:54