Italien: Missbrauch in jesuitischer Jugendbewegung
In einer Presseerklärung, die am 1. Oktober 2024 auf der Internetseite der italienischen Jesuiten veröffentlicht wurde, spricht Pater Renato Colizzi von „begründeten und plausiblen Berichten über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen durch Pater Sauro De Luca SJ (†2012) während Aktivitäten der MEG“. Die Opfer und Überlebenden sowie deren Familien bittet er um Verzeihung für das erfahrene Leid und versichert Hilfe für die Betroffenen. „Wir sind zutiefst berührt von dem Schmerz derjenigen, die missbraucht wurden, und obwohl wir uns bewusst sind, dass nichts ausreichen wird, um die Wunden vollständig zu heilen, sind wir bestrebt, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um diejenigen, die dies wünschen, aufzunehmen, ihnen zuzuhören und sie zu unterstützen.“
Aufklärung und „Phase des Zuhörens“
Die gesamte Bewegung ruft der MEG-Nationaldirektor zu Aufklärung und einer „,Reise der Wahrheit‘ über unsere Geschichte und Identität“ auf, „ohne die unser heutiger Bildungsauftrag an Bedeutung verlieren würde“. In einer „Phase des Zuhörens“ wolle man alle Menschen anhören, die etwas zu dem Thema zu sagen hätten und weitere mögliche Fälle herausfinden. Als Beauftragte für diesen Prozess nannte er die Expertin Grazia Villani, die in Zusammenarbeit mit der Meter-Vereinigung die Berichte Betroffener aufnehmen soll. Vallini habe langjährige Erfahrung bei der Begleitung von Betroffenen und sei von der Bewegung und dem Jesuitenorden unabhängige. In dieser ersten Phase werde „Vertraulichkeit“ gewährleistet, so Pater Colizzi, zugleich solle verstanden werden, wie man den Überlebenden am besten helfen könne. Der Nationaldirektor kündigte zudem einen internen Missbrauchsbericht an.
„Paradigmenwechsel“
Pater Sauro De Luca, der die Bewegung von 1967 bis 1998 leitete, sei für mehrere Generationen der Bewegung eine geistliche Bezugsperson gewesen, schreibt das Portal „Avvenire“ an diesem Dienstag in einem Bericht, der sich auf ein Interview mit dem MEG-Direktor Pater Colizzi stützt. Zwischen 2010 und März 2023 habe man Hinweise von fünf Frauen aus verschiedenen italienischen Städten erhalten, geht daraus hervor. Drei von ihnen hätten berichtet, im Rahmen privater Gespräche in den 1990 Jahren von De Luca missbraucht worden zu sein, als sie 14 bis 16 Jahre alt waren. In dem Bericht wird angedeutet, dass mit einigen Betroffenen damals „eine Form der Entschädigung vereinbart“ worden sei.
„Wir sind uns bewusst, dass der Orden nicht alles getan hat, was er tun sollte oder könnte“, zeigt sich der aktuelle Nationaldirektor Pater Renato Colizzi in dem Interview mit Avvenire betroffen. Lange Zeit habe man den Schutz der Institution an erste Stelle gesetzt. „Dieser Instinkt verleitet uns manchmal, auch unbewusst, zur Verharmlosung, zum Ignorieren, zur Selbstabschaffung. Es ist ein Instinkt, der uns lähmt und uns daran hindert, qualifizierte Humanressourcen, auch von Jesuiten, einzusetzen, um Prozesse der Transparenz, der Begleitung und der Prävention in Gang zu setzen.“ Er kündigte an, man strebe einen Paradigmenwechsel im Umgang mit dem Thema Missbrauch an; man wolle jetzt auf Betroffene zugehen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Es solle auch ein Ordenskapitel zum Thema geben.
Teil des päpstlichen Weltgebetsnetzes
Die Eucharistische Jugendbewegung („Movimento Eucaristico Giovanile“ - MEG) ist der italienische Jugendzweig des Weltgebetsnetzes des Papstes, das der Gesellschaft Jesu anvertraut ist. Die Bewegung bezieht Grundschulkinder ab der dritten Klasse und Jugendliche bis zum Ende der Universitätszeit ein. Das Anfang des 20. Jahrhundert in Frankreich auf Initiative von Jesuiten gegründete Netzwerk ist heute in 69 Ländern auf fünf Kontinenten vertreten. In der Europa-Mittelmeer-Provinz gibt es etwa fünfzig MEG-Gruppen in Pfarreien und Ordensinstituten. In Italien, Malta und Albanien sind etwa 2.500 Mitglieder im Alter von acht bis 24 Jahren involviert.
(pm/avvenire – pr)
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