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Ein Porträt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an einem Hausgerippe in Duma Ein Porträt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an einem Hausgerippe in Duma 

Syrien: Ein Regime auf Bewährung

Während der Krieg im Nahen Osten zwischen Israel und seinen Feinden immer weiter eskaliert, macht ein Land in der Region wenig von sich reden: das Syrien Baschar al-Assads. Obwohl das Land nach einem Jahrzehnt Krieg ausgeblutet ist, bleibt es ein wichtiges Glied der schiitischen Gemeinschaft in der Region, welche heute vielerorts Ziel von Israels Angriffen ist.

Olivier Bonnel und Christine Seuss – Vatikanstadt

So schmuggelt der Iran unter anderem Waffen für die libanesische Hisbollah durch das Land, und Baschar al-Assad verdankt seinen Machterhalt bekanntermaßen vor allem den Gruppierungen in der Region, die durch Teheran bewaffnet werden.

Doch der offene Krieg, der mittlerweile zwischen dem jüdischen Staat und der libanesischen Schiitenmiliz entbrannt ist, stellt heute eine große Gefahr für das syrische Regime dar. Diese Ansicht vertritt Fabrice Balanche, Professor an der Universität Lyon 2 und Autor zahlreicher Bücher über Syrien. Er analysiert die Zusammenstöße zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah und ihre möglichen Folgen für das syrische Regime, über das die iranische Militärhilfe für die libanesische Schiitenmiliz geleitet wird:

„Die Doktrin gegenüber dem syrischen Regime scheint sich in den letzten Jahren geändert zu haben. Während des Bürgerkriegs in Syrien stellten sich die Israelis die Frage, ob man den sprichwörtlichen Teufel,also das Assad-Regime, beibehalten könne oder ob man sich ins Ungewisse wagen sollte, die Opposition, die Islamisten und so weiter. Letztendlich zogen sie es vor, sich am Rande des Konflikts zu halten, weil sie sich sagten, dass man mit dem Teufel, den man kannte, doch einigermaßen leben könne“, so der Kenner der Region.

Das Gleichgewicht verschiebt sich

Allerdings sei den Israelis ab den frühen 2020er Jahren klargeworden, dass Syrien ein „iranisches Protektorat“ geworden sei, so dass Teheran freie Bahn hatte, um zerstörerische Waffen an die libanesische Hisbollah zu liefern:

„Die Raketen, über die die libanesische Hisbollah verfügt, kamen nicht per Flugzeug oder Schiff. Sie kamen auf dem Landweg aus dem Iran durch Syrien. Und da haben die Israelis natürlich angefangen, sich Sorgen zu machen, und die ,Falken‘ haben sich gesagt, dass letztlich ein Sturz des Assad-Regimes, seine Ersetzung durch eine sunnitische Opposition, die mit Saudi-Arabien und der Türkei auf einer Linie liegt und diese geopolitische Achse zwischen Teheran und Beirut durchtrennen würde, Israel sicherer machen würde.“

Letztlich hatte die bedeutende Präsenz der Hisbollah in Syrien überhaupt erst dafür gesorgt, dass Assad an der Macht bleiben konnte. Seit 2012 hatte die Miliz auf Geheiß des iranischen Regimes in Syrien interveniert, um das dortige Regime zu erhalten – allerdings auch in eigenem Interesse, bemerkt der Experte: „Denn die Hisbollah wusste, dass sie selbst das nächste Ziel sein würde, wenn das syrische Regime fällt. Also hielt die Hisbollah ständig 10.000 Mann in Syrien, die alle sechs Monate rotierten und ausgetauscht wurden, wenn es Verluste oder Verwundete gab, und sie nahm an den Hauptoffensiven auf Seiten der Regierung teil. Es war beispielsweise das Eingreifen der Hisbollah, das 2016 verhinderte, dass die Regierungsenklave in die Hände des IS fiel.“

Wichtige Stütze für das Regime

„Hisbollah gewährleistet die Sicherheit von Damaskus, gewährleistet die Sicherheit der großen Verkehrswege“, bringt es Fabrice Balanche auf den Punkt. „Und auch heute noch ist die Hisbollah in Syrien, beteiligt sich an der Aufrechterhaltung der Ordnung, an der Bewahrung des syrischen Regimes, zusammen mit Zehntausenden anderer schiitischer Milizionäre aus dem Irak, aus Pakistan, aus Afghanistan. Sie kontrollieren die libanesische Grenze, sind an der Drogenproduktion beteiligt – so wurde Syrien zu einem der führenden Produktionsländer der Welt von Captagon. Der Umsatz dieser synthetischen Droge, die insbesondere in die Golfstaaten exportiert wird, wird auf 10 Milliarden US-Dollar geschätzt.“

Für Assad geht es ums Überleben

Für Baschar al-Assad und sein Regime gehe es nun, in dieser neuen geopolitischen Gemengelage, schlicht ums Überleben, meint abschließend der Experte: „Um zu überleben, braucht er den Iran, der ihm etwa 50.000 schiitische Milizionäre zur Verfügung stellt, die den Verlust seiner Prätorianergarde ausgleichen. Er braucht auch die wirtschaftliche Hilfe des Iran, der Syrien am Laufen hält, der das Land mit Öl und mit den Lebensmitteln versorgt, die er braucht.“

Dies bedeute aber auch, dass Assad dem Iran kaum etwas abschlagen könne, benennt der Professor die Kehrseite der Medaille: „Nun nutzt der Iran sein Territorium und die syrischen Militärbasen, um die Hisbollah mit Nachschub zu versorgen oder sogar, um Israel anzugreifen, um seinen Kampf gegen Israel zu koordinieren. Andererseits, wenn Israel Syrien bombardiert, um diese Waffentransfers zu verhindern, wird sein Regime völlig am Boden liegen, ohne jegliche Verteidigung. Und es könnte sowohl einer internen Revolte als auch diesem Konflikt zwischen Israel und dem Iran zum Opfer fallen.“

(vatican news)

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22. Oktober 2024, 14:39