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Šimo Maršić Šimo Maršić 

Bosniens katholische Kirche als Vorreiter im Kinderschutz

Der Priester Šimo Maršić, Professor für Pastoraltheologie an der Universität Sarajevo, berichtet von seinen Eindrücken auf der aktuellen Safeguarding-Konferenz im Vatikan. Er schildert die besonderen Herausforderungen und Fortschritte beim Kinderschutz in Bosnien-Herzegowina, wo die katholische Kirche als Pionier für Prävention und Aufklärung wahrgenommen wird.

Mario Galgano und Anne Preckel - Vatikanstadt

Šimo Maršić, Professor für Pastoraltheologie an der Katholischen Theologischen Fakultät der Universität Sarajevo und Leiter des Jugendzentrums Johannes Paul II. in Sarajevo, nahm diese Woche an der Safeguarding-Konferenz im Vatikan teil. Die Veranstaltung, organisiert von der Kinderschutzkommission des Heiligen Stuhls, brachte Experten und Vertreter der katholischen Kirche aus aller Welt zusammen, um über Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen vor Missbrauch zu beraten. „Man kann hier ganz viel lernen, weil wir aus verschiedenen Ländern in Europa kommen und ganz unterschiedliche Geschichten und Ansätze kennenlernen“, betont Maršić gegenüber Radio Vatikan. Die Konferenz, so der Professor, bot eine Plattform zum Austausch über die besonderen Herausforderungen, mit denen die katholische Kirche in verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten konfrontiert sei.

Hier hören Sie das Interview mit Šimo Maršić

Besondere Bedingungen

Maršić erklärt, dass der Schutz von Kindern und Jugendlichen in Bosnien-Herzegowina unter besonderen Bedingungen stattfinde. „In unserem Land ist es wichtig, das Bewusstsein für diese Problematik in den Medien und der Gesellschaft zu schärfen“, sagt er. Bosnien-Herzegowina, ein Land, in dem rund die Hälfte der Bevölkerung muslimisch ist, sei in Bezug auf Missbrauchsaufklärung und Kinderschutz noch am Anfang. Laut Maršić wird in der muslimischen Gemeinschaft nur selten über solche Themen gesprochen, weshalb die katholische Kirche hierbei oft eine führende Rolle übernehme. So fanden die Seminare und Workshops im Jugendzentrum Johannes Paul II. nicht nur bei Katholiken, sondern auch bei Muslimen und Orthodoxen großen Anklang.

„Wir haben gemerkt, dass es in unserer Gesellschaft nicht viele Angebote in diesem Bereich gibt.“

„Wir haben gemerkt, dass es in unserer Gesellschaft nicht viele Angebote in diesem Bereich gibt“, erklärt Maršić. Sozialarbeiter, Pädagogen, Psychologen und Polizisten aus verschiedenen sozialen Bereichen würden die Veranstaltungen des Jugendzentrums besuchen, um sich über Prävention und Kinderschutz zu informieren. „Die katholische Kirche leistet hier einen Beitrag, um das Thema in die Medien zu bringen und die Gesellschaft zu sensibilisieren“, so Maršić. Für ihn ist es ermutigend, dass das Zentrum Johannes Paul II. als Ort bekannt ist, an dem Missbrauchsprävention professionell und offen behandelt wird.

P. Šimo Maršić
P. Šimo Maršić

Schulung von Jugendarbeitern

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Schulung von Personen, die in der Jugendarbeit tätig sind, wie Religionslehrern, Seminaristen und jüngeren Priestern. „Das Thema ist in der katholischen Kirche präsent“, betont Maršić, „und unsere Seminare und Workshops stoßen auf Interesse, auch außerhalb der Kirche.“

Die Safeguarding-Konferenz im Vatikan bestätigte Maršićs Eindruck, dass die katholische Kirche in Bosnien-Herzegowina auf einem guten Weg sei, aber auch noch Nachholbedarf habe. Die größte Herausforderung sieht er darin, das Bewusstsein für Missbrauchsproblematiken weiter zu stärken, insbesondere unter den katholischen Gläubigen. Er wünscht sich, dass Betroffene und deren Angehörige „mehr Freiheit und Vertrauen haben, Vorfälle zu melden und Unterstützung zu suchen“.

Die Rolle und das Anliegen des Papstes

Der Papst selbst hat die katholische Kirche dazu ermutigt, flächendeckend Meldestellen für Missbrauchsopfer einzurichten. „Ja, es ist in den Medien veröffentlicht, und die Ansprechpersonen in den Diözesen sind bekannt“, bestätigt Maršić. Die Aufgabe bestehe nun darin, das Vertrauen der Gläubigen zu gewinnen, dass gemeldete Fälle auch tatsächlich weiterverfolgt und angemessen behandelt werden.

In Bosnien-Herzegowina steht die katholische Kirche mit ihren Präventionsmaßnahmen im Spannungsfeld zwischen der muslimischen Mehrheitsgesellschaft und den Erfahrungen der kommunistischen Vergangenheit. Während der kommunistischen Ära sei die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen der katholischen Kirche weitgehend untersagt worden; nur die Kommunistische Partei durfte Jugendzentren betreiben. Erst in der jüngeren Vergangenheit konnte die Kirche in Bosnien-Herzegowina mit der Jugendarbeit beginnen und baut nun Strukturen für den Kinderschutz auf, die westlichen Standards entsprechen.

Wie Maršić hervorhebt, habe die Safeguarding-Konferenz im Vatikan für ihn deutlich gemacht, dass die katholische Kirche in der Kinderschutzarbeit nicht allein auf sich gestellt sei, sondern auf eine globale Gemeinschaft zurückgreifen könne, die sich gegenseitig inspiriere und stärke. So zeige sich Bosnien-Herzegowina als ein Beispiel, wie Kinderschutz in einem komplexen und religiös vielfältigen Kontext verwirklicht werden könne – ein Zeichen der Hoffnung und ein Schritt in eine sichere Zukunft für die Jugend, so Maršić.

(vatican news)

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15. November 2024, 12:12