Suche

Öffnet bald wieder: Notre-Dame von Paris Öffnet bald wieder: Notre-Dame von Paris  (AFP or licensors)

Frankreich: Eintritt zahlen in Notre-Dame?

Vor fünf Jahren wurde die Kathedrale Notre-Dame im Herzen von Paris bei einem Großbrand schwer beschädigt – am 8. Dezember wird sie wiedereröffnet. Sollten die Besucher künftig Eintritt zahlen?

Der Vorschlag von Kulturministerin Rachida Dati hat eine heikle Debatte wieder aufleben lassen. Die Reaktionen sind heftig – finanzielle, rechtliche wie spirituelle Gründe werden ins Feld geführt, pro und contra. Dati will von jedem Besucher fünf Euro verlangen und damit jährlich 75 Millionen Euro für die Instandhaltung der französischen Kirchen generieren.

Auf Seiten der katholischen Kirche ist der Widerstand deutlich. Alain Planet, emeritierter Bischof und Spezialist für religiöses Erbe, erinnert im Radiosender RCF daran, dass diese Maßnahme frontal gegen das Gesetz von 1905 über die Trennung von Kirche und Staat verstoßen würde. Dieses garantiert die kostenlose Nutzung von Kultstätten und ihren öffentlichen Charakter.

Der Petersdom ist kostenlos

Hier zum Nachhören

„Es würde genügen, wenn eine Person zum Verwaltungsgericht gehen würde, und sie würde gewinnen“, erklärt er. Normalerweise sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Frankreich mit dem Laicité-Gesetz von 1905 nicht so zufrieden; doch diesmal bietet es ihnen ein Argument.

In anderen europäischen Ländern, vor allem in Italien oder Spanien, ist der Eintritt in Kathedralen bereits kostenpflichtig. Zahlen müssen Besucher häufig für touristische Bereiche, die von den religiösen Räumen getrennt sind. Der römische Petersdom allerdings ist weiterhin gratis, ganz gleich ob man ihn als Pilger oder als Tourist aufsucht.

Keine leichte Aufgabe

Bertrand de Feydeau ist Vizepräsident der „Fondation du Patrimoine“, einer Stiftung zur Bewahrung des französischen Kulturerbes. Er fordert dazu auf, über innovative Lösungen nachzudenken: „Wir haben unseren gesetzlichen Rahmen und namentlich das Gesetz von 1905. Es gibt wahrscheinlich lukrativere Alternativen, die besser an unsere Geschichte angepasst sind“. Darüber müsse jetzt verstärkt debattiert werden.

Einige besonnene Stimmen schlagen eine Unterscheidung zwischen kostenlosem Zugang zur Kultstätte und einem Ticketverkauf für Kultur- oder Tourismusteile vor. Andere plädieren wiederum für Mäzenatentum oder öffentlich-private Partnerschaften, um die Instandhaltung zu finanzieren. Jede Lösung muss jedoch den Geist des Gesetzes von 1905 wahren und gleichzeitig die wirtschaftlichen Herausforderungen berücksichtigen – keine leichte Aufgabe.

„Schon ein wenig ironisch“

Aymeric Christensen ist Redaktionsleiter der katholischen Wochenzeitschrift „La Vie“. Er sagt im Sender RCF: „Die Kathedrale ist noch nicht einmal wieder geöffnet, da will der Staat schon die Kollekte übernehmen! Aber es ist schon ein wenig ironisch, dass es jetzt ausgerechnet die Kirche ist, die daran erinnert, dass eine solche Gebühr in einer Kultstätte einer Blasphemie des Gesetzes von 1905 gleichkäme. Das Problem ist, dass selbst mit den besten Absichten eine Spirale entsteht, die man unbedingt vermeiden sollte.“

Wer könne denn garantieren, dass man die Regelung nicht schon bald auf andere Kathedralen ausdehnen werde, etwa in Reims oder Amiens? Oder in der Folge auch auf Dorfkirchen? Christensen traut auch der Beteuerung der Kulturministerin nicht, dass der Zugang für die Gläubigen, die zur Messe gehen, kostenlos bleiben würde.

Kultur und Kult voneinander trennen?

„Das wäre ja noch schöner! Nur gibt es auch hier eine gefährliche Verschiebung hin zu der Vorstellung, dass der Ausdruck des Glaubens auf die Liturgie beschränkt wäre. Und außerdem: Ist es wirklich so einfach, den Pilger mit Sicherheit vom Touristen zu unterscheiden? Den schüchternen Passanten, der hinter einer Gruppe von Urlaubern nach Gott sucht? Wer wird die Herzen erforschen? Mit welchen Kriterien will man den kulturellen Appetit vom spirituellen Durst trennen? Wie sieht es in der Praxis aus? Freier Eintritt, wenn Sie ein Vaterunser beten können? Halber Preis bei Vorlage eines Taufscheins?“

Der Journalist spricht von einer „Falle“: Sie bestehe darin, das Kulturelle vom Kultischen zu trennen. „Es stimmt schon: Der freie Zugang zu Kirchen hat etwas Unbequemes an sich, für den Staat und manchmal auch für die Gläubigen. Aber diese aus dem französischen Laizismus entstandene Bizarrerie hat auch eine prophetische Dimension in einer Zeit, in der alles gezählt und mit einem Preisschild versehen wird. Eine Kathedrale ist zwar ein Werk des Glaubens, das zur Ehre Gottes errichtet wurde, aber ihre Schönheit ist ein Geschenk, das allen gehört.“

Widerstand leisten

Sollte die Kirche diesen Kampf verlieren, rät Christensen ihn zu „spirituellem Widerstand“: „Indem sie ununterbrochen Messen und Gebetszeiten in Notre-Dame organisiert! Dies wäre sogar eine Gelegenheit, das Eigenleben eines solchen Ortes zu bezeugen und, mehr noch, die ewige Unentgeltlichkeit der Gnade zu bekräftigen.“

Eine Art kirchlicher Filibuster? Der Vorschlag zeigt, dass sich im Moment, in dem die Tore der gotischen Kathedrale von Paris aufspringen, auch viele weitere Fragen stellen werden.

(vatican news/rcf – sk)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

27. November 2024, 10:34