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Kinder in einer Schule in Port-au-Prince, die Vertriebene aufnimmt, die vor der Bandengewalt geflohen sind (Agenturbild; 22.4.2024) Kinder in einer Schule in Port-au-Prince, die Vertriebene aufnimmt, die vor der Bandengewalt geflohen sind (Agenturbild; 22.4.2024)  (AFP or licensors)

Haiti: Unicef prangert Lage von Kindern an - Hungern und kämpfen

In Haiti sind laut Unicef aufgrund der Staatskrise und Armut mindestens 58.000 Kinder von Hunger bedroht. Zudem hätten zwischen 30 und 50 Prozent der bewaffneten Gruppen Kinder in ihren Reihen.

„Die Lage in Haiti ist katastrophal und wird von Tag zu Tag schlimmer", warnte Unicef-Chefin Catherine Russell laut einer Pressemitteilung vom Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat.

2,7 Millionen Menschen, darunter 1,6 Millionen Frauen und Kinder, lebten in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, berichtete die Vertreterin des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen weiter. Seit Jahresbeginn wurden in Haiti laut Russel mehr als 2.500 Menschen getötet, verletzt oder entführt, und es kam zu mehr als 400 schweren Verletzungen der Rechte von Kindern. Mehr als 180.000 Kinder seien Binnenvertriebene im Land, und drei Millionen Kinder - zwei von drei Kindern im ganzen Land - seien auf humanitäre Hilfe angewiesen. Diese komme jedoch nur schleppend an: „In vielen Gebieten ist die Grundversorgung zusammengebrochen, und die Menschen haben keinen Zugang mehr zu Lebensmitteln und Trinkwasser. In einigen Gemeinden ist das Leben gefährlicher als je zuvor."

„In einigen Gemeinden ist das Leben gefährlicher als je zuvor“

Hilfsgüter kommen schwer durch

Der Zugang zum Hafen von Port-au-Prince wurde für Unicef durch bewaffnete Gruppen abgeschnitten, so dass fast 300 Container mit lebensrettenden humanitären Hilfsgütern festsaßen. Darunter befanden sich 17 Unicef-Container mit Nahrungsergänzungsmitteln sowie mit Hilfsgütern für Neugeborene, Mütter und Medikamente, berichtete die Unicef-Chefin. Die Hauptsatdt Port-au-Prince sei aufgrund der Luft-, See- und Landblockaden nun fast vollständig isoliert.

„Jeden Tag werden Kinder verletzt oder getötet. Einige werden rekrutiert oder schließen sich aus purer Verzweiflung bewaffneten Gruppen an. Jüngste Unicef-Daten zeigen, dass zwischen 30 und 50 Prozent der bewaffneten Gruppen in Haiti derzeit Kinder in ihren Reihen haben."

Sexuelle Gewalt

„Jeden Tag werden Kinder verletzt oder getötet. Einige werden rekrutiert oder schließen sich aus purer Verzweiflung bewaffneten Gruppen an“

Frauen und Mädchen seien zudem nach wie vor extremer sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Im vergangenen Jahr wurden laut Unicef tausende Fälle sexueller Gewalt gemeldet, von denen viele an Kindern verübt wurden. Die Dunkelziffer sei wahrscheinlich noch viel höher.

Hungersnot, Cholera, Finanzierungslücke

Aufgrund der unsicheren Lage in Port-au-Prince sei es praktisch unmöglich, mindestens 58.000 Kinder, die im Großraum an schwerer akuter Unterernährung leiden, mit Gesundheits- und Nahrungsmitteln zu versorgen. Der einzige humanitäre Korridor von Port-au-Prince in die südlichen Regionen sei nach wie vor blockiert, so dass rund 15.000 unterernährte Kinder vom Tod bedroht seien. Erschwerend komme hinzu, dass die Cholera wieder ausgebrochen sei und mit mehr als 80.000 Fällen die Krise im Land weiter verschärfe.

Unicef sei entschlossen, vor Ort zu bleiben, um den wachsenden humanitären Bedarf zu decken. „Aber wir brauchen mehr Unterstützung. Der Plan für den humanitären Bedarf und die humanitäre Hilfe 2024, für den 674 Millionen Dollar benötigt werden, um 3,6 Millionen Menschen zu erreichen, ist nur zu acht Prozent finanziert", erklärte Unicef-Chefin Catherine Russell vor dem UN-Sicherheitsrat.

Hintergrund

Vor allem in der Hauptstadt verschlimmert sich die Lage: Rund 90 Prozent von Port-au-Prince werden nach Angaben von Menschenrechtsgruppen von Banden kontrolliert, mehr als 360.000 Menschen sind auf der Flucht. Haiti gilt schon lange als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren zudem von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert. Nach dem Mord an Staatspräsident Jovenel Moïse 2021 bauten illegale bewaffnete Banden im Land ihre Macht aus und terrorisieren die Bevölkerung. Zurzeit herrschen Chaos und Anarchie. Interimspräsident Ariel Henry trat jüngst zurück; nun soll ein Übergangsrat eine neue Interimsregierung und Neuwahlen voranbringen. 

(pm/diverse - sst)

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24. April 2024, 10:44