Papstreise nach Myanmar: Eine kleine, starke Kirche
Anne Preckel - Città del Vaticano
In wenigen Stunden bricht Papst Franziskus zu seiner nächsten Asienreise auf: Von Rom aus fliegt er am Sonntagabend zunächst nach Myanmar, von dort aus geht‘s Mitte der Woche weiter ins Nachbarland Bangladesch. Im Mittelpunkt des knapp einwöchigen Staats- und Pastoralbesuches stehen Treffen mit den Staatsspitzen der beiden Länder, Gottesdienste mit der christlichen Minderheit und interreligiöse Begegnungen. Die kleinen Ortskirchen der Zielländer der 21. Auslandsreise des Papstes werden von Purpurträgern geleitet: Charles Maung Bo und Patrick D'Rozario.
Der erste Papstbesuch in Myanmar
„Das ist der erste Papstbesuch in Myanmar und wir sind darüber sehr stolz. Dass der Papst inmitten der Krise unseres Landes Myanmar als Reiseziel wählte, macht uns sehr froh“, sagt Schwester Rebecca Kay; Koordinatorin des Hilfsnetzwerkes für Opfer des Menschenhandels „Talitha Kum“ in Myanmar, die zur katholischen Minderheit des Landes gehört. Diese macht nur etwas mehr als ein Prozent der Bevölkerung aus.
Krisen gibt es in Myanmar gleich mehrere: die Wunden aus der Zeit der Militärdiktatur und die daraus bis heute nachwirkenden sozialen Spannungen, unterschiedliche Interessen und Pläne der Mächtigen für das wirtschaftlich aufstrebende Land. Schwester Rebecca sieht das Bemühen um Frieden und Versöhnung als wichtigste Aufgabe: „Wir haben so lange gelitten, vor allem die Angehörigen der verschiedenen Stämme, die in der Minderheit sind, sie brauchen mehr Anerkennung. Die Sicherung des Friedens wird uns auch Versöhnug untereinander bringen, der Papstbesuch wird die meisten unserer Volksgruppen vereinen", zeigt sie sich überzeugt.
International sorgte zuletzt vor allem das Drama rund um die muslimischen Rohingya in Myanmar für Aufmerksamkeit. Doch auch die Lage anderer religiös-ethnischer Minderheiten in Myanmar ist prekär: So wurden in den letzten Jahren auch Hindus und Christen zur Zielscheibe von Extremisten, weniger systematisch, aber doch wiederholt. Im Einsatz für eine Verständigung der ethnischen Gruppen und die nationale Versöhnung ziehen Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und die katholische Kirche an einem Strang; allerdings muss sich Myanmars Außenministerin gegen Machtinteressen des immer noch einflussreichen Militärs durchsetzen.
Eine kleine, glaubensstarke Kirche
Ethnisch gesehen sind Myanmars Katholiken eine Besonderheit: sie sind auf mehrere ethnische Gruppen verteilt. Klein, aber stark: aus ihrer Minderheitensituation mache die Kirche Myanmars bis heute eine Tugend, betont Schwester Rebecca im Gespräch mit Radio Vatikan: „Unsere christliche Gemeinschaft ist klein und wir sind eine Minderheit. Die meisten Angehörigen der verschiedenen Stämme sind heute katholisch. Sie sind arm, für sie ist alles unsicher und sie waren lange isoliert, doch ihr Glaube ist sehr stark.“
Zur Zeit der Militärdiktatur wurden ab 1965 kirchliche Schulen und Spitäler enteignet und ausländische Missionare vertrieben. In dieser schweren Zeit waren es die Ureinwohner, die die geschwächte Kirche vor Ort am Leben erhielten. Gerade unter den ethnischen Minderheiten nahm die Anzahl der Gläubigen in diesen Jahren zu, aller Diskriminierung und Unterdrückung zum Trotz.
Kirche will Dialog und Versöhnung
Nach Jahrzehnten der Militärdiktatur befindet sich Myanmars Kirche heute im Aufbruch. Seit im Jahr 2010/11 politische Reformen durchgeführt wurden, ist soziales Engagement der Kirche offiziell gestattet, ebenso die Ausbildung von Priestern. Engagiert sind die Christen heute vor allem im Gesundheits- und Bildungswesen, sie arbeiten in Schulen für Kinder und Jugendliche oder bilden Lehrer aus. Schwester Rebecca selbst unterstützt in Myanmar Mädchen und Frauen, die Opfer sexueller Ausbeutung, von Sklaverei und Menschenhandel wurden.
In der kleinen christlichen Gemeinschaft herrsche aufgrund der Papstbesuches große Aufregung, berichtet die Ordensfrau weiter. Viele Menschen aus allen Landesteilen brächen zum Gottesdienst am Mittwochmorgen in Rangun auf und nähmen dafür eine beschwerliche Reise in Kauf:
„Gläubige aller Diözesen bereiten sich vor, um den Papst in Rangun zu sehen. Sie sind sehr aufgeregt, und einige dieser Pilger reisen wirklich sehr lange, um Franziskus zu treffen. Sie machen sich dabei auf den Weg in eine unbekannte Stadt, wo sie noch nie waren. Unsere Priester, Bischöfe und Ordensleute helfen den Menschen bei ihren Vorbereitungen und der Registrierung, die sie aufgrund der Sicherheitsvorkehrungen machen müssen.“
Insgesamt gibt es in Myanmar 16 Diözesen, darunter drei Erzdiözesen Rangun, Mandaly und Taunggyi, mit an die 400 Pfarren. In der Seelsorge wirken knapp 1.000 Priester, mehr als 2.000 großteils weibliche Ordensleute sowie mehrere tausend Katecheten und Laienmissionare. Ihr Einsatz versteht sich als Dienst an allen Myanmaren und steht im Zeichen von Dialog und Verständigung jenseits von Religion und Ethnie – jenes Anliegens, mit dem Papst Franziskus am Montag nach Myanmar kommt.
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