D: Kongress zu Frauen in Kirchenämtern
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
An dem ökumenischen Kongress „Frauen in kirchlichen Ämtern“ nahm auch der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode teil, der zugleich Vorsitzender der Frauen-Unterkommission der deutschen Bischofskonferenz ist. Bode will die Frage des Zugangs von Frauen zu kirchlichen Ämtern und Diensten in Form einer Arbeitsgruppe in die Bischofskonferenz hineintragen, wie er bei dem Kongress erklärte. Auch die römische Glaubenskongregation könne sich durchaus damit befassen, ergänzte der Bischof im Gespräch mit Radio Vatikan.
In der katholischen Kirche in Deutschland ist insbesondere der Frauendiakonat ein Thema; Papst Franziskus hatte dazu eine Studienkommission eingerichtet, die die historischen Gegebenheiten des Frauendiakonats in der frühen Kirche ausleuchten soll. In die gesamte Frage der Ämtertheologie ist Bewegung gekommen, erklärt denn auch die Osnabrücker Dogmatikerin Margit Eckholt, die den internationalen Kongress zusammen mit drei weiteren Theologie-Professorinnen ausrichtete. Ein Teil der Tagung war der theologischen Erörterung der Frage eines Zugangs von Frauen zu Ämtern und Diensten gewidmet, ein anderer galt der pastoralen Praxis.
„Unser Anliegen war, einen weiten Horizont aufzuspannen“, sagte Eckholt. „Es gibt sehr viel Möglichkeiten in der pastoralen Praxis, wie wir an der best practice in der Diözese Osnabrück sehen, die Teilhabe von Frauen auch an Leitungsfunktionen als Laien vorsieht: als Pastoralreferentin, als Gemeindereferentin, in der Leitung einer Pfarrei. In vielen Positionen haben wir Frauen, die Dienste und Ämter übernommen haben – nichtsakramentale Ämter. Das ist sicher etwas, was das Bewusstsein verändern wird.“ Diese manifeste Präsenz von Frauen habe zumindest in Deutschland die zuvor eher statische Frage der Ämtertheologie aufgelockert, so Eckholt. „Auch die Dokumente der Bischöfe: da ist eine Dynamik hineingekommen in der Debatte nach Ämtern und Diensten auch für Frauen.“
Als komplex erweist sich die Frage nach dem Zugang von Frauen zu Weiheämter. Der Diakonat ist in der katholischen Kirche die erste von drei Stufen des Weiheamtes, das neben dem Diakon den Priester und den Bischof umfasst. Den Zugang von Frauen zur Priesterweihe hatten die Päpste Paul VI. und Johannes Paul II. verneint, und Franziskus bestätigte, dass „diese Tür geschlossen“ sei. Inwiefern dies auch für den Diakonat gilt, ließ der amtierende Papst offen, doch formulierte er mehrmals sein Unbehagen über eine „Klerikalisierung von Laien“, ohne freilich viel mehr darüber zu sagen.
Anliegen des Kongresses war es deshalb letztlich auch, dem Lehramt in diesem Punkt eine Hilfestellung zu bieten. Margit Eckholt und ihre Mitstreiterinnen befürworten den Frauendiakonat aus dem „entscheidenden Verkündigungsdienst“ der Kirche heraus, einer Kirche, die „in Not“ sei und zum Wohl der ihr anvertrauten Menschen die Zeichen der Zeit interpretieren müsse. „Die Kirche begründet sich in dieser Sendung von Jesus Christus. Die Apostel und Apostelinnen, Maria Magdalena und andere Frauen, sind von Christus gesandt worden, in diesem Dienst steht und gründet sich Kirche. Es geht darum, diese Sendungsdimension, diese missionarische Dimension und Funktion von Kirche heute einzuspielen und da die Zeichen der Zeit entsprechend zu interpretieren.“
Es gehe also darum, den Diakonat „als ein eigenständiges Amt innerhalb des einen sakramentalen Ordo“ zu entwickeln. Offen sei einstweilen „die Frage, wie dieser Diakonat aussehen kann: ist das ein Dienst in der Gemeinde, eine Beauftragung, ist es ein geweihtes Amt; wir haben hier gesehen, es steht eben die Debatte über die Ämtertheologie im Ganzen an.“
Ein Argument, das die in den Dokumenten verarbeitete Theologie heute gegen den Zugang von Frauen zu Weiheämtern ins Feld führt, ist, dass Jesus unzweifelhaft ein Mann war und deshalb nur Männer ins sakramentale Amt berufen seien. Aus heutiger Sicht mutet dieses Argument überholt an, wie die Kölner Religionsphilosophin Saskia Wendel festhält.
„Die erste Voraussetzung des Arguments ,Jesus war ein Mann, darum Punkt Punkt Punkt´ ist, dass jedem Menschen ein Wesen eingeschrieben ist, eine bestimmte Natur, die ihn oder sie definiert, und dass zu diesem Wesen auch die geschlechtliche Natur gehört, also männlich-weiblich, und dass in Jesus Gott nicht nur Mensch, sondern Mann geworden sei aufgrund der Annahme einer Menschennatur und damit auch der geschlechtlichen Natur. Das kann man hinterfragen, weil diese ganze Definition eines menschlichen Wesens heute philosophisch und theologisch in der Anthropologie alles andere als selbstverständlich ist. Es gibt alternative anthropologische Konzepte, die eben gerade nicht mehr sagen, dass der Mensch durch eine ewige, unveränderliche Substanz bestimmt ist, die ihn oder sie ausmacht. Das gilt dann natürlich auch für den Menschen Jesus aus Nazareth. Insofern kurz zusammengefasst: allein im Blick auf diese Aussage, wesensmäßig ist das definiert, ist es unerheblich, ob Jesus ein Mann war oder nicht.“
Welche neueren Auffassungen vom Wesen des Menschen also könnten es sein, die in der Frage nach dem Zugang von Frauen zu kirchlichen Ämtern und Diensten in die Zukunft weisen? Saskia Wendel nennt zwei:
„Zukunftsweisend wäre vor allen Dingen zu sagen, Menschsein bestimmt sich durch Beziehung, und nicht mehr durch festgesetzte Definitionen, und von dorther zu sagen, die Aufgabe von Ämtern und Diensten ist es auch, Beziehungen zu knüpfen, in Beziehung zu stehen – das wäre eine Möglichkeit. Und das verändert auch den Blick auf sowohl das Menschsein selber, aber letztlich auch auf die Ämterfrage, die ja auch eine anthropologische Basis hat. Wenn man nicht mehr beim Wesen ansetzt, sondern bei der Relation, bei der Beziehung, dann bringt das einen Blickwechsel.
Der andere Aspekt wäre, den Vollzug von Amt nicht mehr so stark in einer aufgeladenen Ontologie zu verwurzeln, sondern viel stärker funktional anzusetzen, das heißt, beim konkreten Vollzug, beim Handeln, bei der Praxis. Was ist die Aufgabe? Was steht im Zentrum des Amtes? Und da würde ich sagen: das Amt bezeugt. Es geht um Zeuginnen und Zeugen für die Botschaft Jesu, für das Evangelium, für das Leben in Fülle, in der Praxis der Nachfolge Jesu. So das Amt zu bestimmen, ist etwas, das erst einmal allen zukommt und nicht eine elitäre Angelegenheit ist.“
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode kann dem im Kern zustimmen. „Ich denke, dass die Repräsentation Christi nicht allein durch einen Mann gegeben sein kann, denn jeder Gläubige repräsentiert Christus. Jeder kann Christus so in sich aufnehmen, wie Paulus sagt, nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Eine Anregung, gründlicher nachzudenken, sieht Bode auch in der heute gebräuchlichen Gegenüberstellung von Christus und der Kirche als Braut und Bräutigam. „Dann kommt man auf diese Mann-Frau-Situation, aber der Priester, das muss man zumindest mitbedenken, ist auch ein Repräsentant der Kirche, also zugleich der Braut; und umgekehrt bringt die Kirche selbst auch Christus immer wieder hervor. Insofern sind diese Kategorien, die wir bisher anführen, zumindest zu bedenken. Das heißt nicht, dass wir sofort eine Lösung dafür hätten, aber wir können nicht allein aus dieser Begründung heraus argumentieren. Die gesamte Argumentation muss differenzierter werden, und dem dient ja auch unser ganzer Kongress.“
Die Teilnehmerinnen der Tagung hätten „redlich und gewissenhaft diskutiert“, betonte Bode, und mit den Ergebnissen „muss die Theologie, muss das Amt, muss die Kirche sich auseinandersetzen“. „Ich glaube, dass wir mehr von der Kirche als Ganzer denken müssen, was eine Kirche der Zukunft braucht, die das Werk Jesu weiterführen will und es in unserer heutigen Welt weiterführen will, und es in unserer heutigen Welt weiterführen will - welche Dienste und Ämter sie braucht. Ist es unabdingbar, dass wir diese drei Ämter, die wir jetzt im Ordo haben, genau immer so verstehen, wie wir es bisher tun? Oder ob es eine von den Gegebenheiten der heutigen Erfordernisse her neu zu denken ist, denn die Wahrheit gestaltet sich - wie Jesus ja auch sagt: Weg, Wahrheit und Leben – als Weg und als Leben, das heißt, es muss auch ein Dialog geschehen, um diese grundlegenden Fragen der Kirche theologisch aufzuarbeiten.“
Die Frage nach dem Frauendiakonat müsse jedenfalls beackert werden, zunächst in den Ortskirchen, in denen es einen Ständigen Diakonat gibt, so Bode.
„Die Hälfte des Erdballs ist ja überhaupt ohne Diakonat, ohne männlichen Diakonat, das heißt, man muss ja über das, was Diakonat ist, auch nachdenken. Aber es wäre die Frage, ob man das tatsächlich mit so verantwortlichen Gründen, wie hier angesprochen, bis in die Glaubenskongregation hineinbringt. Immerhin hat der Papst durch die Kommission, die er eingesetzt hat, zumindest das Zeichen gesetzt, dass er an dieser Frage auch weltkirchlich interessiert ist.“
In der Abschlusserklärung des Kongresses formulierten die Veranstalterinnen sieben „Osnabrücker Thesen". Darin heißt es etwa, die Unterscheidung von Diensten innerhalb des einen sakramentalen Amtes habe sich geschichtlich entwickelt und könne nun „in ökumenischer Perspektive weiterentwickelt werden“. Alle Dienstformen sollten „für Frauen geöffnet werden“. Mit den unterschiedlichen theologischen Überzeugungen in diesem Punkt müsse man sich „stets mit Wertschätzung und versöhnungsbereit argumentativ“ auseinandersetzen.
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