Atomkrise: Erzbischof Schick sieht „Chance, die Lage wieder zu beruhigen“
„Wir hoffen, dass diese Entspannung jetzt ein Beitrag zum Frieden in der Region und damit auch für die Welt wird“, sagte Erzbischof Schick im Gespräch mit Vatican News.
Gudrun Sailer - Vatikanstadt
Nord- und Südkorea hatten im Neuen Jahr überraschend Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert. Seit Mittwoch ist nach fast zwei Jahren Unterbrechung die direkte Telefonlinie zwischen Pjöngjang und Seoul wieder in Betrieb, die es den Staatschefs Kim Jong-un e Moon Jae-in erlaubt, miteinander zu kommunizieren. Zugleich irritierten Aussagen von US-Präsident Trump, er habe „einen viel größeren Atomknopf“ als Kim auf seinem Schreibtisch und könne Nordkorea jederzeit nuklear vernichten.
Nord- und Südkorea seien beide „sehr wichtig im Prozess der verbalen Abrüstung“, sagte uns Erzbischof Schick. „Sie sind Nachbarländer und Geschwisterländer. Zwischen ihnen war der Dialog abgebrochen, jetzt soll er wieder begonnen werden. Gott sei Dank, das kann sich dann auswirken auf andere Länder - auf Amerika und China hin. Denn wenn irgendwo ein Kern des Friedens gesetzt wird, der dann sich auch ausbreitet und Früchte bringt, dann könnte das zu einer Entspannung mit Nordkorea auch weltweit beitragen, was wir uns alle nur wünschen und erhoffen können.“
Frage: Abrüstung beginnt ja eigentlich bei der Sprache. Papst Franziskus hat erst im November ausdrücklich vor einer Prahlerei mit Nuklearwaffen gewarnt und Abrüstung gefordert. Nun nehmen aber gerade dieser Tage die wechselseitigen Drohungen mit den „Atomknöpfen“ in den USA und Nordkorea groteske Formen an. Können die jahrzehntelangen Bemühungen um Abrüstung mit einer Fernsehansprache und ein paar Tweets zunichtegemacht werden?
„Wahrscheinlich geht es so einfach nicht, weil solche Prozesse langwierig sind. Aber der Heilige Vater hat natürlich völlig recht, und hoffentlich wird seine Warnung und sein Appell gehört, dass man eben nicht mit verbalen Kraftmeiereien Politik machen kann und darf, sondern dass man auf die Gesprächsebene des vernünftigen, wohlwollenden und zukunftsträchtigen Dialogs zurückkehrt und man dann miteinander Probleme löst. Kraftmeierei ist auch Kriegstreiberei, und aus verbalen Attacken können sehr schnell auch reale Attacken werden – was unbedingt verhindert werden muss. Es geht hier um viel mehr als nur um rote Knöpfe, die der eine hat und der andere auch, und die man dann gegeneinander ausspielen kann - es geht um Menschen, gerade auch um die in Nordkorea, die - nach allem, was wir wissen - leiden unter der Isolation und den vielen Sanktionen. Es trifft ja meistens die Armen, die einfachen und kleinen Menschen, und das ist in Nordkorea auch so. Um des Friedens willen in der Welt und um der Menschen willen in Nordkorea müssen wir auf den Heiligen Vater hören und alles tun, dass die Entspannung fortschreitet und es Frieden gibt.“
Frage: Vor mittlerweile 55 Jahren ist die Friedensenzyklika „Pacem in Terris“ von Johannes XXIII. erschienen, 1963, auf dem Höhepunkt der Kubakrise, die eine Atomkrise war. Was könnten Kim Jong-un und Donald Trump aus der Lektüre dieses Papstschreibens lernen, wenn sie es heute läsen?
„Dialog! Johannes XXIII. hat damals zum Dialog aufgerufen und für Abrüstung geworben. Er hat den Aufmarsch der Truppen im Meer in der Kubakrise als bedrohlich betrachtet und dazu aufgefordert, die Truppen zurückzuziehen – und das hatte Erfolg, die Kubakrise ist nicht in einen Krieg ausgeartet. Man kann nur hoffen, dass jetzt das Gleiche geschieht und eben nicht die roten Knöpfe betätigt werden, sondern man zu einem Dialog der Entspannung, der Versöhnung und des Friedens zurückkehrt.“
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.