Kinderschutzexperte Zollner: Kirche will Opfern glauben
Der jüngst von Franziskus ernannte Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna werde alles in seiner Macht Stehende tun, um Licht in den Fall zu bringen, so Zollner. Der Papst hatte bei seinem jüngsten Chile-Besuch erklärt, es gebe keine Beweise dafür, dass der 2015 von ihm zum Bischof von Osorno ernannte Barros sexuellen Missbrauch vertuscht habe. Wenig später entschuldigte sich Franziskus für seine Wortwahl.
In der vergangenen Woche sorgte ein Brief des Chilenen Juan Carlos Cruz von 2015 für Wirbel, in dem er Barros schwer belastet. Dieser habe in den 1980er Jahren etliche Fälle von sexuellem Missbrauch mit angesehen, ohne einzuschreiten. Über die Päpstliche Kinderschutzkommission sei der Brief auch an den Papst persönlich gelangt, hieß es in Medienbericht.
Ob Franziskus den Brief tatsächlich gelesen habe, wisse nur er allein, sagte Zollner. „Mich wundert, dass viele davon ausgehen - wo doch klar ist, dass Franziskus jeden Tag Tausende Schreiben bekommt, von denen er nur einen Bruchteil lesen kann."
Papstworte „nicht besonders diplomatisch“
Die Äußerung des Papstes zum Fall Barros während seines Chile-Besuchs sei „nicht besonders diplomatisch" gewesen, so Zollner weiter; es stehe in „krassem Gegensatz" zu seinem sonstigen Verhalten gegenüber Missbrauchsopfern, das immer „warmherzig, offen und zugewandt" sei. Der Papst kenne Barros persönlich und habe an seinem Urteil über ihn festgehalten. Franziskus habe im Zuge der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) selbst erlebt, was es bedeute, sich gegen nicht belegbare Vorwürfe wehren zu müssen. „In diesem Kontext könnte man verstehen", so der Jesuit, „dass er auf Behauptungen, die auf den ersten Blick nicht zu beweisen sind, allergisch reagiert."
Zu seiner eigenen Arbeit sagte Zollner, er habe nie Widerstand, sondern viel Unterstützung von den Leitern der römischen Behörden erfahren. „Es gibt Widerstand im System, aber nicht bei den Chefs, sondern wenn, dann in der mittleren Ebene."
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