Wirtschaftswachstum und weniger Umweltschaden - Ökonom Edenhofer erklärt, wie das zusammen geht Wirtschaftswachstum und weniger Umweltschaden - Ökonom Edenhofer erklärt, wie das zusammen geht 

D: Muss man sich Nachhaltigkeit leisten können?

Klar, Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema, erneuerbare Energien, Umweltschutz – auch Papst Franziskus räumte diesen Dingen in seiner Enzyklika Laudato Si einen hohen Stellenwert ein. Die deutschen Bischöfe gaben eine Studie zum Thema Wachstum in Auftrag heraus, die für viel Gesprächsstoff, nicht nur in katholischen Kreisen, sorgte. So äußerte sich auch der Ökonom und Klimaforscher Ottmar Edenhofer zur weltweiten Umsetzung dieser Themen.

Nadine Vogelsberg - Vatikanstadt

 

Wirtschaftswachstum und steigende Emission scheinen in den meisten westlichen Ländern Hand in Hand zu gehen. Steigt die wirtschaftliche Produktivität eines Landes, steigen auch die CO²-Werte. Wirtschaftswachstum ist dabei ein wünschenswerter Faktor für die Produktivität eines Landes – eine steigende Emission aber weniger. Das eine soll also wachsen, und das andere schrumpfen. Wie das gehen kann, erklärt Ottmar Edenhofer. Der 56-Jährige ist Professor an der Technischen Universität Berlin und stellvertretender Direktor sowie Chefökonom am Potsdam-Institut für Klimaforschung: „Um das zu bestimmen, braucht die Wirtschaftspolitik und die Umweltpolitik Instrumente. Und eines dieser Instrumente besteht eben darin, dass man das, was schrumpfen soll, teurer macht und indem man zum Beispiel die Kohlenutzung teurer macht, werden eben andere CO²-freie Technologien, erneuerbare Energieeffizienz rentabler.“

Also Steuererhöhungen gegen den Klimawandel. Mit Steuererhebungen aber machen Politiker sich selten Freunde, sie wollen immerhin wiedergewählt werden. Und doch erklärt Edenhofer, „dass hohe CO²-Steuern nur dort eingeführt werden können, wo es ein Vertrauen gibt, zwischen Bürgern und Regierung.“

Der Ökonom nennt auch gleich Situationen, in denen eine solche umweltbedingte Steuererhöhung gut funktioniert hat: „Zum Beispiel in Kanada, die Provinz British Columbia, die hat eine sehr hohe CO²-Steuer eingeführt und die Leute haben das überhaupt nicht empfunden als ein Schröpfen oder als ein Gängeln, im Gegenteil. Den Leuten wurde klar gemacht, dass wenn es diese Steuer gibt, dass sie ihre individuellen Anstrengungen, die sie gerne unternehmen, dass die sich dann eben aufaddieren, zu einer substantiellen Emissionsreduktion. Und so ist es British Columbia gelungen, Wirtschaftswachstum und Emissionswachstum zu entkoppeln und die Einnahmen, die da entstanden sind, draus, die wurden teilweise dazu genommen, um andere Steuern zu senken.“

Kanada ist nun ein westliches Land – aber gerade Schwellenländer in Asien und Afrika tun sich schwerer mit der Einführung einer solchen Steuer. Dabei brauchen die Länder dieser Kontinente Steuereinnahmen – für den Städtebau, die Infrastruktur, sauberes Trinkwasser und Sanitäranlagen. Und doch hält Edenhofer eine CO²-Steuer für sinnvoller als beispielsweise eine Einkommenssteuer: „Eine Einkommenssteuer einzuführen in solchen Ländern ist unvergleichlich komplizierter. Den Konsum zu besteuern – also Konsumgüter zum Beispiel, wie Nahrungsmittel zu besteuern – ist hochgradig nachteilig für die einkommensschwachen Haushalte. Also, selbst in diesen Ländern ist es sehr viel einfacher und sehr viel effektiver wenn eben der Energieverbrauch, also der Verbrauch von Kohle, Öl und Gas besteuert wird. Also, vor dem Hintergrund würde ich sagen ist gerade für die Schwellen- und Entwicklungsländer eine CO²-Steuer ein hervorragendes Instrument um die Entwicklung, um nachhaltige Entwicklung zu finanzieren.“

Es geht nach Edenhofer Einschätzung somit weniger darum, ob ein Land sich einen nachhaltigen Lebensstil leisten kann, sondern vielmehr darum, ob es den Politikern des Landes möglich ist, seinen Bürgern die Notwendigkeit nahe zu bringen. Wenn die Bürger also auf an anderer Stelle für eine CO²-Steuer entlastet werden – durch die Senkung einer anderen Steuer, mehr Auslagen des Wohlfahrtstaates oder eine bessere Infrastruktur – dann kann sich wohl jedes Land Nachhaltigkeit leisten.

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21. April 2018, 13:41