Mönche, Skulptur Mönche, Skulptur 

D: „Wir spekulieren nicht, ob das gelingt“

Vier Mönche in der ostdeutschen Diaspora: Seit knapp zwei Jahren leben Brüder aus dem Stift Heiligenkreuz im brandenburgischen Neuzelle. Im September soll die Gemeinschaft nun offiziell ein Priorat werden. Der erste Schritt auf dem langen Weg zur Abtei. Ein Besuch im Kloster Neuzelle.

Renardo Schlegelmilch – Neuzelle/Vatikanstadt

Am Anfang war es ein Experiment. Kann klösterliches Leben in der ostdeutschen Diaspora funktionieren? Im Sommer 2016 sind vier Zisterziensermönche aus dem florierenden österreichischen Stift Heiligenkreuz ins brandenburgische Neuzelle gezogen. Dieses Experiment scheint nun aufzugehen. Das Bistum Görlitz hat vergangene Woche bestätigt, dass Neuzelle am 2. September zum Priorat werden wird und noch weitere Ordensbrüder aufnehmen soll. Der erste Schritt auf dem weiten Weg zur eigenständigen Klostergemeinschaft. Renardo Schlegelmilch vor Ort in Neuzelle. 

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Die Mönche fallen auf, im schwarz-weißen Habit der Zisterzienser. In dem kleinen Ort Neuzelle an der polnischen Grenze hat man solche Gewänder lange nicht gesehen. Vor zweihundert Jahren wurde die Klostergemeinschaft mit der barocken Wallfahrtskirche aufgelöst. Seit 2016 leben hier nun auf Einladung des Bistums Görlitz vier Brüder aus dem Stift Heiligenkreuz im Wienerwald. Am Ende des Prozesses soll Neuzelle im Idealfall eine eigene Abtei werden, bis dahin ist der Weg aber noch weit. Pater Simeon Wester soll am 2. September zum Prior der Gemeinschaft ernannt werden, fast genau zwei Jahre nach Ankunft in Neuzelle.

„Wir gehen mit großer Hoffnung und großer Freude an unsere Aufgabe heran, und spekulieren nicht, ob das nicht gelingen könnte. Man geht ja auch nicht in eine Ehe mit der ersten Frage, ob das auch schiefgehen kann.“

„Man geht ja auch nicht in eine Ehe mit der ersten Frage, ob das auch schiefgehen kann“

Vor kurzem erst wurde die Zisterzienserabtei Himmerod in der Eifel aufgelöst. Umso ungewöhnlicher am anderen Ende des Landes, mitten in der ostdeutschen Diaspora, eine neue Gemeinschaft zu gründen. Die Idee kommt von Bischof Wolfgang Ipolt, der in seinem Bistum Görlitz nur drei Prozent Katholiken hat. Die Kirche und das Kloster Neuzelle sind für ihn auch persönlich ein wichtiger Ort, da er hier, wie viele ehemalige DDR-Priester, einen Teil seiner Ausbildung absolviert hat.

„Weil Neuzelle unser Wallfahrtsort ist. Es ist immer schon ein geistliches Zentrum unseres Bistums, eigentlich seit dem 2. Weltkrieg am stärksten. Deswegen war es mir wichtig, dass dieser Ort auch innerlich und geistlich mit neuem Leben gefüllt wird. Wenn man hier mal eine Zeit lang gelebt hat, weiß man, dass auch viele Priester, die heute noch ihren Dienst tun in den Diözesen des Ostens Deutschlands, mit diesem Ort etwas verbinden. Die sind hier gewesen und verfolgen das auch mit großer Aufmerksamkeit.“

 

Bis jeder Mönch in seiner Zelle ist, werden noch mindestens zwei Jahre vergehen

 

Im Moment ist das klösterliche Leben noch ein Provisorium. Die Mönche leben als Wohngemeinschaft mit dem örtlichen Pfarrer im Pfarrhaus. Ein wirklich stilles Klosterleben ist da nur schwer möglich. Ein ehemaliges Kanzleigebäude auf dem Gelände soll die Klosterzellen in Zukunft beherbergen. Der Umbau wird sich aber noch mindestens zwei Jahre hinziehen. Die staatliche Stiftung Neuzelle übernimmt dabei die Außensanierung, das Bistum Görlitz zahlt den Innenausbau. So leben die Brüder im Moment irgendwo zwischen Landidylle und Baulärm. Pater Simeon.

„Naja es ist ja schon so, dass die Fahrt hier hin über lange Strecken durch das Nichts geht. Aber man kommt dann hier auf einmal in ein Kleinod hinein, das hin und wieder durch Baulärm gestört wird, aber ansonsten wirklich eine Oase ist, was die Architektur angeht, aber auch das ganze geistliche Flair. Auch der Ort hier sieht ja anders aus als die Orte drumherum. Das ist schon etwas sehr Schönes.“

„Ein Ort mit Flair“

Eingesetzt werden die Brüder unter anderem in der Kinderbetreuung des katholischen Kindergartens und im Religionsunterricht der Schule in Neuzelle. Für die Kinder sind die Männer in schwarzweißer Ordenstracht nach knapp zwei Jahren ein gewohnter Anblick, andere in der brandenburgischen Kleinstadt müssen sich erst mal an die neue katholische Präsenz gewöhnen. Frater Aloysius Maria Zierl ist einer der vier Brüder und für den Haushalt der Gemeinschaft zuständig.

„Da kam mal beim Einkaufen ein Mann zu mir und sah mich im Habit, und meinte dann nur, ja, er hält sich eher an Karl Marx, denn der hatte Recht. Ich meinte dann, so ganz erfolgreich war Karl Marx ja auch nicht! Eine andere, sehr schöne Begegnung war auf dem Weg zum Chorgebet, da ging ich über den Hof und ein kleines Mädchen rief mir hinterher: Seid ihr Nonnen ohne Schleier? Da habe ich gesagt: Ja, so ungefähr.“

Zu den vier Mönchen sollen im Sommer, rechtzeitig vor der Ernennung zum Priorat, noch zwei weitere Brüder aus dem Wienerwald dazu stoßen. Eine große Abtei wie Heiligenkreuz soll Neuzelle aber nie werden, die Brüder sehen die Kapazität mit acht oder neun Ordensmännern für Neuzelle ausgereizt.

„Ich habe hier geistliche Gespräche mit sogenannten Atheisten geführt, die wesentlich länger und tiefergehend waren als anderorts“

Trotzdem, die klösterliche Präsenz wird dem Ort und der Diaspora-Region guttun, hofft der designierte Prior Simeon Wester. Diaspora oder nicht: Der Hunger nach Glauben und die Suche nach Sinn seien inzwischen in allen Regionen des deutschsprachigen Raums die gleichen.

„Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe hier geistliche Gespräche mit sogenannten Atheisten geführt, die wesentlich länger und tiefergehend waren als anderorts. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Die Fragen, die die Menschen haben, sind eigentlich überall die gleichen. Inwieweit sie sich jetzt Christen nennen oder Atheisten – wir wissen genau, welche Fassaden auch aufrecht erhalten werden in diesem Bereich.“

(vatican news – rs)

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01. Mai 2018, 13:15