Kardinal Gerhard Ludwig Müller Kardinal Gerhard Ludwig Müller 

Kardinal Müller kritisiert Mehrheit der deutschen Bischöfe

Kardinal Gerhard Ludwig Müller wirft der Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz und Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzendem eine Anbiederung an die Moderne vor. Sie sähen sich „als Trendsetter der katholischen Kirche auf dem Weg in die Moderne“, so Müller in einem Interview des US-Internetportals „Catholic World Report“.

Diese Bischöfe wollten alle Glaubenslehren reformieren, die dem zeitgenössischen gesellschaftlichen Konsens entgegenstünden. Um ihre Ziele zu erreichen, seien sie auch bereit, die Spaltung der Bischofskonferenz zu akzeptieren.

Zu den Anliegen dieser Bischöfe zählten „die Forderung nach der Heiligen Kommunion auch für Menschen ohne den katholischen Glauben und auch für jene Katholiken, die sich nicht in einem Zustand der heiligmachenden Gnade befinden“. Auf der Tagesordnung stünden außerdem, so Müller weiter, „ein Segen für homosexuelle Paare, Interkommunion mit Protestanten, Relativierung der Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe, die Einführung von viri probati und damit die Abschaffung des priesterlichen Zölibats, Zustimmung zu sexuellen Beziehungen vor und nach der Ehe“.

„Als konservativ gebrandmarkt und aus der Kirche gedrängt“

Gläubige, die die katholische Lehre ernst nähmen, würden „als konservativ gebrandmarkt und aus der Kirche gedrängt und der Diffamierungskampagne der liberalen und antikatholischen Medien ausgesetzt“. Für viele Bischöfe sei die Wahrheit der Offenbarung und des katholischen Bekenntnisses „nur eine weitere Variable in der innerkirchlichen Machtpolitik“, kritisierte der Kardinal darüber hinaus.

Müller fürchtet Verwässerung von Dogmen

 

Einige der Bischöfe. so Müller, zitierten individuelle Vereinbarungen mit Papst Franziskus und dächten, dass „seine Aussagen in Interviews mit Journalisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die weit von der katholischen Kirche entfernt sind, eine Rechtfertigung sogar für die Verwässerung definierter, unfehlbarer Glaubenswahrheiten bieten“. Hier sehe er „einen eklatanten Prozess der Protestantisierung“.

Müller (70) war von 2002 bis 2012 als Bischof von Regensburg Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz. Von 2012 bis 2017 leitete er im Vatikan die Glaubenskongregation.

Kardinal Marx: „Manches war grenzwertig“

 

Derweil hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, Kritik am Stil der Debatte um die Kommunion geübt. „Manches in den vergangenen Wochen war da für mich grenzwertig“, sagte Marx am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur in München.

Er wolle keine Schuldzuweisungen machen. Allerdings bleibe die Frage, „wie wir solche Debatten in der Kirche künftig führen“. Am Mittwoch hatte die Deutsche Bischofskonferenz den Wortlaut der umstrittenen Handreichung für den Kommunionempfang evangelischer Ehepartner von Katholiken als „Orientierungshilfe“ veröffentlicht.

„Wir stellen keine verbindliche Regel auf“

Im Februar hatten sich die Bischöfe mehrheitlich auf den Text geeinigt. Sieben Bischöfe um den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki baten daraufhin den Vatikan um Klarstellung, ob eine solche Regelung von einer einzelnen Bischofskonferenz beschlossen werden kann.

Marx sagte in dem Interview, es werde keine verbindliche Regel aufgestellt. Auch gehe es nicht um eine generelle Einladung zur Kommunion. Da sei „vieles durcheinandergeworfen“ worden. Es gehe vielmehr um eine Hilfestellung für Betroffene; diese sollten eine Entscheidung verantworten können, „die nicht die Bischöfe oder Priester zu treffen haben, sondern die Eheleute in ihrem Gewissen in begründeten Einzelfällen“.

Der Vorsitzende erklärte, das Papier sei „kein Text der Bischofskonferenz“. Mit dieser Klarstellung werde ein Wunsch von Papst Franziskus erfüllt, der unter dieser Bedingung einer Veröffentlichung zugestimmt habe. Auch der Ständige Rat habe zu Wochenbeginn in Berlin dieses Vorgehen „einmütig beschlossen“.

„Schon etwas stark, von einer Spaltung zu reden“

 

Marx wies die Sichtweise zurück, die Bischofskonferenz sei in dieser Frage gespalten. Angesichts einer Dreiviertel-Mehrheit, die der Text bei der Abstimmung im Februar erhalten habe, sei es „schon etwas stark, von einer Spaltung zu reden“. Bei wichtigen Entscheidungen in der Kirche wie einer Papstwahl sei eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. „Natürlich sucht man nach Einmütigkeit. Aber Einstimmigkeit hat es selten gegeben, selbst bei Konzilien“, fügte der Kardinal hinzu.

Manche hätten den Streit personalisiert und als Ringen von Personen dargestellt – „hier Kardinal Marx, da Kardinal Woelki, das fand ich nicht richtig“, so der Münchner Erzbischof. Auch könne in diesem Zusammenhang „von einem Alleingang meinerseits keine Rede sein“. Vielmehr müsse er als Vorsitzender einen Beschluss der Bischofskonferenz vertreten, „öffentlich und auch in Rom“.

(kna – sk)
 

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29. Juni 2018, 12:25