Jugendliche aus Bayreuth schaffen es mit Rollstuhl auf den Petersdom
Bernadette Weimer - Vatikanstadt
Der sitzt nämlich im Rollstuhl – erklomm mit Hilfe seiner Freunde aber die Spitze der Kuppel als wahrscheinlich der erste Rollstuhlfahrer überhaupt. Vatican News hat mit den fünf Jungen über ihr Erlebnis gesprochen.
Zur ersten Plattform nimmt Jakob gemeinsam mit einem Freund noch den Aufzug. Dann beeindruckt sie die Aussicht so sehr, dass sie noch mehr wollen, nach ganz oben auf die Kuppel des Petersdoms. Heißes Wetter, enge Wendeltreppen, Gegenverkehr beim Aufstieg – allen Widerständen zum Trotz packen zwei Jungen den Rollstuhl, zwei andere tragen und stützen ihren Freund Jakob. Die Devise: Einen Freund lässt man trotz größter Schwierigkeiten nicht zurück. Christian Ficht erzählt von den Herausforderungen.
Christian Ficht: „Die größte Schwierigkeit war die Enge der Kuppel und der Treppen. Die Art der Treppen im Aufstieg hat öfter gewechselt, am Anfang war es ein breiterer Aufgang, dann kam eine erste Wendeltreppe, dann wurde es immer enger, immer enger. Dementsprechend wurde es auch immer schwieriger, aber es hat trotzdem geklappt, auch weil die Jungs gekämpft haben. Es war vor allem der Wille von Jakob, der einfach hinauf wollte. Ab der Hälfte hat er dann gesagt: ‚Jetzt drehen wir auch nicht mehr um. Jetzt reißen wir das auch noch‘. Wir haben beschlossen, das durchzuziehen. Aber eigentlich stand von vornherein fest, dass wir es schaffen werden - wir hatten gutes Selbstvertrauen. Es war zwar eine Mordsarbeit, aber es war alles wert, dieses Gefühl, mit Jakob oben zu stehen, es geschafft zu haben.“
Selbstvertrauen trotz Mordsarbeit: Die Jungen glauben an sich und ihren Freund, auch wenn sie immer wieder eine Pause einlegen und andere Besucher auf der engen Wendeltreppe vorbeilassen müssen. Für Jakob Singer ist das Erlebnis aber nicht nur ein Freundschaftsbeweis, sondern auch ein Sieg über seine Angst.
Jakob Singer: „Zu Beginn hatte ich die Höhenangst einfach vergessen, als sie mir dann auf dem Weg nach oben wieder eingefallen ist, war es ohnehin zu spät wieder umzukehren, und dann habe ich mich durchgebissen. Der Weg hoch war für mich eine besondere Erfahrung, denn ich musste mich voll und ganz auf meine Träger verlassen, was mir zugegebenermaßen nicht immer einfach gefallen ist, weil ich ja gemerkt habe, wie angespannt die Jungs gewesen sind und wie sehr sie geschwitzt und geschnauft haben. Aber ich konnte für den Moment nichts anderes tun, als zu vertrauen und das habe ich getan. Schließlich wusste ich ja von vorherigen Aktionen, dass die Jungs nichts zusagen würden, wovon sie sich nicht sicher wären, dass sie es halten und sicher verantworten können. Von daher hatte ich später auch keine Probleme mehr, anzunehmen, dass die Sache schon gut gehen würde.“
Mehr als 300 Stufen müssen die Jungen ihren Freund Jakob hinauftragen, alle drei Minuten legen sie eine Verschnaufpause ein. Die letzte Wendeltreppe ist so eng, dass sogar der Rollstuhl zurückbleiben muss. Alle Mühen lohnen sich trotzdem – nach mehr als 90 Minuten und so abgekämpft wie Fußballer nach einem Spiel erreichen die Jungen die Plattform. Für Jakob der schönste Augenblick.
Jakob Singer: „Der schönste Moment war mit Sicherheit derjenige, als wir auf die Kuppel hinausgetreten sind und das Panorama und den Sonnenschein gesehen haben, denn in diesem Moment war uns allen klar, wofür wir den Aufstieg gewagt hatten. Wir waren uns einig, dass es sich auf jeden Fall gelohnt hat. In mir machte sich ein Gefühl breit, welches eine Mischung war aus Erleichterung und Freude, denn wir waren alle heil und sicher oben angekommen und konnten den Ausblick genießen. In diesem Moment habe ich festgestellt, dass ich auch keine Höhenangst mehr hatte, sondern ganz entspannt vorne an das Gitter herantreten und hinunterblicken konnte.“
Erleichterung macht sich breit nach dem langen Aufstieg – bei den Besuchern, die Zeugen der Aktion sind, dafür umso mehr Bewunderung. Sie feiern die Freunde wie Helden, erzählen Louis Angerer und Yannic Staib.
Louis Angerer: „So etwas habe ich noch nie in meinem ganzen Leben erlebt. Die Besucher, die wir vorbeigelassen haben, während wir Jakob die eineinhalb Stunden hochgetragen haben, haben oben auf der Kuppel gewartet. Als wir Jakob dann die letzten Stufen hochgetragen haben standen alle Besucher oben und haben applaudiert. Nicht nur die Besucher oben auf der Kuppel haben applaudiert – auch die, die im Gang noch hinter uns standen, die kamen dann nach und nach zu uns, wollten ein Foto, haben uns auf die Schulter geklopft, haben zu uns gesagt „You guys are champions!“, und waren absolut fasziniert. Es kam sogar ein alter Mann zu uns, der gesagt hat: „Gott behüte euch“, was auch sehr sehr schön war. Es war einfach ein Applaus, den ich nicht erwartet hätte, der aber für die Menschen da oben selbstverständlich war. Es war ein unglaubliches Gefühl – vor allem von Menschen, die aus verschiedenen Ländern kamen. Es war unbeschreiblich.“
Auch Yannic Staib erinnert sich an die bewegenden Momente: „Wir haben uns stolz gefühlt – es war unbeschreiblich. Man hat echt Großes geschafft, es war ein schönes Gefühl, dass viele Leute oben gestanden haben, die auf uns gewartet haben, und uns gratuliert haben. Es war einfach ein sehr gutes Gefühl und das Gefühl, dass man etwas erreicht hat, dass man Jakob, der ein Handicap hat, das möglich gemacht hat. Als wir oben waren, haben wir zuerst am Rand der Aussichtsplattform die Aussicht genossen, Jakob haben wir natürlich mitgenommen. Wir waren natürlich erst mal richtig erschöpft. Deswegen haben wir es auch erst mal langsam angehen lassen. Das hat das Gefühl der Freude noch verstärkt. Das war richtig schön und dann haben wir geschaut: ,Ah, da ist der Petersplatz, da ist der Vatikan´ – wir haben Sehenswürdigkeiten von oben gesucht und die großartige Sicht von da oben genossen.“
Auf dem Rückweg ging es den gleichen Weg wieder hinunter – noch voller Euphorie vom bewältigten Aufstieg.
Christian: „Wir mussten dann auch vorausrufen ,Stop, Stop!´, weil wir mit dem Rollstuhl erst mal da durchkommen mussten, aber es hat super geklappt. Alle Leute haben gewartet und erst mal gestaunt, dass wir da einen Rollstuhl runtertragen und unten haben wir dann auf Nick und Louis gewartet, ich bin ihm selbst entgegengekommen und habe nochmal abgesichert. Aber die Jungs wollten das für sich haben, die wollten das zu zweit durchziehen, die Muskelprotze.
Am Ende ging es aber nicht um den Beweis von Kraft und Stärke – für Jakob war der Einsatz seiner Freunde vor allem ein Zeichen der Loyalität.
Jakob: „Für mich war die ganze Aktion ein Beweis dafür, wie stark Freundschaft sein kann und was Zusammenhalt bedeutet und dass es ihn auch in der heutigen Zeit noch gibt. Freundschaft bedeutet Zusammenstehen in jeglicher Situation.“
Die Aktion der Jugendlichen hat auch in ihrer Heimatstadt Bayreuth für Schlagzeilen gesorgt. Dort erschien ein Artikel im Nordbayerischen Kurier, über den dann auch wir auf die fünf Freunde aufmerksam wurden. Wer weiß, vielleicht kann ihr Abenteuer als Ansporn für viele weitere beeindruckende Freundschaftsaktionen gelten.
(vatican news)
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