D: Gegen Widerspruchslösung bei Organspende
Die bestehende Entscheidungslösung, die erst vor sechs Jahren beschlossen worden sei, gewährleiste die Möglichkeit einer freien und informierten Entscheidung und respektiere das Selbstbestimmungsrecht.
Kopp betonte, die Bischöfe befürworteten Maßnahmen, um die Abläufe in der Transplantationsmedizin zu verbessern, etwa mit Blick auf mehr Kompetenzen für die Transplantationsbeauftragten und eine bessere Finanzierung für die beteiligten Krankenhäuser. „Eine Grundsatzdebatte über die Systemfrage einschließlich der Widerspruchlösung sollte dabei nicht an erster Stelle stehen“, sagte er. Zudem zeige der Blick auf andere Länder, dass alleine die Umstellung auf die Widerspruchslösung nicht dazu führe, dass mehr Organe für Transplantationen zur Verfügung stehen.
Kritik vom Ethikrat
Ebenfalls Kritik an dem Vorhaben von Gesundheitsminister Jens Spahns äußerte der Sozialethiker und Vorsitzende des deutschen Ethikrates, Peter Dabrock. Solch eine Regelung würde einen „fundamentalen Paradigmenwechsel“ darstellen. Das sagte der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Die bisherige Organspenderegelung habe den Charakter von Freiwilligkeit und wohltätiger Solidarität mit Schwerkranken. Mit der Regelung, bei der jeder Spender sein soll, solange er nicht widerspricht, müsste man von „Organabgabepflicht“ statt von „Organspende“ sprechen, sagte Dabrock.
Organspende zum Normalfall?
Bundesgesundheitsminister Spahn hatte der „Bild“-Zeitung am Montag gesagt, dass nur mit der Widerspruchslösung die Organspende zum Normalfall werden könne. Jeder Deutsche würde damit automatisch ein Spender sein, sofern er oder seine Angehörigen nicht ausdrücklich widersprechen. In Deutschland gilt bislang die sogenannte Entscheidungslösung, so dass eine Entnahme nur möglich ist, wenn eine Zustimmung vorliegt.
Die Widerspruchslösung, die in anderen europäischen Ländern gilt, wurde in der Vergangenheit immer wieder in die Diskussion gebracht als Möglichkeit, die Organspendezahlen zu erhöhen. Dabrock hält den Befürwortern entgegen: „Eine solche Regelung würde den menschlichen Körper zu einem Objekt staatlicher Sozialpflichtigkeit machen.“
Gegen den Geist der Verfassung
In diesem allerhöchst persönlichen Bereich eine Aussagepflicht zu verlangen, widerspreche dem Geist, mit dem Gesetzgeber und Gerichte bisher die Verfassung ausgelegt hätten. „Es wird als ein großer Fortschritt gefeiert, dass die Datenschutzgrundverordnung die ausdrückliche Zustimmung bei jeder Datenweitergabe fordert. Und nun wird debattiert, dass bei der Verwendung des eigenen Körpers über den Tod hinaus der Widerspruch leitend sein soll“, sagte der Erlanger Theologieprofessor.
Dabrock begrüßte die in der vergangenen Woche vorgestellten Gesetzespläne Spahns zur besseren Vergütung der Organspende. Man müsse erst abwarten, ob diese Maßnahmen greifen, sagte der Vorsitzende des Ethikrates, der nach eigenen Worten selbst einen Organspendeausweis hat.
(domradio/kna – mg)
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