Deutschland: Bischöfe beschämt über Missbrauch
„Bitten wir, dass Gott die Wunden der Opfer heilt und den Tätern zu Einsicht, Reue und Buße verhilft“, sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken feierte er am Donnerstag einen Gottesdienst aus Anlass der Gründung des Laiengremiums vor 150 Jahren in Bamberg.
Auch ZdK-Präsident Thomas Sternberg äußerte sich zu den ersten veröffentlichten Ergebnissen der Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche. Er sprach von „schrecklichen Dingen“. Den Bischöfen versicherte er, das Zentralkomitee werde immer an ihrer Seite sein, wenn es um eine schonungslose Aufarbeitung gehe. „Wir wollen gemeinsam Kirche sein, in guten wie in schlechten Tagen“, so Sternberg.
„Männerbünde“ in der Verantwortung
Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer indes schrieb in einem Brief an die Mitarbeiter der Diözese, er sei fassungslos, sehen zu müssen, „wozu Menschen fähig sind und was in unserer Kirche möglich war und ist“. Pfeffer kündigt an, dass sich Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck am Wochenende mit einem Brief an die Gemeinden des Bistums wenden werde.
Die Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Lisi Maier, macht „Männerbünde“ innerhalb der katholischen Kirche für fehlende Aufklärung von sexuellem Missbrauch verantwortlich. „Das sind etwa Karrierenetzwerke, bei denen sich die Teilnehmer gegenseitig unterstützen. Diese Netzwerke verhindern Aufklärung, also muss man sie aufbrechen“, sagte Maier der „Welt“ am Freitag. Außerdem forderte sie, die „größere Macht der Geistlichen in der Kirche im Vergleich zu den Laien“ zurückzudrängen.
Angesichts der jüngsten Zahlen zum sexuellen Missbrauch durch katholische Kirchenvertreter äußert Maier Verständnis für einen Vertrauensverlust in die Kirche. „Es ist nur verständlich, dass Eltern, aber auch Kinder und Jugendliche selbst, das Vertrauen in die Kirche verlieren“, sagte sie. Kritisch sehe sie zudem den Umgang mit dem Thema Sexualität in der Priesterausbildung. Sie werde tabuisiert und totgeschwiegen.
Als „wichtigen Schritt“ bewertet Maier, dass Papst Franziskus die Leiter aller Bischofskonferenzen weltweit für Februar in den Vatikan einberufen hat, um über Missbrauch und Kinderschutz in der Kirche zu sprechen.
Mindestens 1.670 mutmaßliche Täter
Am Mittwoch waren Teile der Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche bekanntgeworden. Demnach gab es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe von mindestens 1.670 mutmaßlichen Tätern. Bei den zwischen 1946 und 2014 erfassten Betroffenen handelte es sich überwiegend um männliche Minderjährige. Mehr als die Hälfte von ihnen war zum Tatzeitpunkt jünger als 14 Jahre. Die komplette, mehrere hundert Seiten umfassende Auswertung wollen die Bischöfe am 25. September auf ihrer Herbstvollversammlung in Fulda präsentieren.
(kna – ros)
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