D: Genn sieht Kirche unter Generalverdacht
Felix Genn äußerte sich gegenüber der Zeitung zu den Verfehlungen eines früheren katholischen Priesters seines Bistums, der mehrfach auffällig geworden war durch das sexuelle Bedrängen von Erwachsenen.
Dieser habe daraufhin Therapien machen müssen und die verantwortlichen Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass ein weiterer Einsatz kein erhöhtes Rückfallrisiko bedeutete. Sein Pressesprecher, Dr. Stefan Kronenburg dazu: „Das hat sich jetzt als Fehlinschätzung erwiesen, wir ziehen daraus die Lehre, dass wir künftig stärker wissenschaftlich fundiert über ein forensisches Gutachten klären müssen, ob ein Priester weiter in der Seelsorge eingesetzt werden kann, oder nicht.“ Dies habe auch der Psychiater Manfred Lütz angemahnt und man sei es den Opfern schuldig - auch, um neue Opfer zu verhindern.
Selbstkritisch merkte der Bischof gegenüber der Rheinischen Post an, man müsse – soweit das mit den Persönlichkeitsrechten des Beschuldigten vereinbar sei – noch transparenter mit solchen Fällen umgehen. So müssten diejenigen, die im Kontakt mit einem auffällig gewordenen Priester stehen werden, von seiner Vorgeschichte wissen. Präventionsmaßnahmen, so Genn, müssten schon einsetzen bevor überhaupt die Priesterweihe anstehe. Es geschehe schon viel, in dem offen über das Thema Sexualität und die Besonderheiten, die die Verpflichtung zum zölibatären Leben mit sich bringe gesprochen werde.
Priester unter Generalverdacht
Er selbst würde niemals jemanden zum Priester weihen, von dem er den Eindruck habe oder über den ihm die Verantwortlichen in der Priesterausbildung berichtet hätten, dass er sexuell unreif sei.
Zölibatär zu leben heiße nicht, dass man automatisch sexuell unreif sei oder gar in einem gewissen Automatismus zum Täter werde, zölibatär zu leben dürfe auch nicht heißen, keine Beziehungen zu anderen Menschen zu haben, erläutert Genn und vielen Priestern gelinge ein gutes Beziehungsumfeld.
Sein Pressesprecher äußerte sich zur Frage, ob Minderjährige vor Priestern jetzt generell in Schutz genommen werden müssten: „Es ist im Moment ja so, dass Priester in gewisser Weise unter einem Generalverdacht stehen. Priester, von denen hat man das Bild: sie sind sexuell unreif, ein wenig verklemmt.“ Aber das sei natürlich ein falsches Bild, die große Mehrzahl der Priester lebe ihr Priestertum sehr gut.
Genn betonte im Interview mit der Rheinischen Post, dass aus dem Vertrauensvorschuss für Priester ein Misstrauensvorschuss geworden sei. Dem müsse sich die Kirche stellen. Ohne die schändlichen Verbrechen zu relativieren, müsse man deutlich machen, dass man der überwältigenden Zahl der Priester vertrauen könne.
Zudem erarbeite man gerade in allen Pfarreien institutionelle Schutzkonzepte aber die Kirche sei auch kein Staat im Staat und agiere nicht losgelöst von externer Aufsicht oder Begleitung. Genn geht jedoch davon aus, dass das Thema die katholische Kirche noch lange begleiten werde und mahnt: Sexueller Missbrauch sei immer auch Missbrauch von Macht. Von daher, aber auch nicht nur deshalb, müsste man die Macht in der Kirche neu verteilen, angefangen beim Bischof selbst und weiter innerhalb der und zwischen den kirchlichen Berufsgruppen, zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen, zwischen Frauen und Männern.
Abschließend erläutert Kronenburg die Forderungen des Bischofs: „Entscheidend ist zunächst, dass die Verjährungsfristen abgeschafft werden, ob es dann auch schärfere Strafen geben muss, ist eine Frage, die letztendlich der Staat entscheiden muss aber natürlich ist es wichtig jedem Täter zu signalisieren: ,Du kommst mit dem, was Du getan hast, nicht davon.´“
(pm – ck)
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