Exerzitien nach dem Surfen zur Verbindung von Körper, Seele und Geist Exerzitien nach dem Surfen zur Verbindung von Körper, Seele und Geist 

Surf and Soul: Exerzitien und Sport

Der nächste Sommer kommt bestimmt. Und damit eine Möglichkeit, Geist und Seele zu verbinden, diese stellen wir Ihnen heute vor: Auf dem Surfboard durch das Leben gleiten. Das Gewicht verlagern. Mit dem Körper die Wellen ausgleichen. An der frischen Luft sein. In Bewegung sein. Das sind lauter starke Bilder aus ihrem Lieblingssport, dem Surfen, den die Theologin, systemische Beraterin und Windsurferin Esther Göbel mit dem Glauben verbindet.

Christina Höfferer - Vatikanstadt

Surf and Soul heißt ihr Projekt, das durch die Erfahrung des Surfens zeigt, wie Körper, Seele und Geist zusammenhängen. Denn schließlich tauchen bei diesem Wassersport Erkenntnisse auf, die im Leben und im Glauben helfen können, sagt Göbel, die auch Pastoralreferentin und Gemeindeberaterin im Erzbistum Berlin ist. Göbel sagt:

Hier der Beitrag

„Heute morgen im Soul-Teil haben wir über Ignatius' Bild der Waage gesprochen, also zu sehen, dass man selbst im Gleichgewicht ist, Körper, Seele und Geist im Einklang ist, und man eben durch unterschiedliche Dinge manchmal Schlagseite erfährt, von irgendwelchen Dingen sehr abhängig, oder anhänglich ist, Netflix kucken und so weiter, und man dann manchmal genau das Gegenteil von dem tun kann von dem, was man normalerweise tut. Also, wer viel redet, der schweigt dann schon eben mal. Und schon ist man nach einem Tag schweigen auch schon wieder einem Gleichgewicht etwas näher.“

Dem Segeldruck standhalten

Esther Göbel erklärt den Teilnehmern ihres spirituellen Sportkurses, dass der Versuch, das Segel nur mit der Kraft der Arme zu halten, sehr anstrengend werden kann. Deshalb setzt man beim Segeln das Körpergewicht ein. Durch möglichst hohe Körperspannung entsteht so ein Gegengewicht zum Segel. So kann dem Segeldruck standgehalten werden. Esther Göbel vergleicht es mit dem Seilziehen. Da wird das Gewicht auf das hintere Bein verlagert, um eben diesem Gegendruck entgegen zu wirken.

Alleine und gemeinsam

„Und so versuchen wir diesen Winkel zwischen Segel und Körperlängsachse zu halten und damit ein Gleichgewicht herzustellen. Wenn wir merken, das Segel zieht uns nach vorne, das Gewicht aufs hintere Bein verlagern, und wenn wir merken, wir kriegen ein bisschen Schlagseite nach hinten, der Wind ist vielleicht gar nicht so stark wie wir uns jetzt zurück lehnen, müssen wir das Körpergericht an den Segeldruck anpassen und uns wieder ein bisschen nach vorne lehnen. Und so entsteht das Gegengewicht zum Segel durch die Körperschwerkraft,“ so Göbel. Vom Surfen fürs Leben lernen, das ist der Sinn von Surf and Soul, zu zeigen, wie Leben und Glauben einander gegenseitig beeinflussen und ineinander verwoben sind. Beim Glauben und beim Surfen gibt es eine Community, eine Gemeinschaft, die unterstützt, wo man sich Hilfe holen kann, wo man etwas lernen kann. „Die Hauptähnlichkeit liegt für mich darin, dass neben dieser Community doch jeder mit sich selbst alleine ist. Beim Surfen kann ich zwar in der Gruppe lernen, hat gemeinsam Spaß, kann einander gegenseitig unterstützen und sich auch gemeinsam freuen, aber letztendlich steht doch jeder alleine auf seinem Surfbrett und muss es alleine irgendwie hinkriegen und jeder Körper muss es selbst lernen. So ähnlich ist es auch beim Glauben, da besteht auch Gemeinschaft, aber die Beziehung zu Gott, die pflegt doch jeder selbst,“ erläutert Esther Göbel.

Breiter gefächert

Esther Göbel kam selbst durch ihre Tätigkeit als Jugendseelsorgerin zum Surfen, als eine Gruppe von Jugendlichen sie zum gemeinsamen Surfen aufforderte. Für die Berlinerin folgten der Surfschein und ein starkes Glücksgefühl durch Wind, Wasser und Wellen. Je besser Göbel im Surfen wurde, umso mehr konnte sie feststellen, dass es mehr gibt, als nur diesen Sport, dass dieser Sport sie dazu hinführt, dass man sich getragen wissen will, dass man vertrauen will. Zutiefst menschliche Bedürfnisse treten zu Tage: „Ich glaube deswegen, dass wir deshalb auch kirchliche Mitarbeiter brauchen, die wesentlich breiter gefächert aus der Gesellschaft kommen und die Sprache von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen auch sprechen und verstehen, und die diese Übersetzungskompetenz haben.“

Surffreizeiten

Einige Teilnehmer waren schon bei den Surffreizeiten dabei und haben miterlebt, wie sich die Jugendreise zu einem Exerzitienformat entwickelt hat. Es geht um Balance finden, und darum, Ziele ansteuern. Nach dem gemeinsamen Abendessen folgen bei den Surf and Soul Kursen dann Hinführungen zum Gebet, der Austausch in Kleingruppen und ein betender Tagesrückblick. „Ich glaube, es ist eine andere Erfahrung von dem, was Kirche ist, denn Kirche ist auch ein Erfahrungsraum, um Erfahrung mit Gott zu machen, wo man selbst auch mit anderen Menschen unterwegs ist,“ sagt der Jesuit Dag Heinrichowski. Frisch aus dem Noviziat kommend nimmt er am Projekt Surf and Soul teil.

Ihm gefällt es, wie hier der Gedanke der Exerzitien umgesetzt wird. Den auch in den klassischen jesuitischen Exerzitien geht es darum, Gleichgewicht zu finden, sich auszubalancieren, das Leben in eine andere Richtung steuern, da passen die Metaphern aus dem Segelsport: „Wenn man darüber nachdenkt, kann das floskelhaft werden, ich finde, das angenehme an dem Surfen ist, das gerade solche Themen und Fragestellungen noch einmal konkret werden und erlebbar. Was heißt es eigentlich mich vom Wind treiben zu lassen, was heißt es, Segel zu setzen, mich aufs Wasser zu wagen. Das kann oft in den Exerzitien zu Gefahr werden, dass ich mich zu sehr in der Introspektion bewege, um mich selbst kreise, das wird durch das Surfen durchbrochen, weil plötzlich Dinge, erlebbar werden, zum Beispiel das Vertrauen.“

(vatican news)

 

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27. Dezember 2018, 10:07