Der Streik der Frauen: Die Kirche lieben und an ihr verzweifeln
Christine Seuss - Vatikanstadt
„Uns überrascht ehrlich gesagt selbst, welche Dynamik diese Aktion Maria 2.0 angenommen hat. Wir sehen jetzt, dass sich weite Teile der deutschen Katholikinnen dieser Aktion anschließen. Das zeigt aus unserer Sicht, wie tief die – ja, ich möchte fast sagen, Verzweiflung der Katholikinnen in Deutschland tatsächlich ist, wie sehr sie an ihrer Kirche leiden, aber auch, wie sehr sie ihnen am Herz liegt“, erklärt die CDU-Politikerin, die auch als ZdK-Vertreterin in die „Gemeinsame Konferenz“ von Deutscher Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gewählt wurde.
Ein großer Anteil von Arbeiten wird in den katholischen Kirchengemeinden von Frauen übernommen, ob dies nun die Katechese für Erstkommunionkinder, die Betreuung von Alten und Kranken oder andere soziale und pastorale Aufgaben seien, betont Flachsbarth. „Überall sind es vor allem Frauen, die aus der christlichen Intention, aus der Nachfolge Jesu Christi ihren Dienst tun. Aber Frauen sind in Leitungsrollen in der Kirche nur sehr vereinzelt zu finden und Frauen sind von der Weihe generell ausgeschlossen. Das stellen wir in Frage, und zwar schon seit Jahren. Schon seit der Bischofssynode in Würzburg 1975, die erklärt hat, dass gute Gründe dafür sprechen, dass auch Frauen zu Diakoninnen geweiht werden könnten, sind wir auf diesem Weg und fordern genau das.“
Angst vor einer Isolierung der deutschen Kirche in dieser international sehr unterschiedlich bewerteten Streitfrage hat die Politikerin nicht. Sie sieht sich bestätigt durch ihre Kontakte mit internationalen Frauenverbänden; auch die Frage der Kommission zum Frauendiakonat, die Papst Franziskus für das historische Studium eingesetzt hat, sei weltkirchlich von großem Interesse, wenn man auch noch nicht wisse, welche weiteren Schritte der Papst in dieser Frage gehen werde. Die ersehnte Diakoninnenweihe wäre in diesem Zusammenhang jedenfalls ein „richtiger Schritt in die richtige Richtung“, zeigt sich Flachsbarth überzeugt:
„Wir wollen mal schauen, was jetzt in der Amazonassynode passiert. Die Synode ist einberufen worden, weil die katholische Kirche dort in Südamerika einen sehr schweren Stand hat. Ihr laufen die Gläubigen weg, sie haben kaum Priester mehr. Das Gesicht von Kirche wird auch dort vor allem von Frauen aufrechterhalten. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn es die ganzen Ordensschwestern dort nicht mehr gäbe, die auch in der Gemeindearbeit eine wichtige Rolle spielen. Warum laufen der Kirche die Gläubigen weg? Nicht nur in Südamerika, sondern auch in Deutschland und Europa. Unserer Meinung nach auch, weil die Authentizität der Verkündigung nicht mehr gegeben ist. Weil wir miteinander eben nicht so umgehen, wie Jesus Christus uns das vorgelebt hat, wie das auch in den frühen Gemeinden war, wie es die Apostelgeschichte berichtet.“
Eher das Gegenteil sei heute der Fall, manchmal herrsche geradezu ein Verhältnis von „Angst“, unterstreicht die KDFB-Präsidentin mit Blick auf den Missbrauchsskandal, der die Kirche weltweit erschüttert. „Das ist natürlich auch etwas, was das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Der Papst hat von Klerikalismus in unserer Kirche als Grundübel gesprochen. Ich sehe also nicht, dass es sich hier um ein rein deutsches Problem handelt, sondern ich sehe sehr stark weltkirchliche Bezüge.“
Am Sonntag wollen die Frauen ihren Streik vorerst beenden, doch damit ist der Prozess selbst noch nicht einmal richtig angestoßen, gibt Flachsbarth auch mit Blick auf bereits in der Vergangenheit ergebnislos verlaufene Initiativen zu bedenken. „Hier in Deutschland machen wir uns auf einen so genannten synodalen Weg, das hat die Bischofskonferenz in Deutschland beschlossen. Das ZdK hat auf seiner Vollversammlung in der vergangenen Woche gesagt, dass wir bereit sind, diesen Weg mitzugehen, das aber auf keinen Fall mittragen, wenn es so etwas wie Besänftigung oder Beschäftigungstherapie für die Gläubigen sein könnte. Wir haben ja mit „Im Heute Glauben“ schon einmal einen überdiözesanen Gesprächsprozess gehabt, von 2011 bis 2015. Dass das zu wirklichen strukturellen Änderungen geführt hätte, habe ich zumindest nicht bemerkt.“
Doch im Rahmen des synodalen Weges sollen diese Fragen nachdrücklich aufs Tapet gebracht werden, da zeigt sich die KDFB-Präsidentin kämpferisch. „Es geht darum, wie Männer und Frauen, Priester und Laien in der katholischen Kirche miteinander umgehen. Es ist die Frage der Transparenz, es ist die Frage der Exekutive und Judikative im Kirchenrecht, ganz besonders auch in Hinblick auf die furchtbaren Missbrauchsvorgänge, die es eben auch nicht nur in Deutschland gibt, sondern wo wir auch weltkirchliche Zusammenhänge sehen. Das ist der Weg, den wir weiter gehen werden, und wir werden selbstverständlich die Bischöfe auch noch einmal daran erinnern, was sie auf der Würzburger Synode letztlich miteinander beschlossen haben. Ich zitiere einen immer noch höchst aktuellen Satz aus der Beschlussfassung damals, ,Der Ausschluss dieser Frauen (die in den Gemeinden tätig sind, Anm.) von der Weihe bedeutet eine theologisch und pastoral nicht zu rechtfertigende Trennung von Funktion und sakramental vermittelter Heilsvollmacht‘. An diesem Punkt sind wir seit 1975! Letztlich hat sich an den Strukturen aber nichts geändert, das Gegenteil ist der Fall.“
Die Missbrauchsstudie habe gezeigt, was für ein großes Ausmaß diese Art von Taten, die gegen jede Lehre der Kirche verstießen, tatsächlich angenommen hätten, gibt Flachsbarth zu bedenken. „Und auch das ist ein Punkt, der Frauen, die ihre Kirche lieben, in ihrer Kirche leben und für die es wichtig ist, die Lehre Christi zu den Menschen von heute zu bringen, dazu gebracht hat, zu sagen: So, jetzt hört ihr uns endlich zu, und jetzt ändert ihr endlich etwas in der Sache und in der Struktur!“
(vatican news)
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