D: Der Missbrauch, der Flyer und die Machtfrage
Vor allem die Engagierten in der Kirche werden immer wieder gefragt: Warum tust du dir das an? Infos, was in den Bistümern und Pfarreien mittlerweile alles gegen Missbrauch getan wird, dringen oft nicht an eine größere Öffentlichkeit.
Im Bistum Münster wollten das nun die Pfarrgemeinderäte und Kirchenvorstände einmal ändern. „Die Ehrenamtlichen werden ja vor Ort mit diesem Thema immer wieder konfrontiert“, sagt Bistumssprecher Stephan Kronenburg.
Argumentationshilfe
„Sie werden gefragt, warum engagierst du dich noch in der Kirche, wo es doch diesen sexuellen Missbrauch gibt. Und von daher haben sie den Bischof darum gebeten, einfach mal aufzuzeigen, wie sich die katholische Kirche im Bistum Münster auch heute diesem Thema stellt. Dass sie versucht, die Vergangenheit aufzuarbeiten, und dass sie versucht, soweit das möglich ist, sexuellem Missbrauch in Zukunft in der Kirche keinen Raum mehr zu geben.“
Münsters Bischof Felix Genn hat einen Brief und einen Flyer verfasst. Darin listet er auf, was sein Bistum im Kampf gegen Missbrauch konkret unternimmt. Eine Hilfestellung für die Ehrenamtlichen, wenn sie mal wieder auf das heikle Thema angesprochen werden.
Präventionsschulungen
„Genau, in diesem Informationsflyer wird ja einfach deutlich gemacht, was das Bistum tut und wir glauben, dass es für die Ehrenamtlichen auch eine Argumentationshilfe sein kann. Also wenn zum Beispiel jemand behauptet, die katholische Kirche tut ja nach wie vor nichts gegen sexuellen Missbrauch, dann hoffen wir, dass es für Ehrenamtliche eine Erleichterung ist, wenn sie einfach nachschauen können, was tun wir alles schon. Und das auch nochmal vernünftig erklären können – das hilft vielleicht den Ehrenamtlichen auch in schwierigen Situationen, einfach zu argumentieren.“
Gute Idee – aber was macht das Bistum denn genau? Kronenburg hat den Flyer seines Bischofs genau studiert. „Ganz entscheidend sind da natürlich zunächst die Präventionsschulungen. Es wurden in den vergangenen Jahren, seit 2011, mehr als 50.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschult. Das ist ein ganz wichtiges Signal, denn wenn man weiß, wie Täterstrategien sind, dann achtet man mehr darauf, und sexueller Missbrauch hat einfach nicht so leichtes Spiel.“
Außerdem gibt es in den Pfarreien jetzt sogenannte „Institutionelle Schutzkonzepte“. „Die sollen mit dazu beitragen, sexuellen Missbrauch zu verhindern, das sind konkrete Maßnahmen. Und darüber hinaus stellen wir uns auch den systemischen Fragen, die im vergangenen Jahr in einer Studie wieder deutlich gemacht wurden, das heißt, da geht es zum Beispiel ganz zentral um das Thema: Wie ist die Macht innerhalb der katholischen Kirche verteilt? Und das muss sich ändern.“
In seinem Brief macht Bischof Genn deutlich, dass er in diesem Punkt zu Zugeständnissen bereit ist. „Als Bischof bin ich dazu bereit, auch meinerseits Macht abzugeben und mich beispielsweise auch einer kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterzuordnen“, schreibt er. Zudem solle bei der Lösung von entscheidenden Fragen in allen zentralen Gremien mehr externer Sachverstand einfließen. Das könne „für die Kirche nur ein Gewinn sein“.
Der Flyer lässt sich übrigens im Internet downloaden. Er nennt auch konkrete Ansprechpartner für Betroffene. Kann gut sein, dass andere Bistümer das bald nachmachen...
(bistum münster – sk)
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