D: Berliner Knabenchor muss keine Mädchen aufnehmen
Die Mutter eines neunjährigen Mädchens, die vor Gericht ihre Tochter als Anwältin vertrat, hatte wegen geschlechtsspezifischer Benachteiligung geklagt. Sie hatte im November 2018 um Aufnahme ihrer Tochter in den Berliner Staats- und Domchor gebeten, einer Einrichtung der Universität der Künste (UdK). Diese lehnte die Aufnahme nach einem Vorsingen mit Verweis auf die Kunstfreiheit ab. Zu Recht, wie das Gericht am Freitag urteilte. „Die Ausrichtung des Klangbildes eines Chores gehört zur Kunstfreiheit“, sagte der Vorsitzende Richter zur Urteilsbegründung.
Auch hielt es das Gericht für erwiesen an, dass es einen „Knabenchorklang“ gebe. Die Ablehnung sei insofern nicht an ein biologisches Geschlecht geknüpft. Bei der vorliegenden Klage, bei der das Recht auf Gleichbehandlung der Geschlechter gegen das Recht der Kunstfreiheit abzuwägen gewesen sei, handele es sich um einen „Pilotfall“, hieß es. Dieser werde möglicherweise in höheren Instanzen weiter behandelt. Die Klägerin habe das Recht, Berufung einzulegen. Es liege, so stellte der Richter fest, eine „mittelbare Ungleichbehandlung“ vor, da Mädchen aufgrund anatomischer Unterschiede einen schlechteren Zugang zum Staats- und Domchor hätten als Jungen.
Anatomische Unterschiede
Zwischen Mädchen- und Jungenstimmen bestünden anatomische Unterschiede, die zu „differenzierten Chorklangräumen“ führten, erklärte der Leiter des Chores, Kai-Uwe Jirka, in der Verhandlung. Grundsätzlich sei es zwar möglich, dass eine Mädchenstimme dem angestrebten Klangraum eines Knabenchores entsprechen könne. Aufgrund anatomischer Unterschiede und zeitlich verschobener körperlicher Entwicklungsprozesse sei dies aber in der Regel „nur mit Gewalt“ erreichbar und daher „weder erstrebenswert noch pädagogisch verantwortbar“.
Nicht ausreichende Motivation
Das betreffende Mädchen habe „in Klangkraft und Volumen“ nicht den gleichaltrigen Jungen in seinem Chor entsprochen. Auch einen Jungen mit vergleichbaren künstlerischen Fähigkeiten hätte er abgelehnt. Zudem sei die Motivation des Mädchens nicht ausreichend. Ihre Bewerbungsbegründung „Ich möchte etwas Neues ausprobieren“ habe ihn nicht überzeugt. Die Klägerin argumentierte dagegen, es sei lediglich eine Frage des Trainings, ob ein Mädchen die spezielle Klangfarbe des Dom - und Staatschors Berlin erreichen könnte. „Ich bezweifle, dass die Ablehnung wegen der Unfähigkeit erfolgt ist. Es ist wegen des Geschlechts erfolgt.“ Für sie gehe es auch um Bildungschancen, die ihrer Tochter verweigert würden.
(kna – vm)
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