Franz Lackner, Erzbischof von Salzburg Franz Lackner, Erzbischof von Salzburg 

Lackner: „Wieder lernen, von Gott zu reden“

Die gegenwärtig „größte und vordergründigste Herausforderung“ für die katholische Kirche ist laut dem Salzburger Erzbischof und Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, jene, im Glauben die Sprachfähigkeit zurückzugewinnen.

„Wir müssen wieder von Gott reden lernen. Von dem, was uns erfüllt und uns motiviert, ihm nachzufolgen.“ Abseits „irgendwelcher oberflächlicher Logiken des In-der-Welt-Seins“ gelte es eine Liebe zu bezeugen, „die uns erfüllt, uns natürlich auch manchmal mit Fragen zurückwirft“, sagte Lackner im Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen.

Als weitere Herausforderungen für die Kirche nannte der Erzbischof soziale Themen wie die Flüchtlingskrise, Einsamkeit, Armut und Ungerechtigkeiten unter den Völkern. Und eine weitere Sorge sei, „dass Kirche - so nehme ich es wahr - nicht mehr als der Ort erlebt wird, wo sich Menschen mit ihren verschiedenen Gaben und Aufgaben beheimatet fühlen“, so Lackner. „Das beunruhigt.“

Größter Feind des Glaubens? Die Oberflächlichkeit

Der christliche Glaube ist für den aus der Steiermark stammenden Erzbischof ein Kontrapunkt zur Oberflächlichkeit, die er durch Phänomene wie die Zerstreuung im Internet oder den „Drang, ständig etwas zu kaufen“, als „die Versuchung unserer Zeit“ betrachtet. Nicht die Sünde, Fehler und Schwächen hatte Lackner einmal als die größten Feinde des Glaubens bezeichnet, sondern eben jene „Oberflächlichkeiten, die alles gleichgültig erscheinen lassen“. Darauf angesprochen erinnerte der Erzbischof an den Gründer des Jesuitenordens, Ignatius von Loyola, der Vorbild darin gewesen sei, derlei Oberflächlichkeiten zu widerstehen. Der Heilige habe selbst erfahren, dass Gedanken an weltliche Oberflächlichkeiten ein Gefühl der Leere und Einsamkeit hinterließen: „Diese Erkenntnis führte bei ihm zu einer Entscheidung für ein Leben mit Gott und das Gebet.“

Mensch-Sein, Glaube und ein gelingendes Leben bedingen Tiefe, ist Lackner überzeugt. „Um diese Tiefe in Gedanken, Worten und Werken müssen wir uns immer wieder aufs Neue mühen und lernen, lebensbejahende und hindernde Gedanken und Tätigkeiten voneinander zu unterscheiden.“

Morgenritual als innere Sammlung

Er selbst pflege in Salzburg ein frühmorgendliches Ritual, das für ihn wichtig sei, um sich „zu sammeln, zu sortieren und Gott - gleich am Beginn des Tages - zu suchen“: Lackner spaziert jeden Morgen sehr früh durch die Salzburger Altstadt und betet auf diesem Weg im Dom, gemäß seiner franziskanischen Berufung in der Franziskanerkirche, in der Erzabtei St. Peter an den Ursprüngen der Erzdiözese Salzburg und schließlich bei den Benediktinerinnen auf dem Nonnberg vor der heiligen Erentrudis, der Salzburger Schutzpatronin. Den Tag mit diesem Gang durch die Stadt zu beginnen „gehört mittlerweile einfach zu mir“ und habe wesentlich zu seiner Beheimatung in der Mozartstadt beigetragen, berichtete Lackner.

Der frühere Philosophieprofessor zitierte dazu den Philosophen Sören Kierkegaard: „Zu den schönsten Gedanken bin ich gegangen.“ Er kenne keine Schwierigkeit seines Lebens, „die ich nicht gehend bearbeitet und schließlich auch bewältigt habe“.

„Bin kein Oberbischof“

Sein am 16. Juni übernommenes Amt als Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz beschrieb Lackner in dem Interview als „eine Art Moderator, der versucht, zusammenzuhalten und zusammenzuführen“ sowie als „Sprecher und Repräsentant nach außen“ - jedenfalls sei er kein „Oberbischof“, der inhaltlich die Richtung vorgibt. Er wolle sich durch dieses Amt „neu prägen lassen, neu hinhören auf die drängendsten Fragen in der Welt“, sagte der Erzbischof.

Die Corona-Krise und den Lockdown habe er zunächst als ein kurzes Aufatmen angesichts des sonstigen Termindrucks empfunden. „Es zeigte sich dann aber ziemlich rasch, welche Auswirkungen damit tatsächlich verbunden waren“, erinnerte sich Lackner. Es werde sich wohl erst nach und nach zeigen, „welche Folgen diese Zeit auf uns als Menschen hatte“ - nicht nur wirtschaftlich, sondern auch dahingehend, „was diese Unsicherheit, die Beschränkungen, die fehlende körperliche Nähe mit der Seele gemacht haben“. Der Mensch sei ein Gemeinschaftswesen, so Lackner, „wir sehnen uns nach Zeichen der Zugewandtheit; und sei es nur ein Händedruck“.

(kap – sk)
 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

12. August 2020, 11:53