D: Christliche Initiative „Nightfever“ feiert Jubiläum
Radio Vatikan: Sie sind seit Beginn mit dabei, Pfarrer Andreas Süß – damals noch als Student, heute als Leiter der Bewegung. 15 Jahre Nightfever – was genau feiern wir heute?
Pfarrer Süß: Am 29. Oktober 2005 – wenige Wochen nach dem Weltjugendtag in Köln – haben wir, Katharina Fassler, Mitglied der Gemeinschaft Emmanuel, und ich mit Studierenden verschiedener Gemeinden, Studienrichtungen, Orden, Gemeinschaften und Mitgliedern des Weltjugendtagchores den ersten „Weltjugendtag goes on - Nightfever-Abend“ in St. Remigius in Bonn gefeiert, dem der modifizierte Abend der Barmherzigkeit der Gemeinschaft Emmanuel zugrunde liegt. Wir haben verschiedene Gruppen und Gemeinschaften aus Bonn eingeladen, denn wir wollten die Freude des Weltjugendtags weitertragen. Dieser Abend hat eine große Resonanz bei allen Mitwirkenden und Besuchern erfahren – auch bei den Priestern, die für Gespräche, die Beichte und den Segen anwesend waren. Es kam die Bitte auf, dieses Format weiter anzubieten. Wir haben dann monatlich Nightfever in Bonn organisiert und durch meine Zeit als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl in Freiburg kam die Idee von Nightfever auch nach Freiburg und schließlich nach Erfurt, Mainz und Köln.
Radio Vatikan: Wie hat sich die Initiative seit dem Weltjugendtag in den vergangenen Jahren entwickelt?
Pfarrer Süß: Mittlerweile hat sich die Nightfever-Initiative vergrößert und begleitet durch ein überregionales Team in der ganzen Welt als klares Konzert verbreitet. Wer Nightfever anbieten möchte, wird auf dem Weg zu einem Start in der jeweiligen Stadt ausgebildet, so dass wir in der ganzen Welt im gleichen Geist Nightfever feiern. Einmal im Jahr treffen wir uns zu einem internationalen Nightfever-Weekend um miteinander zu beten, uns auszutauschen und durch Impulse gestärkt zu werden. Wir sind in 27 Ländern und 455 Orten vertreten und konnten bereits weltweit von Australien, Asien über Europa, Mexiko, Kanada, Brasilien, die USA und Kanada mehr als 4.200 Abende feiern. Das ist Anlass zur Dankbarkeit und zur Feier für dieses große Engagement der vielen jungen Leute und aller, die uns auf diesem Weg in der Jugendseelsorge, in den Gemeinden und Ordinariaten unterstützt haben. Und natürlich großer Dank an Gott, der uns so beschenkt hat. Diese Entwicklung konnte niemand ahnen und ist Gottes großes Wirken: Wir bemühen uns in unseren Diensten, wissen aber dass es letztlich Gottes Einladung ist, dem die Menschen folgen, in die Kirche zu kommen!
Radio Vatikan: Was ist das Ziel der Initiative?
Pfarrer Süß: Das erste Ziel von Nightfever ist es, Menschen, die eine völlig andere Abendplanung hatten, einzuladen, eine Erfahrung der Liebe und Barmherzigkeit Gottes zu machen und mit Jesus Christus in Beziehung zu treten. Sie können Gott an diesen Abenden ganz niederschwellig begegnen. Das ist etwas, das viele Menschen vielleicht gar nicht erleben, weil sie nicht mehr zur Kirche kommen und weil sie gar nicht erwarten, dass Kirche ihnen noch etwas Schönes anzubieten hat. Wir wollen diese Menschen erreichen und laden sie ein, in die Kirche zu gehen, eine Kerze anzuzünden und der Musik zu lauschen. Sie können so lange bleiben, wie sie möchten. Das andere Ziel ist es, jungen Menschen eine Erfahrung im Glauben zu ermöglichen und sie in ihrem Glauben zu bestärken. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, im Glauben zu wachsen – durch Glaubensangebote, Glaubenskurse, Exerzitien, Wallfahrten und geistlichen Begleitung. Auch die Stärkung der Berufungsentscheidung spielt eine große Rolle. Die, die sich engagieren, sind bis 35 Jahre alt und sollen eine Sprachfähigkeit erhalten, über ihren Glauben zu sprechen.
Radio Vatikan: Wie kann es gelingen, junge Menschen auch nach den Nightfever-Abenden zu erreichen?
Pfarrer Süß: In Anlehnung an die Nightfever-Abende haben wir in den vergangenen Jahren einen Glaubenskurs entwickelt. Dieser knüpft an die Erfahrungen an, die an diesen Abenden gemacht werden können –, dass sich Menschen einladen lassen und, dass Gott die Herzen der Menschen wirklich verwandeln kann. Wir fragen uns, warum die Menschen so berührt sind von der Atmosphäre von Nightfever, der schönen Musik, den jungen Menschen, die selbst einladen zu beten und damit auch zum Beispiel für andere werden. Wir versuchen, die jungen Leute darin zu stärken. Seit 2010 bieten wir zusätzlich eine Nightfever-Akademie an. Hier wollen wir gesellschaftswissenschaftliche Themen und Glaubensthemen tiefer durchdringen. Alle die bei Nightfever aktiv sind oder einfach Interesse daran haben, sind eingeladen, über ihr Leben, den Glauben und die Kirche nachzudenken. Es geht darum, den Glauben – auch vor der Vernunft – zu rechtfertigen.
Radio Vatikan: Inwiefern spricht Nightfever religiöse Bedürfnisse bei jungen Menschen an, die „gewöhnliche“ Gottesdienste vielleicht nicht (mehr) befriedigen können?
Pfarrer Süß: Die Bandbreite der Jugendpastoral ist sehr groß. Ich bin heute Pfarrer in einer großen Pfarrei und freue mich immer, dass ich hier das ganze Spektrum der Jugendarbeit erleben darf – Messdiener, Pfadfinder und die Mitglieder der KjG – um nur einige zu nennen. Diese Bandbreite findet sich in der gesamten deutschen Kirche wieder. Nightfever ist neben vielen anderen Initiativen, Gemeinschaften und Verbänden ein Weg, wo junge Menschen Verantwortung übernehmen können. Sie werden zu Protagonisten, das heißt sie tragen die Verantwortung für die Abende – auch in den großen Kathedralen unseres Landes. Sie suchen Texte heraus, schreiben die Gebete und laden andere Gruppierungen ein, die den Abend über Musik machen. Außerdem laden sie die Priester für die Gespräche ein. Die Priester sind nur diejenigen, die das Team begleiten. Lernen, Verantwortung zu übernehmen, auch in der Gemeinde, ist für die jungen Leute sehr wichtig. Das kann auch später, wenn sie nicht mehr bei Nightfever aktiv sind, von Bedeutung sein – zum Beispiel, wenn sie in einer evangelisierenden Gemeinde mithelfen, dass die Gemeinde sprachfähiger wird, Zeugnis gibt, offen und einladend ist – wie wir bei Nightfever. Wichtig ist jedoch: wir sind keine eigene Gemeinschaft. Wir arbeiten mit den Gemeinden vor Ort eng zusammen und freuen uns, wenn wir hier zur Vielfalt des kirchlichen Lebens beitragen können.
Radio Vatikan: Wie würden Sie die Spiritualität beschreiben, die hinter Nightfever steht?
Pfarrer Süß: Die Spiritualität, die hinter Nightfever steht, ist eine missionarische und eucharistische Spiritualität. Wir wollen die Freude Gottes an den Menschen zeigen. Es ist die Einladung Gottes, immer wieder zu ihm zu kommen und sich von seiner Liebe berühren zu lassen. Jesus Christus hat gerade die, die am Rande standen, besucht und ihnen gesagt: „Du bist für Gott unendlich kostbar und wertvoll“. Mit diesem liebevollen Blick Jesu wollen auch wir auf die Menschen schauen und ihnen sagen: „Es ist deine Möglichkeit, dich auch wieder von Gott lieben zu lassen“. Diese Liebe kann in den Menschen viel verwandeln. Viele Menschen, die zu den Nightfever-Abenden kommen, erleben genau das. Sie spüren, indem sie eine Kerze anzünden oder einen Bibelvers ziehen, dass dort wirklich Gottes Wort ist, machtvoll und kräftig. Das ist oftmals sehr tröstend und befreiend. Sie spüren, egal was in letzter Zeit passiert sein mag, ich bin von Gott geliebt, ich bin wertvoll und ich kann vor ihm all meine Fragen, Sorgen und Nöte bringen. Das ist eine unheimlich frohe und erlösenden Verkündigung. Für einige mag das konträr zu dem stehen, wie Kirche häufig wahrgenommen wird – als Kirche der Normen und Gebote. Bei Nightfever wird jedoch das Fest der Freude, der Erlösung und der Vergebung gefeiert.
(pm/vatican news – mg)
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