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Schweiz: Medizinhistoriker warnt vor Eugenik

Der Medizinhistoriker Flurin Condrau beobachtet in der aktuellen Corona-Debatte einen gefährlichen Eugenik-Diskurs. „Man gewinnt nichts, wenn man einzelne Gruppen gegeneinander ausspielt“, sagte er in einem Gespräch mit kath.ch.

„Mir geht es nicht primär um Eugenik, sondern um eine Antwort auf die Frage, weshalb in der Schweiz in vielen Kreisen argumentiert wird, dass solange nur Menschen über 65 Jahre oder Menschen mit Vorerkrankungen sterben, es doch nicht so schlimm ist“, so Condrau. „Auf diesem Weg wird die Bevölkerung unterteilt in diejenigen, die produktiv und damit wichtig sind – und diejenigen, die schon etwas in die Jahre gekommen sind, nicht mehr produktiv und damit auch nicht mehr wichtig sind.“

Wenn eine Gesundheitskrise zu einer Art von „biologischer Zweiklassengesellschaft“ führe, dann komme ihm dafür das Wort Eugenik in den Sinn, „weil auch die Eugenik das Volk unterteilt hat in diejenigen, die dazu gehörten und diejenigen, die nicht dazu gehörten“. Aber natürlich sei der Begriff nicht „perfekt dafür“; er suche noch nach einem „besseren Wort“.

„Schweiz hat eine intensive, lange Geschichte rund um die Eugenik“

Die Schweiz habe „eine intensive, lange Geschichte rund um die Eugenik, die ungefähr ab 1900 bis mindestens in die 1960er-Jahre dauerte“. Eugenik sei also „nicht primär ein Begriff des Nationalsozialismus“, sondern gehe „weit über diesen hinaus“. Bei der Pandemie-Bekämpfung müsse der „beste verfügbare Weg“ gesucht werden, „ohne dass dabei einzelne Bevölkerungsgruppen isoliert oder gar stigmatisiert werden“.

Die Kirchen könnten in diesem Zusammenhang „eine mahnende Rolle in Pandemiezeiten übernehmen, weil sie Gemeinschaft spenden und stützen können“. Condrau wörtlich: „Vielleicht sind die Kirchen ein Ort, wo der Dialog quer durch die Gesellschaft stattfinden kann, zwischen allen politischen und gesellschaftlichen Gruppen und alt und jung. Das finde ich gerade in einer Pandemie besonders wertvoll.“

(kath.ch – sk)
 

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04. Dezember 2020, 13:21