Der neue Bischof von Chur, Joseph Maria Bonnemain Der neue Bischof von Chur, Joseph Maria Bonnemain 

Schweiz: Neuer Churer Bischof will als „Therapeut“ helfen

Der neue Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, empfindet das Schweizer Bistum als heilbedürftig. Chur brauche „eine Therapie“, sagte der studierte Arzt und Mediziner am Tag seiner Bischofsweihe zum Abschluss des Gottesdienstes in Chur.

Bonnemain ließ es sich nicht nehmen, sich im mehrsprachigen Bistum Chur in mehreren Sprachen an die Gläubigen zu wenden. Sein Abschlusswort würzte er mit rätoromanischen und italienischen Passagen.

Hier hören Sie das Interview mit dem neuen Bischof von Chur, Joseph Bonnemain

Er wolle keine Kirche, die sich mit Strukturdebatten beschäftigt, sondern wolle selbst nahe bei den Menschen sein, sagte der neue Bischof. „Unsere Kirche muss bescheidener, demütiger, ehrlicher, transparenter werden“, sagte Bonnemain.

„Mit Rüffeln erreicht man nichts – ebenso nicht mit Verboten oder Vorschriften.“ Ihm gehe es darum „zu motivieren, zu integrieren, zu begleiten“. Niemand brauche vor ihm „Angst zu haben“.

„Wir verlieren viel Zeit“

Der neue Bischof wörtlich: „Unser Bistum ist krank und braucht eine Therapie. Wir beschäftigen uns mit uns selbst, mit unseren Strukturen, mit unseren Spannungen und Konflikten. Wir verlieren viel Zeit – und verpassen die Chance, für die Menschen da zu sein und ihnen zu sagen, wie sehr Gott sie liebt.“

Es reiche nicht, „vom Balkon aus die Lehre der Kirche und den Katechismus vorzutragen, sondern wir müssen die Sorgen der Menschen verstehen und mittragen“. Die Menschen „brauchen uns viel mehr auf der Straße“. Es gelte herauszufinden: „Wie können wir diesen Menschen helfen? Wie können wir Zuversicht vermitteln?“

Riesigen Respekt vor Aufgabe

Bonnemain räumte ein, er habe „riesigen Respekt“ vor der neuen Aufgabe, die „viel größer ist, als es meine Kräfte zulassen“. Er brauche dafür „die Hilfe aller“, so der 72-Jährige; er selbst habe das Bischofsamt nicht gesucht.

Bei seiner Bischofsweihe am Freitagabend sollen auf seine Einladung auch drei Prostituierte aus Zürich teilnehmen. „Die beste Kapelle ist die Straße“, sagt Bonnemain. Er wolle die drei Frauen bald empfangen und im Gespräch kennenlernen.

Opus Dei mischte sich nie ein

Zu seiner geistlichen Heimat, der Personalprälatur Opus Dei, sagte Bonnemain, sie sei seine „Familie“ gewesen; aber „jetzt ist das Bistum meine neue Familie“. Seit 40 Jahren arbeite er schon für das Ordinariat in Chur. Das Opus Dei habe sich „hier nie eingemischt“.

Auf ein eigenes Wappen verzichtet der neue Oberhirte. Das Kreuz als Zeichen für sein Bischofsamt reiche ihm.

Erste Personalentscheidungen im Bistum kündigte er für frühestens in vier Wochen an. Nach dem Rücktritt des Weihbischofs, des Generalvikars und des Mediensprechers gebe derzeit zu wenige Schultern, um Arbeitslast und Neuanfang zu stemmen. Doch vorher wolle er viele Gespräche führen und ein Team bilden, das seine Visionen mittrage.

Missbrauchsskandal national aufarbeiten

Zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche sprach sich Bonnemain für eine groß angelegte Studie aus, wenn möglich in einem landesweiten Kontext.

Wie am Donnerstag in Köln gelte es dabei auch, die Namen von Verantwortlichen zu nennen. „Ich bin bereit dazu, schon am Montag alle Archive zu öffnen“, so der neue Bischof.

(kath.ch - mg)

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20. März 2021, 11:16