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D: Erzbischof Koch will Amoris Laetitia-Jahr fördern

Ein „Jahr der Familie“ hat Papst Franziskus zum Ende des letzten Jahres ausgerufen. In diesem Jahr soll besonders über die Enzyklika „Amoris Laetitia“ nachgedacht werden. Der deutsche Familienbischof, der Berliner Erzbischof Heiner Koch, hat sich einiges vorgenommen, um das „Familienjahr“ erfolgreich in der Bundesrepublik zu begehen, wie er im Interview mit Radio Horeb sagt.

Radio Horeb: Herr Erzbischof Koch, Papst Franziskus hat ein Jahr der Familie ausgerufen, was ist denn das Anliegen des Papstes für dieses Jahr?

Erzbischof Koch: Er selbst schreibt und sagt, dass es eigentlich drei oder vier Hauptanliegen sind. Am 19. März waren es genau fünf Jahre her, dass „Amoris Laetitia“ unterzeichnet und veröffentlicht wurde und er möchte eigentlich diese Schrift nicht in Vergessenheit geraten lassen, sondern sie neu beleben und nochmal neu in die Gemeinschaft der Kirche und der Familie hineinbringen. Er will noch einmal neu  „Amoris Laetitia" beleben und damit die ganze Lebenskraft, die ganze Vitalität und ihre ganze Glaubenskraft noch einmal zur Entfaltung bringen helfen können. Konkret geht es darum, dass wir also erstens den Inhalt von „Amoris Laetitia" in diesem Jahr noch einmal wirklich in den Mittelpunkt der Betrachtungen unseres Denkens setzen sollen, und dass zweitens überhaupt die Ehe als Sakrament gestärkt werden soll. Die Beobachtung das Papstes ist, dass sehr viel gesprochen wird über die soziologische und juristische sowie psychologische Bedeutung der Ehe, aber die theologische und spirituelle Dimension zu kurz kommt. Das ist das zweite Anliegen, das in den Mittelpunkt rückt und das Dritte ist schlicht und ergreifend, dass er die Familien und die Ehen wirklich als selbst aktiv handelnde Familienpastoral in der Verkündigung im Leben der Kirche ins Bewusstsein heben will. Das sind die drei Hauptanliegen. Immer wieder klingt die Sorge durch, dass gerade junge Menschen diese Dimension von Ehe und dann Familie überhaupt nochmal neu deutlich gemacht werden muss, da sie diese oftmals nicht kennen.

Hier hören Sie das Interview mit Erzbischof Heiner Koch

Theologische Dimension der Ehe

Radio Horeb: Im Jahr der Familie, Sie haben es schon gesagt, soll auch die Enzyklika „Amoris Laetitia" ja eingehend studiert werden. Was sind denn konkrete Impulse aus dieser Enzyklika?

Erzbischof Koch: Ich bin überzeugt, dass das Wesentliche erstmal einmal ist, die besondere Sicht von Familie und Ehe zu berücksichtigen. Gerade die Ehe wird ja als eine soziokulturelle Größe und auch als zeitig überholt betrachtet. Sicherlich lässt sich vieles sagen, warum die Ehe gerade so verstanden wird, dass es ein Bund zwischen Mann und Frau ist und welche hohe Bedeutung dies hat für den Einzelnen zu seiner Lebensentfaltung, aber auch für die Gesellschaft. Das ist richtig, aber Papst Franziskus ist es ein Anliegen, die theologische Dimension der Ehe und des Sakraments der Ehe hervorzuheben. Die Ehe ist eine Verheißung und ein Ort, in der ganz besonders die Gotteserfahrung spürbar ist. Sie ist der Ort, in dem Christus mitgeht und sich als Sakrament der Welt stellt und den Menschen ganz nah zu dieser Glaubensdimension führt. Die Glaubensdimension der Ehe zu verdeutlichen, ist das westliche Anliegen von „Amoris Laetitia" und Papst Franziskus.

Trauung
Trauung

Radio Horeb: Was plant dann die Deutsche Bischofskonferenz für Aktionen, beispielsweise vielleicht Gebetsinitiativen oder Gesprächsrunden für dieses besondere Jahr und was planen Sie als Erzbischof von Berlin in ihrer eigenen Diözese?

Erzbischof Koch: Wir werden ein liturgisches Begleitschreiben erstellen, mit vielen geistlichen und liturgischen Tagen. Da geht es vom Osterfest über Pfingsten, Allerheiligen, Allerseelen und Weihnachten, also jetzt nicht nur die Sonntage, in denen die Familie vom Evangelium her gefeiert wird. Ich denke an das Fest der unschuldigen Kinder. Es geht auch um andere Tage, die bedeutend sind im liturgischen Jahr. Da wollen wir katechetische Gesprächshilfen veröffentlichen, die eine Anregung sein sollen, damit das Thema Familie in diesem Jahr der Familie in der Verkündigung und in der Predigt besonders bedacht wird. Also, das wird für uns ein großes Anliegen sein, Pfarreien und Kreise zu unterstützen, dieses Anlegen des Heiligen Vaters in diesem Jahr aufgreifen. Wir werden zweitens sicherlich ein oder wahrscheinlich sogar zwei Symposien veranstalten, die das Thema Familie noch einmal besonders behandeln. Auf Bundesebene wird es ein erstes Symposium geben, das zweifelsohne das Thema Hauskirche behandeln wird. Wir haben gerade in Coronazeiten gespürt, welche Bedeutung für Familien die Hauskirche hat. Das war genau dort, wo wir zu großen Gottesdiensten nicht mehr zusammen gekommen sind. Der dritte Punkt ist: wir werden in diesem Jahr rausgehen und die Eckpfeiler, die wir als Bischofskonferenz aus „Amoris Laetitia" gezogen haben, verkünden. Wir haben ja schon einige Schriften veröffentlicht und die sind ja gut verbreitet worden in Deutschland. Da ging es einmal um die Ehevorbereitung und Familienpastoral und jetzt kommt die Ehebegleitung und ihre Spiritualität hinzu. Das werden wir in diesem Jahr herausgeben. Alles läuft letztlich dann auf das Jahr 2022 zu, in dem der Heilige Vater für Juli 2022 zum Familientreffen in Rom einlädt und viele von uns haben noch das Bild des Familientreffens in Dublin vor Augen. Das war 2018. Ich freue mich schon sehr, 2022 dann hoffentlich in Rom dabei sein zu können. Das wird dann der Abschluss dieses Jahres sein.

„Ich hoffe, dass ich dann noch viele Anregungen mit nach Hause nehmen kann“

Einiges werde ich erst dann wahrnehmen können, wenn ich nach Rom fahren kann. Denn in Rom findet im Juni ein Symposium statt. Da geht es um Strategien zu „Amoris Laetitia" zur Unterstützung des Apostolischen Schreibens. Die Tagung im Juni wird live oder online stattfinden. Ich hoffe, dass ich dann noch viele Anregungen mit nach Hause nehmen kann.

Wissen über Ehesakrament ist deutlich unterbelichtet

Radio Horeb: Herr Erzbischof, Sie sind Familien-Bischof der Deutschen Bischofskonferenz. Wo sehen Sie denn Nachholbedarf in der Pastoral in Bezug auf die Familie?

Erzbischof Koch: In zwei Richtung möchte ich diese Frage beantworten. Zunächst einmal in Bezug auf die Tiefe der christlichen Botschaft und die Lehre. Ich glaube, dass das Thema Sakramentalität der Ehe als Ort des Heils und Ehe als Ort der Verheißung und der Erfüllung von Verheißungen in vielen Bereichen auch unserer Pastoral zu schwach vorkommt. Wenn ich oft höre, wie oft von der Ehe gesprochen und gepredigt wird und wie viel Glaubensgespräche es in Bildungsveranstaltung zum Thema gibt, die jetzt nicht nur an die Eheleute gerichtet sind, sondern darüber hinaus das Bewusstsein für diese Botschaft, dann ist deutlich zu wenig da. Das Wissen, was ein Sakrament ist und was am Sakrament der Ehe besonders ist, scheint mir doch deutlich unterbelichtet zu sein. Das zweite ist, dass die Pastoral immer auf die Menschen ausgerichtet sein muss, die heute da sind und heute leben und denen wir die Botschaft verkünden und mit denen wir die Botschaft entdecken und entfalten. Da hat sich natürlich die Situation der Eheleute und der Ehen völlig verschoben. Gerade in Berlin heiraten viele nicht, schon gar nicht staatlich. Selbst die, die eigentlich vorhaben, eine dauerhafte Ehe mit der Schenkung von Kindern zu führen, denken gar nicht mehr daran, staatlich zu heiraten und die Zahl der kirchlichen Trauungen geht ja auch zurück. 1990 hatten wir noch 116.000 kirchliche katholische Trauungen hier in Deutschland. Jetzt sind es noch 38.000. Sie merken selbst an den Zahlen, wie sehr da die Gefahr ist,  das Sakrament im Bewusstsein und im Leben zu verlieren. Was das jetzt bedeutet, diese Botschaft von der ich eben sprach, in dieser Situation zu verkünden, den Menschen als frohe Botschaft, als Lebenshilfe zu bringen, wird wahrscheinlich die eigentliche Herausforderung sein.

„Die Ehevorbereitung müsste heute eigentlich schon viel früher anfangen, schon bei Jugendlichen.“

Radio Horeb: Ist hier vielleicht auch die Ehevorbereitung ein wichtiger Startpunkt für ein vertieftes Verständnis für das Ehesakrament?

Erzbischof Koch: Auf jeden Fall! Allerdings glaube ich, dass die Ehevorbereitung nur dann gelingt, wenn man rechtzeitig beginnt. Heute fängt man viel zu spät damit an. Sie fängt ja dann an, wenn ein Paar oftmals schon viele Jahre zusammen lebt und sie dann anschließend heiraten wollen. Das müsste heute eigentlich schon viel früher anfangen, schon bei Jugendlichen. Also nicht die Vorbereitung dann führen, wenn die Heirat ansteht oder wenn man sich schon dagegen entschieden hat, sondern viel früher. Wir müssen das Thema immer wieder aufgreifen. Wir müssten verdeutlichen, warum uns das Sakrament der Ehe so viel bedeutet und was es bedeutet, also die Begrenzung der Ehevorbereitung auf die Abende kurz vor der Eheschließung hat ihren Wert zweifelsohne, aber es ist viel zu spät.

Radio Horeb: Nun gibt es in Deutschland viele Diskussion über die Sexualmoral der Kirche und Forderungen nach Lockerung. Ehe, Familie und Sexualität, das gehört ja zusammen, was sollte sich denn aus ihrer Sicht verändern?

Erzbischof Koch: Das gefällt mir gar nicht. Das würde ja heißen, dass die Botschaft von der Ehe sowie Verkündung bisher ein Zwang ist, als würde es das Leben behindern. Was wir tun müssen, ist erstens natürlich den Menschen in unserer Zeit sagen, was eigentlich Ehe ist und was die christliche Botschaft der Ehe bedeutet. Da geht es um Vertiefung und es geht natürlich dann auch um die Frage, was mit den vielen Menschen ist, die rechtlich nicht mehr heiraten können, falls sie es denn überhaupt wollen. Das ist ja ein Drama, dass sich mit diesem Sakrament zeigt, wie viele wiederverheiratete Geschiedene da sind, wie viele, die gern heiraten würden, es nicht mehr können, weil sie schon gültig verheiratet waren.

(radio horeb – mg)

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08. April 2021, 11:49