Österreich: Vertrauensbildende Maßnahmen auf dem Balkan schaffen
Ein Grundproblem Südosteuropas sei, dass weite Teile der Gesellschaft immer noch in mentalen Strukturen und geistigen Traditionen verharrten, „die mit der westlichen Welt noch wenig zu tun haben“. Hier versuche PRO ORIENTE, mit behutsamen und vertrauensbildenden Maßnahmen Akzente zu setzen. Für den Historiker gelte die Devise, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit Positives für die Gegenwart und Zukunft umzusetzen, so Heppner. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Teile der Serbisch-orthodoxen Kirche über Jahrhunderte bis 1918 im Habsburgerreich gelebt bzw. dort ihre Strukturen hatten. Dieser Teil der Kirche habe auch ganz andere Erfahrungen mit Vielfalt gemacht. Von diesem Erfahrungsschatz könne die serbische Kirche auch heute profitieren, zeigte sich Heppner überzeugt.
Serbische Herausforderung
Im Blick auf den neuen serbischen Patriarchen Porfirije, dem in seinen ersten Wochen im Amt von vielen Seiten ein sehr offener Kurs attestiert worden ist, hob der Balkanexperte die vielfältigen unterschiedlichen Erwartungen hervor, die an den Nachfolger des im November 2020 an COVID verstorbenen Patriarchen Irinej herangetragen würden, vom Westen genauso wie etwa von der serbischen Regierung oder anderen Kräften im Land und darüber hinaus. Der Patriarch habe sicher nur einen bedingten Spielraum, auf jeden Fall aber auch Vorbildwirkung.
Die Herausforderung der Säkularisierung
Die größte Herausforderung für die Kirche, letztlich aber für die Gesellschaft allgemein ist Heppner zufolge die Säkularisierung, die auch vor dem Balkan nicht Halt mache. „Wie kann man hier von Seiten der Kirche dagegenhalten und christliches Gedankengut und christliche Werte um des Friedens und des Gemeinwohls willen weiter aufrechterhalten? Das ist die entscheidende Frage“, so Heppner.
Ein weiteres, nicht zu unterschätzendes Problem der gesamten konfliktbeladenen südosteuropäischen Region sei die schwierige wirtschaftliche Lage, erläuterte der Historiker. Die Kleinräumigkeit der Region schaffe hinsichtlich der Ökonomie auch wenig Spielraum für echte Perspektiven.
Konferenz-Auftakt am 22. April
„Mit- und Nebeneinander. Religionsgemeinschaften und Zivilgesellschaft im südöstlichen Europa“ lautet der Titel der mehrteiligen internationalen Videokonferenz, die an diesem Donnerstag begonnen hat. Die Konferenz widmet sich der Frage nach dem Umgang der Religionsgemeinschaften mit zivilgesellschaftlichen Zielen und Aktionen im südöstlichen Europa seit 1989. Namhafte Fachleute aus Mittel- und Südosteuropa referieren, diskutieren und beleuchten das Grundthema von verschiedenen Perspektiven aus.
Veranstalter sind die Kommission für Südosteuropäische Geschichte der Stiftung PRO ORIENTE, das Zentrum für Südosteuropastudien der Universität Graz und das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München.
Heppner erwartet sich von der Tagung zuallererst einen umfassenden Blick auf die reale Situation vor Ort. Beim ersten Panel referieren und diskutieren Marijana Ajzenkol, Gründerin des interreligiösen Zentrums Belgrad, der in Fribourg und Bukarest tätige Experte für den interreligiösen Dialog, Prof. Martin Hauser, sowie der rumänische orthodoxe Theologe und Ökumene-Experte Dr. Mihai Iordache. Den Vorsitz führt Dr. Angela Ilic, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München.
Infos zur Tagung bzw. Teilnahme an der Tagung: https://religion-und-zivilgesellschaft.info
(pm – mg)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.