Seligsprechung Karl Leisners vor 25 Jahren
Werner Stalder - Kleve
Den Anruf aus Rom am 12. Januar 1996 während meiner Arbeit gegen 12.30 Uhr werde ich nie vergessen. Am Telefon war Monsignore Martin Hülskamp, Vizepostulator im Seligsprechungsprozess von Karl Leisner und kurz zuvor zugleich Mitarbeiter im Päpstlichen Staatssekretariat. Msgr. Hülskamp hatte mir versprochen, dass ich als Pressesprecher des Internationalen Karl-Leisner-Kreises (IKLK) als erster eine Nachricht vom Abschluss des Seligsprechungsverfahrens erhalten sollte.
In der Audienz am 12. Januar 1996 um 12 Uhr wurde durch Papst Johannes Paul II. der Abschluss der „Causa Leisner“ verkündet und das Dekret verlesen. Ich informierte sofort die Schwester von Karl, Elisabeth Haas: „Karl wird selig gesprochen! Glückwunsch und Alleluja!“
In Berlin war über Leisner nur wenig bekannt
Bevor am 23. Juni 1996, also vor nunmehr 25 Jahren, die Seligsprechung von Karl Leisner, gemeinsam mit Dompropst Bernhard Lichtenberg, durch Papst Johannes Paul II. im Berliner Olympiastadion erfolgte, nahm ich mit dem Bruder des neuen Seligen, Willi Leisner, in Berlin an einer internationalen Pressekonferenz teil. Die Nachricht von der Seligsprechung seines Bruders hatte ihn tief bewegt und erfüllte ihn mit Freude und Dankbarkeit. Auffallend war, dass in Berlin nur sehr wenige Informationen über den Märtyrer Karl Leisner bekannt waren und überwiegend Dompropst Bernhard Lichtenberg im Mittelpunkt der Pressekonferenz stand. So konnten wir beide einer großen Öffentlichkeit das Leben des Seligen vom Niederrhein vorstellen.
Karl Leisner wurde am 28. Februar 1915 in Rees geboren und wuchs seit 1921 in Kleve auf. Er wurde am 17. Dezember 1944 im Konzentrationslager Dachau heimlich zum Priester des Bistums Münster geweiht und starb unmittelbar nach der Befreiung am 12. August 1945 an den Folgen der harten Lagerhaft. Karl Leisners Seligsprechung war möglich, weil der Bekennerprozess in einen Märtyrerprozess umgewandelt wurde, denn für einen solchen Prozess ist kein Wunder erforderlich.
Mit einem großen Karton quer durch die Stadt
Die Seligsprechung der beiden Märtyrer Bernhard Lichtenberg und Karl Leisner erfolgte im Beisein von etwa 100.000 Gläubigen im Berliner Olympiastadion, also an dem Ort, wo die Nationalsozialisten 1936 die XI. Olympischen Sommerspiele der Neuzeit als Propaganda für ihr Regime durchgeführt hatten. Als Pressesprecher des IKLK übertrug man mir die Aufgabe, dem Papst bei der Gabenprozession das Geschenk der Diözese Münster, einen Steigerstab zu überreichen. Das geschah in Anlehnung daran, dass der Heilige Vater in der Kriegszeit Zwangsarbeit in einem Steinbruch und bei den Solvay-Werken in Polen gearbeitet hatte.
Am Tag vor dem großen Ereignis fand eine Generalprobe statt, weil die gesamte Feierlichkeit vom Fernsehen übertragen wurde. So schleppte ich den großen weißen Karton mit dem Steigerstab einige Tage durch Berlin. Vom IKLK waren weitere Personen zur Mitwirkung bei der Seligsprechung engagiert. Eine Nichte von Karl Leisner, Monika Kaiser-Haas und der IKLK-Vizepräsident Klaus Riße trugen Fürbitten vor, der Theologiestudent und spätere IKLK-Präsident Benedikt Elshoff verlas die Lesung, neben Papst Johannes Paul II. stand Berthold Steeger als Diakon am Altar, Hans-Karl Seeger, damaliger IKLK-Präsident, bekam gemeinsam mit den KZ-Priestern Johannes Sonnenschein und Hermann Scheipers einen Platz zwischen den Bischöfen.
Sieger in Fesseln
Es war beeindruckend, wie Bischof Lettmann aus Münster mit engagierter Stimme und von der Vorlage abweichend, die Vita Karl Leisners vorstellte. Unter den Gottesdienstteilnehmern war auch Schwester Imma Mack, die als junge Klosterschülerin die Dachauer Häftlinge mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgte. Unter dem Decknamen „Mädi“ hatte sie großen Anteil an der heimlichen Priesterweihe von Karl Leisner im KZ Dachau. Auch die Schönstattgemeinschaft nahm mit großer Freude an der Seligsprechung teil. Für die Geschwister Willi, Maria und Elisabeth Leisner war es ein unvergessliches Erlebnis, in der Nähe des Papstaltares die Seligsprechung ihres Bruders als Märtyrer der Kirche erleben zu dürfen.
Papst Johannes Paul II. benutzte beim Segen am Ende der Eucharistiefeier den Bischofsstab des französischen Bischofs Gabriel Piguet. Er weihte Karl Leisner im KZ Dachau. Dieser Bischofsstab trägt die Inschrift: „Victor in Vinculis – Sieger in Fesseln.“ Am Vorabend der Seligsprechung war ein beeindruckender Gottesdienst in St. Matthias in Berlin, in der Pfarrer Hermann Scheipers die Predigt hielt.
Aus der Flandrischen Straße
Zu den zahlreichen Impressionen vor 25 Jahren gehört auch eine Anekdote, die mir im Gedächtnis geblieben ist. Die Geschwister Leisner wurden nach der Seligsprechung vom Papst in den Katakomben des Olympiastadions begrüßt. Johannes Paul II. erkundigte sich nach der Herkunft des neuen Seligen. Und Maria Leisner in ihrer unbekümmerten Art antwortete: „Aus Kleve in der Flandrischen Straße, ganz in der Nähe vom Gymnasium.“
(vatican news)
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