Schweiz: Obergericht schützt Berufung eines Missbrauchsopfers
Im ehemaligen Heim St. Iddazell des Klosters Fischingen (Kanton Thurgau) seien Kinder und Jugendliche Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen geworden. Auch ein heute 65-jähriger Mann, der zwischen 1962 und 1972 im Kinderheim war, sei von einem katholischen Priester missbraucht worden. 2013 habe der Mann Ansprüche auf Entschädigung aus dem Opferhilfegesetz geltend gemacht.
Verjährung noch nicht eingetreten
Wie die Zeitschrift „Beobachter“ am Donnerstag schrieb, müsse nun das Bezirksgericht in Münchwilen erneut prüfen, ob der Mann wegen dieser Taten eine Entschädigung nach Opferhilfegesetz zustehe. Es gehe um einen Betrag von 150.000 Franken – etwa 139.000 Euro – sowie eine Genugtuung von 70.000 Franken (umgerechnet 65.000 Euro), wie es im Urteil des Thurgauer Obergerichts heißt.
Aus Sicht des Bezirksgerichts Münchwilen seien die Ansprüche des Opfers verjährt. Das Obergericht widerspricht: Aus „opferbezogener Perspektive“ erscheine der anspruchsberechtigte Tatbestand erst im Juli 2010 als erfüllt, als der Beschwerdeführer erstmals das legitime Bedürfnis empfand, die Schutzrechte des Opferhilferechts in Anspruch zu nehmen.
„Durchbruch in der Verjährungsfrage“
Das Urteil sei ein Durchbruch in der Verjährungsfrage, sagt der Opferanwalt gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die Kirchen könnten sich nicht länger hinter dem Argument verstecken, die Taten seien verjährt. Das wegweisende Urteil gelte auch für allen anderen Fälle.
Seinem Mandanten stünden zudem Entschädigungen vom Kanton Thurgau zu. Der Anwalt verlangt 1,38 Millionen Franken Schadenersatz. Er wolle sich nun mit dem Thurgauer Regierungsrat an einen Tisch setzen und verhandeln.
(sda/kath.ch – mg)
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