Schweiz: „Ehe für alle“ wirft Fragen auf
Alle 26 Kantone haben die Vorlage am Sonntag angenommen. Am deutlichsten war die Zustimmung im Kanton Basel-Stadt mit 74 Prozent Ja-Stimmen. Am knappsten wurde es im katholisch-geprägten Appenzell Innerrhoden mit einer Zustimmung von 50,8 Prozent.
Innerhalb der katholischen Kirche in der Schweiz gab es vor dem Referendum geteilte Meinungen. Die Bischöfe lehnten die „Ehe für alle“ ab und plädierten stattdessen für Anpassungen der eingetragenen Partnerschaft. Verbände wie der Schweizerische Katholische Frauenbund (SKF) plädierten hingegen für eine Öffnung der Ehe.
Ethische Fragen
Der Bischof von Lugano, Valerio Lazzeri, hatte im Vorfeld der Abstimmung in einem Hirtenbrief zur Abstimmung festgehalten: „Die Konsequenzen einer ,Ehe für alle´ werden nicht nur diejenigen betreffen, die diese Ehe eingehen. Sie werden eine Reihe von ethischen Fragen aufwerfen, die mit dem Ursprung des Lebens und der Würde jedes einzelnen Menschen zusammenhängen und die bisher noch nicht geklärt worden sind.“
Der Sprecher des Basler Bischofs Felix Gmür, Hansruedi Huber, sagte auf Anfrage von kath.ch, es sei zu hoffen, „dass die noch offenen Fragen der Kindsrechte verantwortungsvoll geklärt werden“. Gleichwohl begrüße das Bistum, dass „der Staat die Verbindlichkeit von Beziehungen fördert und deren soziale Absicherung stärkt“.
Deutliches Ja
Nicht für ein Sakrament, aber für einen Segen für alle wirbt Renata Asal-Steger. Sie ist Präsidentin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz: „Das deutliche Ja zur Ehe für alle zeigt, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung und auch der Kirchenmitglieder eine Gleichstellung der gleichgeschlechtlich Liebenden befürwortet“, teilte sie kath.ch mit.
Asal-Steger ist überzeugt: „Auch wenn die katholische Kirche daran festhält, dass eine sakramentale Ehe für sie nicht möglich ist, muss sie Formen entwickeln, die zum Ausdruck bringen, dass auch die verbindlichen Partnerschaften gleichgeschlechtlich Liebender unter dem Segen Gottes stehen.“
Ähnlich äußerte sich die Präsidentin des Zürcher Synodalrates, Franziska Driessen-Reding. „Die ,Ehe für alle` muss für die Kirche auch ,Segen für alle´ bedeuten. Selbstverständlich in guter, seelsorgerlicher Abwägung“, betonte sie.
Es ging um zivilrechtliche Ehe
Gegen die „Ehe für alle“ war auch Gunthard Orglmeister. Der Präsident des Kleinen Landeskirchenrates der römisch-katholischen Landeskirche Uri hat sich als Privatperson zu Wort gemeldet, wie kath.ch berichtet und zitiert ihn: „Ich habe mit einem Ja gerechnet. Ich hätte es lieber anders gehabt, aber ich kann damit leben.“ Konsequenzen für die katholische Kirche sieht Orglmeister keine: „Das Sakrament der Ehe ist eine Frage der Weltkirche. Es ging um die zivilrechtliche Ehe.“
Denn genauer gesagt geht es bei der „Ehe für alle“ nur um die zivilrechtliche Eheschließung, so können künftig mit dem geänderten Gesetz auch gleichgeschlechtliche Paare zivil heiraten. Sie sind damit heterosexuellen Ehepaaren institutionell und rechtlich gleichgestellt. So können sich mit der Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare künftig ausländische Ehepartner erleichtert einbürgern lassen. Gleichgeschlechtliche Ehepaare können zudem gemeinsam ein Kind adoptieren, und lesbische Paare erhalten Zugang zur Samenspende. Der Status der eingetragenen Partnerschaft, der gleichgeschlechtlichen Paaren seit 2007 offensteht, wird somit abgeschafft.
Beifall aus Straßburg
Beifall für das Ergebnis der Abstimmung kam von Europarats-Menschenrechtskommissarin Dunja Mijatovic. Eine Mehrheit von 30 europäischen Staaten erkenne inzwischen in Übereinstimmung mit dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof homosexuelle Paare an, sagte Mijatovic am Montag auf Anfrage in Straßburg. Die Kommissarin rief die übrigen 17 Europarats-Mitgliedstaaten auf, „ihre Rechtsvorschriften anzupassen und allen Paaren unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung denselben gesetzlichen Schutz zu gewähren“.
(pm/kath.ch – mg)
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