Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Papst Franziskus beim interreligiösen Friedenstreffen diesen Oktober in Rom Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und Papst Franziskus beim interreligiösen Friedenstreffen diesen Oktober in Rom 

D: Evangelische Kirche zu Eucharistiefrage: Nicht locker lassen

Der scheidende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, will weiter für eine gemeinsame ökumenische Abendmahlsfeier/Eucharistie von Protestanten und Katholiken kämpfen. Er wolle dies selbst noch erleben, sagte Bedford-Strohm diesen Samstag im Interview mit dem BR.

Das Thema sei ihm in seiner siebenjährigen Amtszeit als Ratsvorsitzender der EKD immer besonders wichtig gewesen, sagte der bayerische Landesbischof im Interview der Woche auf „BR24":

„Für mich ist die Frage des Abendmahls und der Eucharistie schon eine zentrale Frage, weil sie für mich die Verdichtung dessen ist, was erfahrbare kirchliche Gemeinschaft ist, und auch sichtbare Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit. Und diese Sichtbarkeit der Gemeinschaft, die drückt sich eben auch darin aus, dass Menschen da, wo Christus in verdichteter Weise uns begegnet, nämlich im Heiligen Abendmahl, in der Eucharistie, dass wir das gemeinsam halten. Deswegen lasse ich da nicht locker. Ich möchte es selber noch erleben."

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„Abendmahl, Eucharistie, dass wir das gemeinsam halten. Da lasse ich nicht locker. Ich möchte es selbst noch erleben“

Diesen Sonntag beginnt die EKD ihre Synode, bei der auch der oder die NachfolgerIn von Bedford-Strohm gewählt wird. Aufgrund der aktuellen Corona-Lage findet die in Bremen geplante Synode nur digital statt. Im Gespräch mit dem BR erklärte der 61-Jährige Theologe, welche Themen aktuell drängen:

„Ich glaube, dass auf jeden Fall die Frage der Kirchenentwicklung - „wie stellen wir uns als Kirche der Zukunft auf?“ - im Zentrum stehen wird. Und ein wesentlicher Teil dieses Umbaus ist, dass wir noch viel mehr als bisher sehen wollen: Wo leben die Menschen, wie leben die Menschen? Und wie können wir als Kirche dort präsent sein, anstatt zu warten, dass die Leute zur Kirche kommen", warb Bedford-Strohm für  Reformen in der evangelischen Kirche. Die Kirche müsse sich viel mehr als bisher als Gesamtkirche und als Netzwerk verstehen.

Aufarbeitung von Missbrauchsfällen: Unterschiede zur katholischen Kirche

Ein dunkles Kapitel in der Amtszeit Bedford-Strohms ist die Aufarbeitung der Fälle sexueller Gewalt in der evangelischen Kirche in Deutschland. Nachdem die katholische Kirche 2010 vom Missbrauchsskandal erschüttert wurde, hat es noch einmal acht Jahre gedauert, bis sich die evangelische Kirche erstmals systematisch mit dem Thema auseinandersetzte. Es sei für ihn jedoch immer Chefsache gewesen, so Bedford-Strohm:

„Wir haben keinen Zölibat, wir haben auch nicht die hierarchische Struktur wie in der katholischen Kirche. Deswegen sind es andere Faktoren“

„Das ist nur kein großes öffentliches Thema gewesen. Wir waren da lange am Ball. Auch in den Fällen, die uns bekannt waren, haben wir uns natürlich intensiv um das Thema gekümmert. Es gab keine breite Studie in ganz Deutschland, um herauszufinden, wie breit ist das Ausmaß und vor allem was sind die Faktoren, die das begünstigen? Die sind in der evangelischen Kirche eben andere als in der katholischen Kirche. Wir haben keinen Zölibat, wir haben auch nicht die hierarchische Struktur wie in der katholischen Kirche. Deswegen sind es andere Faktoren."

„Seit Jahrzehnten ein zentrales Thema“

Oft sei es beispielsweise eine „starke Kumpel-Kultur" die Grenzüberschreitungen ermögliche, „weil Leute die Distanz nicht wahren". Da könne es „sogar zu schlimmer sexualisierter Gewalt kommen", so Bedford-Strohm. Um dagegen vorzugehen, arbeite die evangelische Kirche daran, die Mechanismen zu verstehen und Risikofaktoren zu erkennen, um diese Ergebnisse dann in der Präventionsarbeit umsetzen. Der bayerische Landesbischof weiß um die Auwirkungen sexueller Gewalt auch deshalb, weil seine Frau als Psychotherapeutin seit 30 Jahren mit Missbrauchsopfern arbeitet. Das sei daher „seit Jahrzehnten ein zentrales Thema". Dennoch mache er sich auch Gedanken darüber, was er noch besser hätte machen können, so der scheidende Ratsvorsitzende der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, im Interview mit dem BR. 

(br-sst)

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06. November 2021, 12:41