D: Quo vadis, islamische Theologie?
Michael Hermann - Stuttgart
„Dieses junge Fach kämpft eindeutig auch noch um Anerkennung und um Professionalisierung, ist dabei aber sehr rege und aktiv.“ Das sagt Jörg Imran Schröter, der islamische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe lehrt. Die verschiedenen Aktivitäten an den islamisch-theologischen Abteilungen würden immer besser vernetzt, erläutert Schröter, der als junger Mann zum Islam konvertierte.
Auch nach Auffassung von Mathias Rohe von der Universität Erlangen-Nürnberg ist es beachtlich, wie viel die islamische Theologie an deutschen Hochschulen erreicht hat.
„Hochinteressante neue Fragestellungen“
„Wir werden mittlerweile europaweit und sogar weltweit beobachtet. Was wirklich neu ist, ist die Entwicklung einer Theologie in einem säkularen Rahmen, wo Religion keinen Herrschaftsanspruch formulieren kann. Das heißt: Man kann in wissenschaftlicher Freiheit und in der nötigen Pluralität über religiöse Fragen diskutieren und Religion auch kritisch ansehen, kritische Fragen nach innen stellen. Auch das gehört, denke ich, zu einer soliden Theologie. Und genau das passiert.“
Veränderungen stellt Rohe auch hinsichtlich der Nachwuchswissenschaftler fest:
„Da kommen jetzt Leute, die sozialisiert, aufgewachsen sind in einer Gesellschaft, die demokratischen, rechtsstaatlichen Prinzipien folgt. Und die können in diesem freiheitlichen Rahmen auf einmal religiöse Debatten führen, die man in Saudi-Arabien oder im Iran nie führen könnte. Da entstehen hochinteressante neue Fragestellungen, die die Gesellschaft auch als Ganzes betreffen. Wo wollen wir hin mit der Bewahrung der Schöpfung, Thema Klimawandel - das wird jetzt auch unter dem Stichwort Öko-Islam diskutiert. Auf hohem intellektuellen Niveau bekommen wir jetzt eine neue Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die wirklich authentisch, aber auf sehr, sehr hohem Niveau Antworten geben können auf die Anfagen, die die muslimische Bevölkerung stellt.“
Die islamische Theologie in Deutschland, sagt Jörg Imran Schröter, muss weiter ihre Position schärfen und sich von der Islamwissenschaft als einem Fach, das die Dinge vor allem durch die Brille der Orientalistik sieht, emanzipieren.
„Teilweise hatte ich persönlich das Gefühl, dass diese islamische Theologie hinüber zu rutschen droht in eine Art reine sozialwissenschaftliche empirische Forschung, weil man natürlich dort andocken möchte und auch mit klaren Zahlen und klaren wissenschaftlichen Vorgehensweisen kommen möchte. Aber auch die philologische Auseinandersetzung mit der islamischen Theologie findet, wie ich finde, in großartiger Weise an eigentlich allen Standorten statt, die inzwischen Rang und Namen haben wie Münster, Osnabrück, Tübingen selbstverständlich auch, und die anderen.“
„Was wir bislang haben, ist zum Teil fürchterlich, zum Beispiel im Internet“
Mathias Rohe erhofft sich, dass es der islamischen Theologie in Deutschland gelingen wird, sich auch im öffentlichen Diskurs Gehör zu verschaffen:
„Was wir bislang haben, ist zum Teil fürchterlich, insbesondere im Internet. Wem man schaut, was da alles unterwegs ist an in Anführungszeichen islamischer Belehrung. Das ist eine einzige Katastrophe. Und wenn die Macht von Scheich Google etwas gebrochen wird und durch seriöse, authentische Stimmen ersetzt wird, dann können wir alle nur froh darüber sein.“
(vatican news)
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