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Schweiz: Nuntius Krebs ruft zu Vertrauen und Demut auf

Der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis hat das diplomatische Corps empfangen. Am Neujahrsempfang sprach traditionell auch der Nuntius. Erzbischof Martin Krebs erinnerte an die Folgen der Corona-Pandemie.

Erzbischof Martin Krebs (65) ist seit Mai in Bern und vertritt von hier aus die Interessen des Heiligen Stuhls in der Schweiz und in Liechtenstein. Am Mittwoch hielt er seine erste Neujahrs-Ansprache in Bern als Sprecher des diplomatischen Corps – und zwar beim Neujahrsempfang von Bundespräsident Ignazio Cassis. Hierzu sind traditionell alle akkreditierten Diplomatinnen und Diplomaten eingeladen.

Von Joannes Kepler in die Gegenwart

 

Krebs erinnerte in seiner Ansprache im Bundeshaus an den Physiker Johannes Kepler, der vor 450 Jahren geboren wurde: am 27. Dezember 1571. Keplers mathematischer Beweis für das heliozentrische Weltbild sei damals auf erbitterten Widerstand gestoßen.

Damit spann Krebs den Bogen zur Corona-Pandemie: „Wie zu Keplers Zeiten treffen auch heute neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf alte Denk- und Lebensgewohnheiten. Viele Menschen wünschen sich nichts sehnlicher als Stabilität, übersehen aber manchmal, dass es in der Geschichte keine Stabilität ohne Zeiten tiefgreifender Veränderungen gibt“, sagte Krebs laut Redemanuskript.

Klimawandel und Regulierung der Finanzmärkte

Umso wichtiger sei Vertrauen – auch mit Blick auf andere Herausforderungen: „Der Kampf gegen die Auswirkungen des Klimawandels, die Bewältigung von Migrationsbewegungen, die Regulierung der Finanzmärkte, die Bekämpfung der internationalen Kriminalität und andere Politikfelder erfordern, dass die politischen Entscheidungsträger Vertrauen zu den Bürgern aufbauen, die keine Experten auf diesen Gebieten sind, sagte Krebs.

Er appellierte an Vertrauen in die Wissenschaft: „Was wird mit den Ergebnissen der pharmazeutischen Forschung geschehen? Das Misstrauen gegenüber den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung ist eine Grundvoraussetzung für wissenschaftliches Denken: Es muss immer möglich sein, Ergebnisse zu verbessern oder zu korrigieren“, sagte Krebs. Allerdings gebe es „derzeit keine besseren Ergebnisse als diejenigen, die von den beauftragten Stellen der Behörden anerkannt werden“.

Folgen der Corona-Pandemie

Zugleich rief der Nuntius zu Demut auf. „Der Ausbruch der Corona-Krise erforderte auch, dass wir uns von einem unbegründeten Stolz befreien“, sagte Krebs. „Für viele Menschen ist es nicht leicht, sich einzugestehen, wie verwundbar wir sind.“

Der Nuntius erinnerte daran, dass die Pandemie „unsere sozialen Strukturen und unser Privatleben nachhaltig gestört“ habe. „Viele Menschen sind in Not und Elend geraten, die Krankheit hat zu vielen Menschen das Leben geraubt und wird dies auch weiterhin tun, während die soziale Polarisierung weiter zunimmt.“

Allmachtsphantasien obsolet

Auch zitierte Krebs ein „schönes ironisches Sprichwort“, wie er sagte: „Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, erzähle ihm von deinen Plänen.“ Der Autor dieses Sprichworts stelle sich vor, dass Gott lache, „vielleicht um nicht sagen zu müssen, dass der Mensch weint, wenn seine Wünsche nicht erfüllt werden. Die Realität wehrt sich dagegen, sich unseren Wünschen zu unterwerfen.“

Trotz enormer technischer Möglichkeiten seien Allmachtsphantasien obsolet: „Werden wir in Zukunft, auch nach der Krise, mit der von der Realität geforderten Demut handeln?“, fragte Krebs.

Die Sonderstellung des Nuntius

Traditionell steht der Nuntius dem diplomatischen Corps vor. „Er vertritt in dieser Funktion jeweils die Anliegen des diplomatischen Corps gegenüber der Regierung des Gastlandes und steht in der Rangordnung der Diplomatinnen und Diplomaten an erster Stelle“, schreibt das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf seiner Website. „Am Neujahrsempfang überbringt der Nuntius in seiner Ansprache dem Bundespräsidenten bzw. der Bundespräsidentin die Glückwünsche des diplomatischen Corps.“

(kath.ch – mg)

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12. Januar 2022, 19:55