Unser Sonntag: Das Hochzeitsmahl als Ziel
Prof. Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz
Joh 2,1-11
Wie rasch führt uns das eben geborene Kind in sein Erwachsenenalter! Nach dem Besuch der Sterndeuter bei dem Knaben werden wir in einer einzigen Woche über 30 Jahre geführt: Schon wurde die Taufe des Mannes gefeiert. 30 Jahre voller Geheimnis werden übersprungen; gerne wüßten wir mehr davon, aber sie sind nicht für uns und nicht für die Neugier bestimmt.
Die Stille des Hauses von Nazareth bleibt still. Aber nach der Taufe geht es rasch, Schlag auf Schlag; in drei Jahren muß das Neue, das Unerhörte verstanden sein. Und im ersten Jahr , als Jesus in die Öffentlichkeit tritt, scheint es auch ein rascher Siegeszug zu werden.
Das Neue beginnt mit dem Fest aller Feste: einer Hochzeit. Aber sie trägt den kleinen Makel alles Irdischen: Genug ist nicht genug. Irgendwer hat nicht richtig vorgesorgt: Der Wein geht aus. Aber auf Bitten der Mutter (was weiß sie von ihm?) wandelt der Gast das reichlich vorhandene Wasser, er wandelt die bäuerliche Feier ins aufblitzend Große: in das endgültige Fest von unfaßlicher Fülle. Die frühe Kirche hat in dem Doppelanfang von Taufe und Weinwunder das herrliche Aufreißen des Himmels über der Erde gesehen.
Der Auftakt: Wasser wird Wein
Wie grämlich nehmen sich daneben die religionskritischen Verdächtigungen aus: Die Lehre Christi sei traurig und weltflüchtig. Ja, es gibt die erschütternden Stellen der Trauer Christi, die sich zum Leiden am Vergeblichen verdichtet. Aber unterfangen, durchstrahlt ist sein Dasein von dem Auftakt: Wasser wird Wein. Und diese Ouvertüre ist ja überdies angekündigt als Finale. Unser Alltag stolpert zwar schweren Fußes und gedankenlos durch die Zeit, aber das Evangelium hat das Ziel unbeirrbar im Auge: ein Hochzeitsmahl.
Später handeln einige der herrlichen Gleichnisse Jesu von Hochzeit, eines davon führt die klugen und die törichten Jungfrauen vor (Mt 25). Wach sollen sie (und wir) warten auf den Bräutigam. Alles tun im aufschimmernden Licht des Einen, Herrlichen. Aber leben wir Halbtoten, Ängstlichen, auf sein Kommen hin? Nicht auf die automatische Zukunft, sondern auf die Zukunft, die von ihm zu uns herläuft, die wie „eine lange, sonnenbeschienene Welle, ein Smaragdbogen mit einer Schaumkrone, neun Fuß hoch herangerauscht kommt“? (C. S. Lewis) Mit dem Geschmack des vollen Abenteuers, das Leben heißt. Darauf warten sie, die klugen Jungfrauen.
Jungfräulichkeit im Christentum ist Freiheitserfahrung
Einer hochsexualisierten Welt ist Warten auf den einen Bräutigam schwer zu vermitteln. Aber Jungfräulichkeit im Christentum ist zuallererst Freiheitserfahrung: niemandem unterworfen sein, auch nicht dem eigenen Trieb, unabhängig sein von sexuellen Zwängen und Vernutzung als Spielzeug.
Wie rettet sich eine solche Jungfrau vor dem Steril-Altjüngferlichen?
Sie flammt auf, sofort, wenn es Hoch-Zeit ist. Sie sammelt das Öl nicht aus Sparsamkeit, sondern aus Freude am Sich-Verbrennen. Ihr Öl macht hell, es riecht angenehm, es wärmt. Jemandem gehören, dem endgültig Geliebten, das ist richtig schön. Aber die Törichten wollen sich Hingabe mit Geld besorgen. Spannung läßt sich aber nicht kaufen, auch nicht ausleihen. Meine Sehnsucht, den Schlag meines Herzens kann ich nicht borgen. Das strahlende, duftende Feuer der Liebe brennt nur mit dem eigenen Öl, das sich in meinem Leben, meinem Warten, meiner Sehnsucht angesammelt hat.
Wein wird Blut
In Kana wird der Blick schon auf das endgültige Hochzeitsmahl geworfen. Schon hat sich das dörfliche Haus zum überirdischen Festsaal geöffnet. Auch der Gast öffnet sich: Plötzlich ist der Unauffällige der wirkliche Bräutigam. Heute wandelt er Wasser, drei Jahre später wird er Wein wandeln: in sein eigenes Blut. Es ist der letzte Trank, den er anzubieten hat, über alles Begreifen hinaus. Aber in Kana fängt das Unbegreifliche schon an: das Atemholen, die große Freude, der mächtige Flügelschlag. Man kann ihn auch persönlich anrufen: „Du festlicher Anfang, Du strömender Reichtum…“
(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)
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