Ukrainische Soldaten an der Grenze zu Russland Ukrainische Soldaten an der Grenze zu Russland 

D: Renovabis warnt vor Krieg in der Ukraine

Der US-Präsident schließt einen Evakuierungseinsatz in der Ukraine aus. Sollten Russen und Amerikaner aufeinander schießen, drohe laut Biden ein Weltkrieg. Der Ukraine-Konflikt bereitet der Politik große Sorgen. Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz sieht die Situation am Rande eines Krieges mitten in Europa und ruft zum Gebet während der Münchner Sicherheitskonferenz auf. Das sagt er im Gespräch mit dem Kölner Domradio.

DOMRADIO.DE: Wie bewerten Sie die aktuelle Situation in Hinblick auf das Militärmanöver am Donnerstag?

Pfr. Prof. Dr. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer Renovabis): Der Beginn der gestrigen Militärübungen, wie dies genannt wird, ist noch einmal eine Steigerung in dieser eh schon seit Wochen sehr angespannten Situation. Die Warnung des amerikanischen Präsidenten ist nicht unbegründet. Wir stehen wirklich am Rande und an der Kante eines Krieges mitten in Europa.

Hier das Interview mit Renovabis-Geschäftsführer Pfr. Thomas Schwartz

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat die Ukraine denn in diesem Moment zwischen West und Ost?

Schwartz: Die Ukraine ist seit ihrer Gründung eigentlich immer ein Nahtgebiet gewesen, in dem sich verschiedenste Kulturen miteinander begegnen können. Im Westen war eine eher römisch-katholisch, polnisch, westeuropäische Kultur lange Zeit vorherrschend. Es gehörte ja früher zum österreichisch-ungarischen Kaiserreich.

Im Osten haben wir dann die eher russisch geprägte Situation. In diesem Land treten die Konflikte zwischen den jeweiligen Herrschaftsimperien - können wir es mal ganz allgemein sagen - immer wieder zutage. Tatsächlich werden sie wie in einem Fokus gesehen. Und das macht das Ganze auch manchmal unübersichtlich zum einen und höchst gefährlich zum anderen.

„Man kann in der Ukraine schlechterdings nicht für die Souveränität des eigenen Landes Stellung beziehen, ohne gleichzeitig auch zur Kirche Stellung zu beziehen, die dort letztlich vorherrschend ist.“

DOMRADIO.DE: Wir haben in dem Zusammenhang auch schon mit Bischof Bohdan Dzyurakh gesprochen im DOMRADIO. Er ist Apostolischer Exarch für die ukrainischen griechisch-katholischen Christen in Deutschland und Skandinavien und hat sich in Sorge bezüglich der Ökumene in seinem Land gezeigt. Wie sehen Sie das?

Schwartz: Das ist insofern ein großes Problem, weil der ganze Konflikt auch die Kirchen nationalisiert. Man kann in der Ukraine schlechterdings nicht für die Souveränität des eigenen Landes Stellung beziehen, ohne gleichzeitig auch zur Kirche Stellung zu beziehen, die dort letztlich vorherrschend ist.

Man hat ja vor ein, zwei Jahren eine Trennung in der Orthodoxie zwischen dem Moskauer Patriarchat und einer autokephalen, also einer selbstständigen orthodoxen Kirche wahrgenommen. Und diese Spannung, die sich zwischen diesen beiden orthodoxen Kirchen jetzt kundtut, hat natürlich auch ihre Auswirkungen auf das Miteinander der anderen kirchlichen Konfessionen, sodass das Ganze tatsächlich auch in kirchlicher Weise - da hat Bischof Dzyurakh völlig recht - im Augenblick Gespräche fast unmöglich macht.

DOMRADIO.DE: Wie kann das Hilfswerk Renovabis den Menschen vor Ort aktuell helfen? Was tun Sie?

Schwartz: Wir haben in der Ukraine drei verschiedene Probleme. Einerseits haben wir dort seit acht Jahren einen Kriegszustand mit über anderthalb Millionen Binnenflüchtlingen. Dort hat Renovabis schon in den letzten Jahren über 20 Millionen Euro an humanitärer und pastoraler Hilfe gegeben, um diese Not lindern zu können, die es dort in ganz vielen Bereichen gibt: im Gesundheitswesen, im Bildungswesen, im Sozialsystem.

Die Ressourcen, die durch den Krieg natürlich auch aufgefressen werden, fehlen bei der Entwicklung der Menschen hin zu einer guten und uns bekannten Gesellschaft, wie wir sie im Westen haben.

„Denn die Kinder sind oft diejenigen, die am meisten unter solchen gesellschaftlichen Stresssituationen leiden und die am wenigsten wahrgenommen werden.“

Darüber hinaus ist ein großer Stress bei den Kindern, bei der jungen Bevölkerung zu sehen. Auch da versucht Renovabis in vielen Projekten, bei denen wir psychosoziale Betreuung zusammen mit der Caritas in der Ukraine anbieten, Hilfestellung zu geben. Denn die Kinder sind oft diejenigen, die am meisten unter solchen gesellschaftlichen Stresssituationen leiden und die am wenigsten wahrgenommen werden.

Auch da wollen wir helfen und unterstützen unsere Partner; nicht nur materiell, sondern auch mit unserer Expertise, mit Rat und Tat.

DOMRADIO.DE: Jetzt plant Renovabis ein bundesweites Friedensgebet. Anlass ist die Münchner Sicherheitskonferenz, die vom 18. bis 20. Februar stattfinden soll. Wie soll das aussehen und was wollen Sie damit bewirken?

Schwartz: Wenn die Politik gute Worte findet, aber viele Dinge nicht anders zu leisten vermag als das Gespräch zu ermöglichen, so ist das, was die Christen neben unserer materiellen Hilfe tun können, das Gebet. Was bietet sich als Gelegenheit besser für die Menschen in der Ukraine und dort in dieser wirklich aufgeladenen Spannungssituation an zu tun, als miteinander, füreinander zu beten und auf diese Weise das Ganze auch ökumenisch zu gestalten?

Etwas, was wir - zumal in Deutschland - ja Gott sei Dank gut können: miteinander zu beten, damit diese Spannung nicht zu einem Krieg führt, von dem ja auch schon der heilige Johannes Paul II. immer gesagt hat: "Krieg ist ein Abenteuer ohne Rückkehr". Wir dürfen das nicht zulassen und nachdem wir keine anderen Waffen haben, aber auch keine stärkeren als Christen zur Verfügung haben als die Waffen des Gebetes, haben wir uns gedacht, dass es gut ist, wenn wir am 18. Februar in ganz Deutschland für die Deeskalation, für den Frieden beten.

Man kann auch eine Andacht bei uns auf unserer Homepage renovabis.de runterladen, wenn man selbst nicht weiß, wie man das tun soll. Wir haben da auch Möglichkeiten und Gottesdiensthilfen hochgeladen. Das ist auch eine Möglichkeit und wir bitten, sich das zur eigenen Sache zu machen.

Das Interview führte Katharina Geiger.

(domradio – mg)

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11. Februar 2022, 13:45