Deutschland: Kritik an geplantem Aus für Abtreibung-Werbeverbot
Eine Abschaffung der bestehenden Regelung verschiebt auch nach Ansicht des „Kolpingwerks Deutschland“ die Prioritäten zu Ungunsten des ungeborenen Lebens. Der Kolping-Bundesvorstand forderte insbesondere eine flächendeckend sichergestellte Beratung betroffener Frauen sowie eine den Bedürfnissen der Betroffenen entsprechende Versorgungslage, etwa für ungewollt Schwangere. Hier sieht Kolping die Regierungskoalition in der Pflicht, die Beratungsangebote dauerhaft rechtlich abzusichern und für die Beratungsstellen beste Rahmenbedingungen zu schaffen. Zielsetzung muss es nach Ansicht des katholischen Sozialverbandes außerdem sein, professionelle medizinische Beratung deutlich von Werbung abzugrenzen. Der Schwangerschaftsabbruch dürfe nicht als normale medizinische Dienst- und Regelleistung betrachtet werden.
Paragraf 219a im deutschen Strafgesetzbuch untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Als Strafmaß bei Zuwiderhandlung drohen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren. SPD, Grüne und FDP hatten sich bereits in ihrem Koalitionsvertrag auf die Streichung verständigt. In der vergangenen Legislaturperiode war der Paragraf reformiert und leicht gelockert worden. Die Union hatte sich gegen eine Streichung ausgesprochen.
Parlamentsbeschluss absehbar
Eine Mehrheit für die Streichung des Paragrafen im Bundestag gilt als sicher. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte am Mittwoch erklärt, mit dem Gesetzentwurf gehe die Regierung einen „wichtigen Schritt für die Selbstbestimmung der Frauen in Deutschland“. Frauen sollten sich über Methoden und mögliche Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs „bestmöglich informieren können“. Dazu sollten ihnen alle Wege offenstehen. Er betonte zugleich, dass gegen „anpreisende und anstößige Werbung für Schwangerschaftsabbrüche" andere Rechtsnormen in Kraft blieben. Auch am geltenden Schutz ungeborenen Lebens ändere sich nichts.
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) erklärte dazu, es werde „endlich Realität, was längst überfällig war“. Mit der Streichung des Paragrafen 219a werde das Selbstbestimmungsrecht von Frauen nachhaltig gestärkt. Spiegel betonte zudem, dass der Kabinettsbeschluss ein erster wichtiger Schritt sei, um die reproduktiven Rechte der Frauen zu stärken. Sie kündigte an, in dieser Legislatur eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung einzusetzen, „um diese komplexen Fragen zu klären“. Die selbstbestimmte Familienplanung sei ein Menschenrecht.
Dagegen erklärte der rechtspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), dass Frauen, die ungewollt schwanger geworden seien, mit einer Streichung des Paragrafen 219a nicht geholfen sei. Vielmehr werde dadurch die grundrechtliche Verpflichtung des Staates, auch das ungeborene menschliche Leben zu schützen, missachtet. Er betonte, es gebe heute bereits umfangreiche Informationsmöglichkeiten für die betroffenen Frauen. Wer wirklich helfen wolle, müsse die unabhängigen Beratungsstellen stärken. Auch die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch sprach sich gegen die Streichung aus.
Anhaltende Kritik aus Kirchen
Die katholische und evangelische Kirche kritisieren die geplante Streichung des Paragrafen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, betonte etwa im Jänner, die Streichung nehme den Schutz des ungeborenen Lebens zurück und könnten „nicht für sich in Anspruch nehmen, fortschrittlich und modern zu sein“. Der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Dutzmann, mahnte ebenfalls zum Festhalten an der derzeitigen Regelung. Diese berücksichtige bereits sowohl den Schutz des ungeborenen Lebens als auch die möglichen Konfliktlagen von Schwangeren.
(kna-skr)
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