„Keine generelle Ablehnung des Synodalen Wegs durch den Papst“
Kohlgraf ist am 20. Januar von Franziskus in Audienz empfangen worden und hat mit ihm auch über den kirchlichen Reformprozess in Deutschland gesprochen. Franziskus habe ja selbst einen weltweiten Synodalen Weg in Gang gesetzt, so der Mainzer Bischof: „Er geht damit auch das Risiko ein, dass in der Weltkirche Themen auf den Tisch kommen, die er jetzt auch noch nicht kalkulieren kann.“
Angesprochen auf kolportierte Äußerungen des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki sagte Kohlgraf über den Papst: „Ich bin einem sehr offenen, aufmerksamen Menschen begegnet“. Woelki soll in einer internen Sitzung Franziskus als „alten Mann“ und „realitätsfremd“ beschrieben haben.
Unglücklich über „Schwebezustand“ im Erzbistum Köln
Unzufrieden zeigte sich der Mainzer Bischof über die derzeitige Lage im Erzbistum Köln, aus dem er stammt: „Der jetzt herrschende Schwebezustand macht es für alle nicht leicht, mit der Situation umzugehen. Rom müsste schneller und transparenter Klarheit schaffen, denn die Arbeit im Erzbistum Köln muss ja verlässlich gestaltet werden können.“
In der Erzdiözese Köln hat vor allem die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen zu einer Vertrauenskrise geführt. Woelki ging vergangenen Oktober in eine Auszeit. Bei seiner Rückkehr am Aschermittwoch wurde bekannt, dass der Kardinal dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. Zugleich warb Woelki um einen Neuanfang und eine zweite Chance. Über das Rücktrittsangebot muss Franziskus noch entscheiden.
In dem Interview drückt Kohlgraf auch die Hoffnung auf eine größere künftige Rolle von Frauen in der Kirche aus. „Ich glaube, dass sich gerade in den Ämtern der Seelsorgerinnen, der Pastoralreferentinnen und der Gemeindereferentinnen erhebliche neue Chancen auftun. Dass man Leitungen und Verantwortung in der Kirche teilt, sind durchaus neue Gedanken.“
Die Debatte über Priesterinnen wird aus seiner Sicht weitergehen, er rechne nicht „mit zu schnellen Lösungen“. „Ich bin gespannt, ob dieses Thema nicht auch aus anderen Teilen der Weltkirche kommt.“
„Keine Anbiederung“
Dass er unlängst zwei Beauftragte für eine „queersensible Seelsorge“ in seinem Bistum ernannt hat, ist nach Bischof Kohlgrafs Worten „keine Anbiederung“ an den Zeitgeist. „Es geht nicht darum, jede Mode mitzumachen. Menschen ernstzunehmen, wertzuschätzen, zu begleiten, kann nicht eine Modeerscheinung in der Kirche sein, das ist ihr Kernauftrag.“
(vrm – sk)
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