Neuer Kapuziner-Provinzial: „Herausforderung, Dinge neu zu denken“
Bruder Helmut Rakowski wurde auf dem Provinzkapitel in Münster im Juni zum neuen Provinzial der deutschen Kapuziner-Provinz gewählt und ist somit für die Kapuziner in Deutschland und den Niederlanden zuständig. Im Vatikan ist er ein alter Bekannter: Fünf Jahre lang arbeitete er am ehemaligen Rat für die Neuevangelisierung, zuvor war er in Rom am Generalat zehn Jahre lang für die Missionsaktivitäten der Kapuziner zuständig. Bei dem Provinzkapitel in Münster Ende Juni wurden die Weichen für die kommenden Jahre gestellt und eine Neuausrichtung angekündigt. Das bedeute letztlich, „mit leichtem Gepäck weiterzugehen“, präzisiert Bruder Helmut.
„Das heißt, wir dürfen unsere weniger werdenden Kräfte, ob jetzt mit Blick auf das Personal oder auch auf die Finanzen, nicht mehr für Strukturen, Häuser, Einrichtungen gebrauchen müssen. Vielmehr müssen wir Freiräume schaffen, damit wir dann auch in der Seelsorge, im Dienst, am Nächsten, in den sozialen Aufgaben, in der Begegnung mit den Menschen frei sind.“ Dies könne unter Umständen auch eine Verkleinerung mit sich bringen, also die Entscheidung, große Häuser aufzugeben, die bislang von weniger werdenden Kapuzinern bewohnt wurden.
Doch darin liege auch eine Chance, unterstreicht der Provinzial: „Die Chancen liegen eigentlich darin, dass wir uns dann nicht mehr damit beschäftigen müssen, wer beispielsweise die Flure putzt, wann endlich das undichte Dach gedeckt wird, und wie die Erhaltung dieses Gebäudes finanziert werden kann… Das bündelt die vorhandenen Kräfte an manchen Orten zu sehr.“
Diese „Verschlankung“ ermögliche es den Brüdern deshalb perspektivisch auch, „ihr eigentliches Charisma“ leben zu können, meint Bruder Helmut. Denn viele Ordensmitglieder seien „gerne Seelsorger“ und „sozial aktiv“.
Befreit von den Aufgaben, die die Verwaltung von Ordenshäusern mit sich bringt, könnten diese Berufungen wieder mehr gelebt werden – abgesehen davon, dass viele der Häuser gar nicht im Besitz der der Kapuziner seien, gibt der Provinzial Einblick in die betriebswirtschaftlichen Erwägungen: „Und da macht es für uns natürlich auch keinen Sinn mehr, jetzt noch vorhandene Mittel, die wir dann für die Versorgung unserer alten Mitbrüder brauchen werden, in Klöster zu investieren, die wir dann in einigen Jahren vielleicht auch gar nicht mehr besetzen können.“
An dieser Stelle überlege man auch, ob es Kooperationsmöglichkeiten gebe wie in München, wo auf dem Gelände des alten Kapuzinerklosters mittlerweile die katholische Journalistenschule ifp untergebracht ist: „Und die Brüder leben mit sechs Personen nebenan, direkt im ehemaligen Pfarrhaus. Und das ist, glaube ich, eine sehr gute Möglichkeit für uns, dass wir an diesem Ort weiter sein konnten und weiter sein können und uns da auch in der entsprechenden Größenordnung befinden.“
Bei seinen neuen Aufgaben kann Bruder Helmut, der schon zuvor als stellvertretender Provinzial und derzeit auch noch als Geistlicher Direktor des ifp wirkte, auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Acht Jahre lang war er als Seelsorger bei einer indigenen Gemeinde in den Bergen Süd-Mexikos tätig, danach zehn Jahre in Rom für die missionarischen Aktivitäten der Kapuziner weltweit zuständig.
„Ich habe gelernt, in meinem Leben Grenzen zu überschreiten, wahrzunehmen, dass das, was ich bislang kannte, nicht alles ist“, zeigt sich Bruder Helmut dankbar für die Erfahrungen.
„Als ich das erste Mal mit knapp 30 nach Mexiko gegangen bin und dann auch noch in eine indigene Gemeinde in den Bergen, da habe ich dann schon gemerkt, das ist ganz anders, als ich das gewohnt bin und habe gelernt, Dinge zu akzeptieren, die anders sind. Und das war dann auch in dem missionarischen Dienst weltweit für die Kapuziner eine Erfahrung. Ich habe so viele Orte und so viele verschiedene Lebensformen, Lebensweisen erlebt. Und ich habe immer wieder gesehen: ,Ach, das ist anders, als ich es kenne. Aber es ist auch katholisch, es ist christlich, es ist gelebter Glaube. Und das hilft mir, glaube ich, auch heute, wenn wir nachdenken, muss alles beim Alten bleiben oder gibt es neue Wege? Gibt es neue Möglichkeiten?“
Seine anschließende Arbeit im Vatikan am damaligen Rat für Neuevangelisierung (mittlerweile ist der Rat ins neue Dikasterium für Evangelisierung integriert worden) habe den Horizont nochmals geweitet und ihm wertvolle Kontakte weltweit beschert, meint Bruder Helmut. Ordensleute seien „überall ein wichtiger Beitrag zur Evangelisierung“, was auch für Deutschland gelte. Ein besonderes Anliegen sei es ihm jedenfalls, auch in den Vatikan zu vermitteln, dass die „Situation der katholischen Kirche in Deutschland“ Veränderungen erforderlich mache. „Das ist, glaube ich, ganz herausragend und wichtig. Die Art, wie wir mit den Menschen umgehen, die Art, wie wir das Evangelium verkünden.“
Kirche in Deutschland braucht Veränderungen
Die Kapuziner als Ordensgemeinschaft seien immer schon nahe an den Menschen gewesen, und das sei etwas, „was unsere Zeit und gerade die Kirche hier in Deutschland auch ganz gut braucht“, meint der Provinzial, der auch einer der 2016 durch den Papst ausgesandten „Missionare der Barmherzigkeit“ ist. Dieser Dienst werde in Deutschland zwar nicht häufig nachgefragt, aber es sei andererseits beeindruckend, dass Menschen teils weite Wege auf sich nähmen, um diese „explizite Zusage“ der Gottesvergebung für sich in Anspruch zu nehmen.
Positive Entwicklung: Laien in der Führung
Besonders erfreut zeigt sich Bruder Helmut im Namen seiner Ordensgemeinschaft über die Entscheidung des Papstes, dass auch Laienbrüder künftig Ordensgemeinschaften leiten können. Dies sei eine Forderung, die die Kapuziner – neben anderen Orden – bereits seit über 20 Jahren an die verschiedenen Päpste gerichtet hätten. Schießlich stehe es schon lange in den Ordens-Konstitutionen, dass auch Nichtpriester Leitungsaufgaben übernehmen können, betont der Provinzial. „Das war kirchenrechtlich aber noch nicht möglich. Es wurde manchmal vom Apostolischen Stuhl als Gnade gewährt. Und wir sind jetzt froh, dass der Papst das tatsächlich als reale Möglichkeit sieht, dass es kein Zugeständnis mehr ist im Einzelfall.“
Er selbst freue sich im Rahmen seiner neuen Rolle vor allem auf die intensiveren Begegnungen mit den Mitbrüdern, die er auf ihrem Weg unterstützen müsse, meint Bruder Helmut, der die Chance einer Neuaufstellung durchaus zu schätzen weiß: „Es ist unbequem und nicht jeder freut sich erst einmal darüber, aber es ist eine große Chance, dass wir gerade herausgefordert sind, Dinge neu zu denken und neu zu machen. Und ich glaube, wir werden da Wege finden und darauf freue ich mich.“
(vatican news - cs)
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