Ordensfrau: „So lange ringen und beten, bis Lösung gefunden ist“
„Dieses hierarchische Machtverständnis der katholischen Kirche ist in bestimmten historischen Phasen gewachsen. In der frühen Kirche war das anders", sagte Kohlhaas in einem nun veröffentlichten Interview der Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen. Die Ordensfrau argumentierte auch mit der Bibel: Ein kirchliches Machtgefälle „bringt man vom Evangelium her nicht zusammen mit Stellen, wo Jesus sagt: 'Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein'." Sie glaube nicht, dass aus der Perspektive von Jesus „die Kombination von Priestertum mit Macht grundlegend ist", so die Benediktinerin.
Kohlhaas hat jüngst ein Buch mit dem Titel „Die neue Kunst des Leitens" vorgelegt und wirkt auch als Coach. Zwölf Jahre lang leitete sie als Priorin die Benediktinerinnen-Gemeinschaft in Köln. Der am Ende der Antike gegründete Benediktinerorden sei ein Zusammenschluss selbstständiger Einheiten, die Gemeinschaften von Frauen wie auch Männern würden geleitet von „geistlichen Leitungspersönlichkeiten ohne Macht", wie die Ordensfrau sagte. Sie selbst sei 2010 als Priorin demokratisch gewählt worden: „Das ist bei uns völlig normal. Wenn Menschen das hören, sind sie oft erstaunt darüber, dass bei uns Pflicht ist, was bei Bischöfen unvorstellbar ist."
Ein echter spiritueller Gehorsam habe aus ihrer Sicht „zu tun mit Achtsamkeit, mit Hören, mit Antwortgeben auf das, was jeden Augenblick geschieht". Insofern halte sie den Synodalen Prozess, bei dem der Papst auf Zuhören und Dialog miteinander setzt, für „den einzig möglichen" Weg. Im Vorbereitungspapier für die Weltsynode 2023 schrieb Franziskus, wie Kohlhaas erinnerte, „dass es in der Kirche beides gibt, das Vertikale - von oben nach unten - und das Horizontale - auf einer Ebene".
Je wichtiger das Thema, desto wichtiger der Konsens
Die Erfahrung der Ordensfrau: „Wichtig ist, dass man bereit ist, so lange zu ringen, zu streiten, zu reden, und - bitte nicht zu vergessen - auch zu beten, bis eine Lösung gefunden ist." Bei den Benediktinerinnen habe sich gezeigt, je wichtiger das Thema, desto notwendiger sei der Konsens. Entscheidungen müssten von allen mitgetragen werden, auch wenn das manchmal lange dauere.
In einer Zulassung von Frauen zum Priestertum sieht Kohlhaas keine Lösung. „Ich bin sehr für Geschlechtergerechtigkeit, aber ich denke, wir retten die Kirche nicht, indem wir morgen Frauen zu Priesterinnen weihen und sie in dasselbe alte System zwingen." Es sollten „tiefere Lösungen" gefunden werden. Rollen und Mechanismen müssten sich verändern. Der Kirche wünsche sie „ein schlichtes Zurück zum Evangelium und Zurück zu den Quellen" sowie den Mut, als „Salz der Erde" Zeugnis zu geben von dem „unglaublichen Schatz", den die Christenheit habe – „sowohl in der Heiligen Schrift wie in der Tradition der Kirche".
(kap – gs)
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