Menschenhandel: „Da darf doch niemand mehr wegschauen“
„Den Menschen als Ware zu vermarkten, dadurch großes Leid zu verursachen, Wracks zurückzulassen und auf der anderen Seite Milliardengewinne zu scheffeln: Da darf doch niemand mehr wegschauen“, so die Salvatorianerin im Podcast „Orden on air“. Sie hat 2014 in Linz in Oberösterreich die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel - Aktiv für Menschenwürde“ ins Leben gerufen, die zum Hinsehen und zum Handeln auffordert.
Fünf Frauen und drei Männer engagieren sich in dieser Initiative, die Vorträge und Workshops in Pfarreien, Vereinen und Schulen sowie Gottesdienst-Gestaltungen zum Thema Menschenhandel bietet. Und immer mehr auch die Präsenz in Medien sucht. „Ich finde ja, das Unrecht muss raus“, erklärt Sr. Maria Schlackl. „Menschenhandel ist zurzeit der am stärksten wachsende kriminelle Zweig organisierten Verbrechens. Das muss man sich mal vorstellen: Millionen Menschen werden vermarktet, als Arbeitskraft ausgebeutet, als Sexobjekt missbraucht. Und das betrifft Frauen, Männer, Kinder, ja sogar vor Babys .“
Dabei, und darauf legt die Ordensfrau großen Nachdruck, ist Menschenhandel nicht etwas, was weit weg geschieht. Sie hält fest, „dass wir mitten unter uns ein Riesenproblem haben und es kaum jemand merkt oder sehen will oder wirklich nicht sieht. Es spielt sich ja weitgehend im Dunkeln ab. Menschen sollen auskunftsfreudig werden, wenn das Thema irgendwo aufkommt. Menschen sollen ermutigt werden, gegen Unrecht und gegen die Verletzung von Menschenwürde aufzustehen, die Stimme zu erheben und auch im eigenen Umfeld wachsam sein. In Schulen habe ich die Erfahrung gemacht in Oberstufenklassen, dass es immer wieder auch schon Betroffene gegeben hat! Das Ziel unserer Veranstaltungen ist: Jeder Mensch soll sich die Frage stellen - möchte ich im 21. Jahrhundert als Ware vermarktet werden?“
Für die Wachstumsraten beim Menschenhandel nennt die Salvatorianerin drei Gründe: Armut, Nachfrage und kollektives Wegsehen. „Solange es Menschen gibt in Regionen unserer Welt, die - aus welchen Gründen auch immer - sich keine eigene Lebensgrundlage schaffen können, sind sie ausbeutbar, sind praktisch am Sklavenmarkt ausgesetzt.“ Armut mache ausbeutbar, und Menschenhändler nützten das aus. „Wir haben das in der aktuellen Dramatik seit Kriegsausbruch an der ukrainischen Grenze gesehen. Menschen fliehen vor Krieg und Bomben und landen, wenn sie Pech haben, direkt in Abhängigkeit, Unfreiheit und sexuellen Missbrauch.“
Die Ordensfrau spricht auch über das Das Nicht-wahrhaben-Wollen des Problems in der Breite der Gesellschaft. „Da herrschen tradierte Bilder, die der Realität des Lebens betroffene Frauen in keiner Weise entsprechen. Ein großes Übel ist es, dass die sogenannte freiwillige Sex Dienstleisterin mit Frauen in Zwangsprostitution undifferenziert in Diskurs gebracht wird. Ich kenne nun schon genug Frauen, die jahrelang in Zwangsprostitution missbraucht wurden. Sie sagen, es ist purer Zynismus, wie von uns gesprochen wird und dass wir nicht ernst genommen werden in unserer Lage. Weder vorher, weswegen wir in die Hände von Loverboys und Menschenhändlern kommen. Noch während und selbst nach dem Ausstieg ist es schwer, in ein sogenanntes normales, würdevolles Leben zu finden. Denn um Würde geht es.“
Gerade Ordensleute und katholische Gläubige müssten „ein kollektives Aufschreiben hörbar machen“, so Maria Schlackl. „Doch das Thema ist weitgehend tabu in der Politik ebenso wie in der Kirche. Papst Franziskus sagt: Wer schweigt, stimmt zu, macht sich zum Komplizen. Also lernen wir Sprachfähigkeit und werden wir handlungsaktiv.“
Als wichtigen Lösungsansatz bezeichnet die Ordensfrau eine europaweite Gesetzgebung, die Menschenhandel eindämmt und das Delikt strafrechtlich entschiedener angeht. Sie verweist auf das „nordische Gesetzesmodell“, das Prostitution unter Strafe stellt, und zwar nicht für jene, die sie anbieten, sondern für die Kunden. „Wo Sexkauf legal ist, wird es Nachschub geben, das ist ja logisch“, erklärt die Ordensfrau. „Daher sieht das Gesetz vor, den Sexkauf zu verbieten und alle, die darin verwickelt sind, zur Verantwortung zu ziehen und auch zu bestrafen. Menschenhandel ist eine Straftat. Punkt.“
Der gesamte Podcast mit Sr. Maria Schlackl ist als Folge 10 der Reihe „Orden on air“ ua. auf der Webseite der Ordensgemeinschaften Österreich zu hören.
(vatican news – gs)
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