Innsbrucker Theologe zum Konzil: Hausaufgaben noch offen
„Ein neues Konzil kann es nur geben, wenn Frauen vollgültig mitstimmen dürfen und wenn es zu einer substanziellen ökumenischen Einheit dadurch kommen könnte und unsere Kirche sich nicht dadurch noch mehr spalten würde, als sie eh schon gespalten ist", erklärte Siebenrock dort wörtlich.
Der emeritierte Innsbrucker Professor für Dogmatik bezeichnete Konzilien als „Brennpunkte der Kirchen- und Glaubensgeschichte". Sie würden daher auch nicht in einer, kaum in zwei Generationen wirklich aufgenommen und ins selbstverständliche Leben der Kirche integriert. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) könne deshalb an Bedeutung kaum überschätzt werden, „weil es bis heute, negativ oder positiv, die Bezugsgröße unserer Debatten darstellt".
Synode als erste Etappe eines neuen Konzils?
Er sei dennoch überzeugt, so Siebenrock,
„dass
der von Papst Franziskus angeregte synodale Weg vielleicht schon eine erste Etappe auf ein kommendes Konzil hin darstellen kann". Vom aktuellen Synodalen Prozess zeigte sich der Theologe aber noch nicht überzeugt, denn die Maxime des Umgangs in einer christlichen Gemeinde, die auch einen synodalen Weg prägen sollte, habe der Apostel Paulus im Philipperbrief klar ausgedrückt. Dort liest man:
„Macht meine Freude vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, einander in Liebe verbunden, einmütig, einträchtig, dass ihr nichts aus Streitsucht und nichts aus Prahlerei tut. Sondern in Demut schätze einer den andern höher ein als sich selbst. (...) Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht." Siebenrocks kritische Nachfrage dazu:
„Leben wir das wirklich, was hier gesagt wird?"
Vieles noch nicht entfaltet
Zur theologischen Bedeutung des Konzils befragt, betonte Siebenrock an erster Stelle:
„Das Konzil bekennt sich zum universalen und ernsthaften Heilswillen Gottes, der mit seiner Gnade im Heiligen Geist nicht nur allen Menschen nahe ist, sondern sie auf unterschiedliche Weise anspricht und begleitet." Deshalb habe Papst Paul VI. gesagt, die Kirche müsse die Gestalt des Wortes, der Botschaft des Gesprächs annehmen. Von diesem Gespräch oder Dialog sei aber niemand ausgeschlossen, so Siebenrock:
„Deshalb verpflichtet sich das Konzil auf den ökumenischen, den interreligiösen und den Dialog mit allen Menschen guten Willens. Das wird hoffentlich immer mehr zur selbstverständlichen Haltung der Kirche werden." Das bedeutet zugleich auch,
„dass der Geist des Herrn prinzipiell überall weht" - und verändere die Vorstellung von
„Mission" radikal.
Einschneidende Auswirkungen des Konzils
Ein weiterer Aspekt sei die Anerkennung der Religionsfreiheit. Damit verabschiede sich die Kirche von der Symbiose von Staat und Kirche, bestimme sich als Teil der Zivilgesellschaft und sei sich bewusst, „dass sie für ihre Sendung allein auf Predigt, Argument und Dienst am Leben der Menschen bauen darf". Eine weitere einschneidende Veränderung durch das Konzil sei die Neubestimmung des Verhältnisses von Kirche und Judentum. Diese Neuorientierung könne nicht hoch genug eingeschätzt werden.
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