In vielen Teilen der Welt sind Kinder gezwungen, auf der Straße zu leben In vielen Teilen der Welt sind Kinder gezwungen, auf der Straße zu leben 

Österreichischer Jesuit über Arbeit mit Straßenkindern: „Unbeschreiblich"

Vier Jahre lang, bis 2012, hat der österreichische Jesuit Markus Inama in Bulgarien Straßenkinder betreut. Heute ist er Oberer seines Ordens in Wien. Was er in Osteuropa mit den Kindern und Jugendlichen erlebt hat, wird ihn für den Rest seines Lebens prägen, verrät Inama (61) in einer neuen Folge des Podcasts der österreichischen Ordensgemeinschaften, in der er über sein Leben spricht.

Inama kommt für Concordia, eine österreichische Hilfsorganisation, 2008 nach Bulgarien. Zuvor hat der Jesuit schon in österreichischen Jugendzentren gearbeitet. Zurückgreifen kann er auch auf Erfahrungen, die Concordia in Rumänien und Moldawien gemacht hat. Das Haus, das Inama eröffnet, steht Kindern und Jugendlichen offen, die in Bulgarien in unvorstellbarer Armut auf der Straße leben.

Es ist das erste Mal, dass Inama ein Projekt von Anfang an auf die Beine stellt. „Es gab nichts, worauf ich aufbauen konnte“, erklärt er seinem Interviewpartner Robert Sonnleitner im Podcastinterview. Erschwerend hinzu kommt, dass viele Kinder nicht sofort das Verhalten ablegen können, das ihnen auf der Straße das Überleben gesichert hat. „Es gab kaum ein Mittagessen, das nicht in einen Konflikt zwischen zwei Jugendlichen ausgeartet ist. Als Heimleiter musste ich dann schlichten und reden, dass sich Regeln etablieren”, erinnert sich Inama. Und das mit Erfolg: Es entwickelt sich Vertrauen, eine Gemeinschaft baut sich auf. „Das war einfach etwas Unbeschreibliches, was ich so nicht gesehen habe.“

Hier zum Hören:

Heute koordiniert Inama zwischen Concordia-Standorten

Bis 2012 bleibt er in Bulgarien, dann geht es für ihn nach einem „schmerzlichen Abschied“ zurück nach Wien. Von dort aus koordiniert der Jesuit die verschiedenen Länder, in denen Concordia aktiv ist und tauscht sich mit Leitungen von Projekten vor Ort aus. Er selbst reist auch fast monatlich zu verschiedenen Standorten. Bis heute berühren Inama dabei besonders die Begegnungen: „Ich lebe natürlich immer noch von diesen persönlichen Erfahrungen im Land, wo ich langfristig Menschen begleitet habe“, erklärt er.

Die Herausforderungen an vorderster Linie hat Inama auch nach über einem Jahrzehnt nicht vergessen: „Ich frage mich, ob ich das in dem Ausmaß heute auch noch könnte“, sagt er. Trotzdem vermisst er seine Arbeit in Bulgarien: „Ich wäre bereit, wieder mal länger dorthin zu gehen.“

2022: Friedenspreis für Concordia

Concordia Sozialprojekte setzt sich in mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern für benachteiligte Kinder und Jugendliche ein. Im letzten Jahr sind besonders Moldawien und Rumänien in den Fokus gerückt, da beide Länder an die Ukraine grenzen. Zu Beginn des Kriegs war Concordia besonders an den Grenzen aktiv, heute bieten sie Geflüchteten Wohnraum, unterstützen sie, wenn sie weiterreisen wollen oder ihre Traumata aufarbeiten. Für dieses Engagement zeichnete die weltweite katholische Friedensbewegung Concordia 2022 mit dem Friedenspreis „Pax Christi International“ aus.

Im Podcast „Orden on Air" erzählt Pater Markus Inama auch von seiner Jugend, seinen ersten Jahren bei den Jesuiten und von seinem neuen autobiografischen Buch „Einen Atemzug über mich hinaus", in dem er seinen Weg in den Orden und zur Sozialarbeit beschreibt.

(ordensgemeinschaften.at/kap – fg)

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03. März 2023, 14:08