Unser Sonntag: Blick auf die Gottheit Jesu
Pfarrer Dr. Volker Hildebrandt
2. Fastensonntag
Mt 17, 1-9
Der Herr nimmt drei Apostel beiseite. Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes und nimmt sie mit auf einen hohen Berg. Eigentlich könnte man sagen, er nimmt sie nicht nur beiseite. Vielleicht könnte man auch besser übersetzen: Er nimmt sie zu sich. Denn darum geht es in diesem Ereignis, dass Jesus die drei Apostel ganz tief zu sich in sein inneres Geheimnis mit hinein nimmt und sie daran Anteil nehmen lässt.
Der Berg Tabor auf dem die Verklärung stattfindet ist eine sehr schöne, 600 Meter hohe Erhebung. Wer gut trainiert ist, der marschiert dort relativ gelassen hoch. Viele kommen da schon ins Schwitzen - aber der Aufstieg lohnt sich. Von oben hat man eine wunderbare Sicht hinein ins Tal. Man sieht sogar bei gutem Wetter westlich bis zum Mittelmeer. Dorthin also „entführt“ der Herr die drei Apostel.
Metamorphose
Und kaum sind sie oben angekommen, wird Jesus vor ihren Augen verwandelt. Im Griechischen wird das Wort Metamorphose benutzt, Verwandlung. Das bedeutet, dass Jesus nun uneingeschränkt jene Größe sehen lässt, die sonst verborgen ist. Für einen kurzen Augenblick ist das den Jüngern gewährt.
Für sie bleibt auch die Uhr gewissermaßen stehen, fast unmittelbar und direkt die Gottheit Jesu schauen zu können. Das war ihnen möglich, im Licht der Metamorphose, im Glanz der Verklärung und lichtvollen Veränderung. Jesus ist immer mitten unter uns - Gewöhnlich bleibt aber das Göttliche verborgen. Und dennoch erfahren wir ihn auch im Alltäglichen. Und die Verklärung geschieht, um die Apostel zu stärken.
Damit sie dann auch den Alltagsweg des Herrn mitgehen können – dann auch nach Jerusalem und am Ende bis zum Kreuz. Um das Göttliche zu erspüren, gewährt er ihnen diesen wunderbaren Augenblick. Hier lässt er sie, der Herr an seiner Gottheit, direkt Anteil nehmen. Manchmal sind wir der Meinung, Herr, die Apostel haben es gut. Die haben es sehen können. Die haben auch die Wunder sehen können.
Und wir?
Der Unterschied ist aber in der Tat nicht so groß. Denn auch die Apostel haben glauben müssen, was sie mit den Augen gesehen haben. Wir hören das mit den Ohren. Nicht geringer und nicht schwächer. Und man kann sogar sagen, dass eigentlich das Auge nicht so wichtig ist, dass manchmal sogar das Ohr noch viel genauer hört. Es gibt ja die interessante Geschichte von einem Sportschießclub von Blinden in Berlin.
Diese Blinden haben alle Pokale abgeräumt, obwohl sie blind waren. Sie wurden schließlich ausgeschlossen. Was hatten sie gemacht? Sie haben auf ihr Gewehr eine kleine Anlage installiert, wo ein Laserstrahl in Akustik umgesetzt wurde. Und damit waren sie natürlich allen überlegen. Das heißt, mit dem Gehör genau zu hören, denn wenn der Strahl im Schwarzen war, änderte sich der Ton entsprechend. Dann wurde abgedrückt und da hatte keiner mit guten, gesunden Augen eine Chance.
Die Apostel sind Augenzeugen
Also ist im Grunde der Unterschied gar nicht so groß: Auch die Apostel haben glauben müssen, sie sind Augenzeugen und erzählen uns detailliert, was sie erlebt haben, nämlich dass auf einmal Jesus von ihnen verwandelt wurde, dass sein Gesicht wie die Sonne leuchtete, dass seine Kleider weiß wurden.
Und der Himmel war präsent. Mose und Elia redeten mit ihm. Sie durften einen kurzen Blick auf die Gottheit Jesu Christi werfen, einen kurzen Blick in den Himmel werfen.
Sie waren so fasziniert, dass Petrus, der einzige, der immer sehr vorgeprescht ist, hier noch Worte finden konnte. Und was sollte er sagen? „Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich drei Hütten bauen. Eine für dich, eine für Mose und eine für Elia.“
Eine Art von Verlegenheit. Hier wollen wir immer bleiben. Hier wollen wir es so einrichten mit dieser Atmosphäre, mit diesem Licht, mit dieser Herrlichkeit, mit dieser Göttlichkeit. Hier wollen wir bleiben. Für immer.
Einfach herrlich hier. Was für ein Licht. Wir sind im Paradies. Und sicher ging eine Welle von großer Erhabenheit, von unbeschreiblichen Glück durch sie hindurch.
Ein Stück vorweggenommenes Ostern
Wer von uns wünscht sich, dass nicht? Ein Stück Himmel auf Erden, ein Stück vorweggenommenes Ostern? Wenn man diese Momente und diese Augenblicke doch nur festhalten könnte.
Liebe Schwestern und Brüder. Es ist uns gewährt, das Besondere, das Göttliche festhalten zu können.
Die Fastenzeit ermutigt ja in besonderer Weise das tägliche Gebet zu praktizieren. Die Fastenzeit ermutigt in besonderer Weise, sich nicht blenden zu lassen von dem rein Irdischen.
Social Media Fasten
Also ein wenig Verzicht, fasten auf Social Media, ein wenig bewusst die Augen abwenden von einlullender Werbung, die etwas vorgaukelt, was Illusion ist und das wirklich Schöne wieder neu zu entdecken und festzuhalten.
Überraschend ist, dass nicht gesagt wird, wie lange das dauert. Der Himmel hat keine Zeit. Und dann auf einmal, noch während er redete siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie. Und dann die Stimme aus der Wolke. Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe. Das ist die neuere Übersetzung. Eine leuchtende Wolke überschattete sie. Noch vor wenigen Jahren hieß es: „Eine leuchtende Wolke warf einen Schatten auf sie“. Das ist noch provokanter. Man hat versucht, das irgendwie anders zu übersetzen. Aber die Herausforderung bleibt.
Wie kann eine leuchtende Wolke überschatten?
Vielleicht kann man es so erklären Die leuchtende Wolke des Zeichen Gottes, Gottes selbst erstrahlt hier in seinem Licht. Wo dieses Licht aber auf uns trifft, wird ein Schatten geworfen. Denn noch sind wir nicht ganz bei Gott. Noch bedürfen wir der Verwandlung.
Hier spricht die klassische Theologie von Reinigung.
Ja, es gibt diese falschen Begierden in uns, die Neid erwecken, die Streit verursachen. Der ist viel besser dran als ich. Ich nehme es ihm weg, Ich setze mich durch - und anderes mehr.
Fastenvorsätze nachbessern
Es fehlt uns oft an Wohlwollen, an göttlicher Liebe, an der Liebe des Wohlwollens. Wo das Licht Gottes auf uns fällt, gibt es ein Stück Schatten. Und deshalb diese Verklärung. Gott verspricht, uns dorthin zu führen, wo unsere eigentliche Heimat ist. Wir sind von Gott – und wir kehren sogar zurück. Und dieses Leben ist eine wunderbare, unverzichtbare Erfahrung. Gerade dafür steht auch die Fastenzeit. Ich wünsche Ihnen von Herzen: Bessern Sie noch mal nach: Wie steht es um meine Fastenvorsätze? Fragen Sie sich täglich in der abendlichen Gewissenserforschung: Wo stehe ich?
Und dieser Verzicht, der freimacht, dieser gute Vorsatz, besonders einem Menschen in die Augen zu schauen, das Licht Gottes sichtbar zu machen durch das Licht, was Gott uns schenkt, das wünsche ich Ihnen von Herzen in dieser Fastenzeit.
(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)
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