Chipstüten aus dem Supermarkt können, wenn sie leer sind, sinnvoll weiterverarbeitet werden Chipstüten aus dem Supermarkt können, wenn sie leer sind, sinnvoll weiterverarbeitet werden 

D: Ordensschwester macht Wärmedecken aus Chipstüten

Inspiriert von einer Idee aus Großbritannien fertigt Schwester Stephanie aus Chipstüten Wärmedecken und Schlafsäcke für Bedürftige. Ihre Modelle schickt sie in Krisengebiete.

Am Eingang steht Schwester Stephanie Danielsen an einem Tisch und bügelt: Chipstüten.

Die 36-jährige evangelische Ordensfrau betreibt gemeinsam mit ihrer Mutter Monika einen Charity-Laden in Paderborn. Die Mutter bedient die Kunden und verkauft die Spenden kostengünstig an Bedürftige. Schwester Stephanie dagegen widmet sich den Chipstüten, die sonst im Müll gelandet wären. Stattdessen schweißt sie mit ihrem Bügeleisen Wärmedecken und Schlafsäcke für Kinder und Tiere daraus. Ihre Erzeugnisse schickt sie per Post in Krisengebiete in der Türkei und der Ukraine. Für die Herstellung schneidet die zierliche Ordensfrau, die bei der Arbeit Zivilkleidung trägt, die Chipstüten zunächst auf und reinigt sie mit einer Lauge aus Wasser und Spülmittel. Sobald sie getrocknet sind, schmilzt sie mehrere Exemplare mit dem Bügeleisen zusammen - bis zu 80 Stück für eine Erwachsenendecke. Zuletzt bügelt Schwester Stephanie eine Plastikfolie auf - so halten ihre Produkte länger.

Idee aus Großbritannien

Die Idee zu dem Projekt kommt aus Großbritannien. Zufällig stieß Schwester Stephanie Ende vergangenen Jahres bei Facebook auf einen Link zur Bastelanleitung. „Mir war direkt klar: Gott möchte, dass wir das tun." Schwester Stephanies Erzeugnisse funktionieren wie Rettungsdecken aus dem Erste-Hilfe-Kasten. Die silberne Beschichtung der Chipstüten reflektiert die Körperwärme - so schützt sie Bedürftige vor Kälte. In die Ukraine schickt die Paderbornerin Decken und Schlafsäcke mit Hilfe privater Kontakte. In der Türkei hilft das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bei der Verteilung. Die erste Decke überbrachte eine Paderborner DRK-Mitarbeiterin mit türkischen Wurzeln persönlich. Sie reiste im Februar mit einer Decke im Koffer zu ihrem Vater, der seine Frau bei dem Erdbeben verloren hatte.

Hilfe für Türkei und Ukraine

Helfer des Roten Kreuzes nach dem Erdbeben in der Türkei
Helfer des Roten Kreuzes nach dem Erdbeben in der Türkei

„Mir war direkt klar: Gott möchte, dass wir das tun“

Schwester Stephanie arbeitet dienstags bis freitags im Charity-Laden und parallel in einem Tauschladen für Baby- und Kinderkleidung, die beide vom Roten Kreuz getragen werden. Montags gibt sie bei der Tafel Lebensmittel aus. Für die frühere Rheinländerin war bereits mit fünf Jahren klar: „Ich werde Ordensfrau." Nach einer Ausbildung zur Ergotherapeutin probierte sie einige Orden aus, in denen es eher lässig zugeht. Verheiratete Schwestern, Lachen nach Gebetsversprechern und Essen ohne Tischgebet passten aber nicht zu Stephanie Danielsen: „Ich bin streng." Die Ordensregeln Armut, Keuschheit und Gehorsam sind ihr wichtig.

Ordensgründung vor 10 Jahren

2013 gründete Schwester Stephanie einen eigenen Orden, die Evangelische Kongregation der Jakobusschwestern vom kostbaren Gewand Jesu. Der ökumenisch ausgerichteten Gemeinschaft gehören inzwischen 20 Schwestern in mehreren europäischen Ländern an, die jeweils in kleinen Gemeinschaften zusammenleben. Schwester Stephanie wohnt gemeinsam mit ihrer Mutter, die ebenfalls Ordensfrau ist. Ihren Lebensunterhalt finanzieren sie durch die Herstellung von Kräuterkissen. Für die Deckenproduktion startete die Ordensfrau einen Spendenaufruf auf Instagram, wo eine Plüschschildkröte namens „Opa Whoopi" als Maskottchen dient. Mehr als 4.500 Follower verfolgen in dem Sozialen Netzwerk nicht nur, wie „Opa Whoopi" und Schwester Stephanie Chipstüten säubern, sondern auch, wie sie kostenlose Hygieneartikel verteilen, zum Friseur gehen oder frühstücken. Die Fans der beigefarbenen Stoffschildkröte schicken ihr sogar Sportschuhe und Pullis. „Sein Kleiderschrank ist größer als unserer", sagt Schwester Stephanie. Daneben bringen die Follower Chipstüten im Charity-Laden vorbei, oder senden das Material per Post.

Chipstüten-Decken rechtlich geschützt

Wie viele Decken und Schlafsäcke Schwester Stephanie schon hergestellt hat, hat sie nach eigenen Worten nicht gezählt. Auf Dauer will sie nicht nur für die Türkei und die Ukraine produzieren, sondern auch für andere potenzielle Krisengebiete: „Es gibt immer Katastrophen." Ihre Modelle hat sie inzwischen gewerblich schützen lassen, damit andere sich mit den Decken und Schlafsäcken nicht bereichern können. „Unsere Hilfe ist immer kostenlos."

(kna/pm - sst) 

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

14. April 2023, 11:27