Missbrauch: Bistum Aachen will Täter öffentlich nennen
Das Bistum nutzte die pressemitteilung auch, um noch unbekannte Betroffene aufzurufen, sich zu melden. „Betroffene müssen sich anvertrauen können und dürfen keine neuen Ohnmachtserfahrungen machen“, erklärte Bischof Helmut Dieser. „Die Persönlichkeitsrechte von Tätern treten hinter den Schutz und die Interessen der Betroffenen zurück“, betonte Christoph Urban, Leiter der Stabsabteilung PIA (Prävention – Intervention – Ansprechpersonen). „Es gilt, das Dunkelfeld weiter zu erhellen. Jeder Fall muss individuell betrachtet werden.“
Kriterien für öffentliche Nennung bis Herbst
Interdisziplinäre Fachexperten sollen in Absprache mit den verschiedenen Gremien, die die Aufarbeitung kontrollieren und begleiten, eine Systematik erarbeiten, die als Grundlage für die öffentliche Nennung dient. Die Grundlage für die öffentliche Nennung soll bis Herbst vorgelegt werden, so das Bistum. Entscheidend sei, so Urban, dass diese Namensnennung überprüfbar sei und juristischen Einwänden standhalte. Veröffentlicht werden sollen nicht nur die Namen der Täter, die im Gutachten aus dem Jahr 2020 genannt werden, sondern in begründeten Einzelfällen auch darüber hinaus.
Neben dem Ständigen Beraterstab und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission wird auch der Betroffenenrat am Prozess beteiligt. Im November 2020 hatte die Münchener Kanzlei Westphal Spilker Wastl für das Bistum Aachen ein unabhängiges Gutachten zur sexualisierten Gewalt im Bistum Aachen veröffentlicht.
Retraumatisierung vermeiden
Bei der öffentlichen Nennung von Tätern, die im Ausland im Einsatz waren, bedürfe es mit Blick auf Betroffene noch einmal einer besonderen Sensibilität. In einigen Teilen der Welt würden Betroffene sexualisierter Gewalt immer noch selbst für das Verbrechen verantwortlich gemacht, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und stigmatisiert.
Um Retraumatisierungen zu vermeiden und jeden Fall mit der notwendigen Sensibilität begleiten zu können, will das Bistum Aachen parallel zur öffentlichen Nennung zusätzliche Unterstützungs- und Hilfsangebote anbieten. Diese sollen parallel zur Erstellung des Konzeptes weiter ausgebaut werden. Das Bistum Aachen will dabei laut eigener Aussage nicht nur mit unabhängigen Ansprechpersonen, sondern auch mit unabhängigen Beratungsstellen und Psychologen eng zusammen arbeiten.
(pm - sst)
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