Dem Frieden verpflichtet: Sant'Egidio Dem Frieden verpflichtet: Sant'Egidio 

„Den Frieden wagen“: Friedenstreffen im September in Berlin

Gegen alle Resignation Visionen des Friedens entwickeln – das ist Anliegen eines interreligiösen Friedenstreffens, das die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio für den 10. bis 12. September 2023 in Berlin organisiert. Der Sant’Egidio-Präsident stellte die Konferenz mit dem Titel „Den Frieden wagen. Religionen und Kulturen im Dialog“ gemeinsam mit Kirchenvertretern in Berlin am Montagnachmittag vor.

„In einer Zeit, in der der Krieg in Europa auf tragische Weise wieder aufgeflammt ist und das Drama so vieler anderer Konflikte in zu vielen Teilen der Welt anhält, wird es dringend notwendig, eine Vision für die Zukunft des Friedens zu entwickeln und gemeinsam aufzubauen“, betonte der Präsident der Gemeinschaft Sant’Egidio, Marco Impagliazzo, mit Blick auf die Veranstaltung. „Wir müssen dies gegen alle Resignation mutig wagen, indem wir auch andere große Herausforderungen für die Zukunft der Welt angehen wie Ungleichheit und Armut, die weiter zunehmen, oder die Umweltkrise.“

Nicht naiv

„Gegen alle Resignation mutig Frieden wagen“

 

Impagliazzo gab gemeinsam mit dem katholischen Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, und dem evangelischen Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, bei einem Pressegespräch im Roten Rathaus Details zu dem internationalen Treffen im September bekannt. Der Friedensdialog unter den Religionen, der von Papst Johannes Paul II. 1986 in Assisi mit Nachdruck mit Leben erfüllt worden sei, erscheine manchen naiv in einer Welt, die für einen Kampf der Kulturen und Religionen bestimmt zu sein scheine.

„In Wirklichkeit hat er (dieser Friedensdialog, Anm.) im Laufe der Jahre eine unerwartete Stärke gezeigt und dazu beigetragen, zahlreiche Konflikte einzudämmen oder zu lösen und zu verhindern, dass sie sich zu religiös motivierten Kriegen ausweiten. Wie das von Papst Franziskus 2019 in Abu Dhabi unterzeichnete Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen zeigt, wird der Frieden auch im Dialog zwischen den Religionen aufgebaut. Dies ist keine Naivität, sondern eine Notwendigkeit“, so der Präsident von Sant’Egidio.

Deutscher Bundeskanzler und Bundespräsident

Um diese Vision zu erfüllen, werden im September 2023 hochrangige Vertreter verschiedener Religionen nach Berlin kommen. Dazu zählen unter anderem die jüdischen Oberrabbiner David Lau und David Rosen, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sowie aus dem Islam der Großimam der al-Azhar-Universität von Kairo, Ahmed al-Tayyeb, sowie muslimische Delegationen aus Algerien, Saudi-Arabien, dem Irak und Pakistan.

Von katholischer Seite werden unter anderem der Präfekt des Dikasteriums für den interreligiösen Dialog im Vatikan, Kardinal Miguel Angel Ayuso Guixot, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, teilnehmen. Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, ist ebenso dabei wie Vertreter der assyrischen und armenischen Kirche sowie der anglikanischen Kirche. Aus dem politischen Leben werden Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz an dem Treffen teilnehmen.

Gottes Gerechtigkeit baut auf

„Das Weltfriedenstreffen im September ist ein Ereignis für diese Stadt und für dieses Land, das wir kaum überschätzen können. (…) Wir brauchen die Suche nach Frieden und wir brauchen das gemeinsame Friedensgebet“, betonte der evangelische Bischof Christian Stäblein bei dem Pressegespräch am Montagnachmittag. Das Friedenstreffen sei seit vielen Jahren ein Forum für jenen Austausch, der für einen nachhaltigen Frieden der Gesellschaften und in der Welt unerlässlich sei. Dabei stünden Begegnung und Gebet im Mittelpunkt:

„In der Zeit der Zeitenwende brauchen wir das große gemeinsame Gebet um Frieden. Um einen gerechten Frieden, denn nur dieser verdient seinen Namen. Religionen dienen dem Miteinander und dem Frieden. Wird den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine legitimiert, verfehlt den Auftrag des Evangeliums“, betonte Bischof Stäblein. „Es geht um Gottes Gerechtigkeit, um sein Eintreten für die Armen, die Unterdrückten, die Menschen auf der Flucht, die Kinder in den Bunkern, die Dörfer am Rande des Ökozid. Es geht um Gottes Kommen zu den Menschen, auf dass wir, auf dass sie leben.“

Friedenspotenziale fördern und entfalten

Erzbischof Heiner Koch hob während der Pressekonferenz die Bedeutung der Religionen als friedensstiftende Kraft hervor: „Das Sant‘Egidio-Treffen in Berlin gibt Gelegenheit, die Rolle der Religionen auf dem Weg zu einer friedlicheren Welt neu und vertieft zu bedenken und zu bezeugen. Nicht in einer unkritischen Weise, die die Gefahren übersieht, die von einer Religion ausgeht, die sich um eigener Vorteile willen oder unter politischem Druck verzwecken und missbrauchen lässt. Sondern so, dass die in der Religion liegenden Potenziale für eine friedlichere, gerechtere, menschlichere Welt zum Leuchten gebracht werden.“

Er hoffe für September auf ein „Fest des Friedens“ und ein „gemeinsames Nachdenken vieler Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion über Wege zum Frieden, auf Gebet der mannigfaltigen Traditionen, auf Diskussionen und Zeugnisse, die inspirieren und der allen gemeinsamen Verpflichtung zum Frieden neuen Ausdruck und neue Kraft verleihen“, so Erzbischof Koch.

Tradition der Friedenstreffen

Die Friedenstreffen von Sant’Egidio folgten dem historischen Gebetstag für den Frieden der Weltreligionen, der 1986 von Papst Johannes Paul II. einberufen wurde. Seitdem hat Sant'Egidio die damalige Aufforderung des Papstes aufgegriffen, „den Geist von Assisi weiter mit Leben zu erfüllen“, indem jedes Jahr zu einem internationalen Treffen im Zeichen des Dialogs eingeladen und ein Netzwerk der Freundschaft zwischen Vertretern verschiedener Religionen und Kulturen aufgebaut wird. Diese Bewegung für Frieden und Versöhnung erreicht inzwischen viele Länder der Welt. Die Gemeinschaft Sant'Egidio, die vor 55 Jahren in Rom entstand und heute in über 70 Ländern der Welt vertreten ist, wurde international für ihr Friedensengagement und den Einsatz für die Ärmsten bekannt. Sie ist federführend für die Organisation dieses internationalen Treffens verantwortlich und arbeitet dabei mit der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche in Berlin zusammen.

Jeder kann teilnehmen

Die jährlich stattfindenden Friedenstreffen möchten den Dialog zwischen hochrangigen Vertretern aus Politik und Religion unter Einbeziehung von Vertretern aus Kultur und Zivilgesellschaft, von Gläubigen und Nichtgläubigen fördern und auf dieser Grundlage eine Kultur des Friedens und des Zusammenlebens stärken. Nach Aachen (2003), München (2011) und Münster-Osnabrück (2017) wird das internationale Friedenstreffen zum vierten Mal in Deutschland stattfinden. Die Hauptstadt Berlin ist in ihrer von vielen Tragödien geprägten neueren Geschichte zu einem Symbol für Einheit und Versöhnung geworden.  Die für jeden zugänglichen Podiumsdiskussionen bieten im September Gelegenheit zum Austausch über die drängendsten Herausforderungen der Welt sowie über die Verantwortung von Politik, Religionen, Kultur und Zivilgesellschaft für den Aufbau des Friedens.

(pm – pr)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

27. Juni 2023, 13:19